Corona-Impfung für Krebskranke: mit 2. Dosis nicht warten; Prostatakrebs: Urintest statt Biopsie; HPV-Impfung vor 20

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

4. Mai 2021

Im Onko-Blog dieser Woche geht es um weitere Daten zur COVID-19-Impfung von Krebs-Patienten: Sie haben tatsächlich niedrigere Antikörper-Titer – und mit der 2. Impfdosis sollte nicht zu lange gewartet werden. Die American Heart Association (AHA) hat Empfehlungen zum Management kardiovaskulärer Risiken von Patienten mit Brust- und Prostatakrebs unter Hormontherapie veröffentlicht. Ein neuer Urintest kann möglicherweise Männern mit Prostatakarzinom Biopsien ersparen – und Operationen wegen Stressinkontinenz erhöhen das Krebsrisiko nicht.

  • Krebspatienten: Daten sprechen für frühe 2. Impfdosis gegen COVID-19

  • Brust- und Prostatakrebs: AHA zu kardiovaskulären Risiken einer Hormontherapie

  • Prostatakarzinom: Urintest erspart möglicherweise Biopsie

  • Zervixkarzinom: HPV-Impfung vor dem 20. Lebensjahr schützt am besten

  • Maligne Unterleibserkrankungen: Keine Assoziation mit OP wegen Stressinkontinenz

  • B-ALL bei Kindern: Stammzell-Transplantation nach CAR-T-Zelltherapie verlängert das Leben deutlich

Krebspatienten: Daten sprechen für frühe 2. Impfdosis gegen COVID-19

Immer mehr Publikationen weisen darauf hin, dass COVID-19-Impfstoffe bei Patienten mit Krebserkrankungen eventuell weniger wirksam sind (siehe auch Medscape-Artikel) – und sie daher möglichst rasch hintereinander beide Impfdosen erhalten sollten.  

Eine englische Arbeitsgruppe hat in Lancet Oncology Ergebnisse einer prospektiven Beobachtungsstudie publiziert, nach denen eine Dosis Comirnaty® (BioNTech/Pfizer) bei Patienten mit Krebserkrankungen zu deutlich niedrigeren Antikörper-Titern führte als bei gesunden Vergleichspersonen.

21 Tage nach der 1. Impfdosis konnten (nur) bei 21 von 56 Patienten (38%) mit soliden Tumoren, bei 8 von 44 Patienten (18%) mit hämatologischen Erkrankungen, aber bei 32 von 34 Gesunden (94%) ausreichende Antikörpertiter bestimmt werden.

Bei den Krebspatienten, die an Tag 21 eine 2. Dosis des Impfstoffs erhalten hatten, waren dann nach weiteren 2 Wochen 95% mit soliden Tumoren, 60% mit hämatologischen Erkrankungen und alle Gesunden seropositiv.

„Diese Daten unterstützen die Priorisierung von Krebspatienten für eine frühe (Tag 21) zweite Dosis des BNT162b2-Impfstoffs“, so das Fazit der Autoren.

Eine retrospektive Beobachtung mit 93 Patienten mit multiplem Myelom, ebenfalls aus England, publiziert in Lancet Haematology , ergab, dass ab 21 Tagen nach der ersten Impfdosis 54% der Myelom-Patienten mit Comirnaty® und 58% mit Vaxzevria® Antikörper entwickelt hatten.

Nach Aussage der Autoren sprechen Patienten mit aktiver Erkrankung, mit Immunparese und unter Therapie auf die Impfung schlechter an. Es konnte jedoch keine Assoziation mit einer speziellen onkologischen Therapie gefunden werden.

Brust- und Prostatakrebs: AHA zu kardiovaskulären Risiken einer Hormontherapie

Die American Heart Association (AHA) hat in Circulation: Genomic and Precision Medicine eine wissenschaftliche Stellungnahme zum Management kardiovaskulärer Risiken im Zusammenhang mit einer Hormonbehandlung von Brust- oder Prostatakarzinom veröffentlicht.

Das Statement beschreibt die mit einzelnen Hormontherapien assoziierten kardiovaskulären Risiken und bietet einen Evidenz-basierten Ansatz zu Prävention und Diagnose. Die wichtigsten Punkte kurz zusammen gefasst:

  • Patienten mit bestehender kardiovaskulärer Erkrankung haben ein höheres kardiovaskuläres Risiko unter Hormontherapie.

  • Das gilt auch für Personen mit 2 oder mehr kardiovaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck, hohem Cholesterinspiegel, Rauchen sowie Schlaganfall oder Herzerkrankungen bei nahen Angehörigen.

  • Tamoxifen erhöht das Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse,  Aromatase-Hemmer das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen oder Ereignisse, einschließlich Myokardinfarkt.

  • Eine Androgen-Deprivation kann Cholesterin- und Triglyzerid-Spiegel erhöhen – und darüber das kardiovaskuläre Risiko steigern. Allerdings sind Antagonisten des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) mit einem geringeren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden als GnRH-Agonisten

Auch die Dauer der Therapie spielt für das kardiovaskuläre Risiko eine Rolle. Gefährdete Patienten sollten von einem Team aus Onkologe, Kardiologe und Hausarzt behandelt werden.

Prostatakarzinom: Urintest erspart möglicherweise Biopsie

Ein in England entwickelter neuer Urintest kann anzeigen, ob ein Prostatakarzinom vorliegt und wie aggressiv der Tumor ist. Dies berichtet eine englische Arbeitsgruppe in Cancers . Der Urintest misst das Protein Engrailed-2 (EN2) und die Expression von 10 Genen.

Die Forscher entwickelten das multivariable Risikomodell ExoGrail für den nicht invasiven Nachweis eines Prostatakarzinoms, in dem sie Informationen zu EN2-Spiegeln im Urin und Daten aus zellfreier RNA aus dem Urin kombinierten.

Sie testeten ExoGrail mit Urinproben von 207 Patienten, die sich einer Prostata-Biopsie unterzogen hatten. Beim Vergleich der Ergebnisse zeigte sich, dass das Modell erfolgreich anzeigte, welche Patienten an Prostatakrebs litten. Außerdem konnte mit ExoGrail die Aggressivität des Tumors bestimmt werden.

Mit dem ExoGrail-Modell, so haben die Autoren berechnet, könnten rund 1 Drittel (35%) der Biopsien eingespart werden.

Zervixkarzinom: HPV-Impfung vor dem 20. Lebensjahr schützt am besten

Eine Impfung gegen das humane Papillomvirus (HPV) schützt vor allem dann gut vor einem Zervixkarzinom, wenn sie vor dem 20. Lebensjahr verabreicht wird. Dies zeigen die Ergebnisse einer retrospektiven dänischen Kohortenstudie, die im Journal of the National Cancer Institute publiziert worden sind.

Die Studie umfasste 867.689 Frauen zwischen 17 und 30 Jahren, die von Oktober 2006 bis Dezember 2019 in Dänemark lebten.

Zu Studienbeginn waren 36,3% im Alter bis 16 Jahren geimpft, während des Follow-Ups wurden 19,3% und 2,3% im Alter zwischen 17 und 19 bzw. 20 und 30 Jahren geimpft.

Bei Frauen, die im Alter bis 16 oder mit 17 bis 19 Jahren geimpft worden waren, betrug die Incidence Rate Ratio (IRR) für ein Zervixkarzinom 0,14 bzw. 0,32 im Vergleich zu nicht geimpften Frauen. Bei Frauen mit einer Impfung zwischen 20 und 30 Jahren war die IRR mit 1,19 sogar höher als bei nicht geimpften Frauen, nahm jedoch im Verlauf der weiteren Jahre leicht ab (IRR = 0,85 mit 4-jähriger Pufferzeit).

Maligne Unterleibserkrankungen: Keine Assoziation mit OP wegen Stressinkontinenz

Die Operation einer Stressinkontinenz – mit oder ohne transvaginales Netz – ist nicht mit einem erhöhten Risiko für maligne Unterleibserkrankungen bei Frauen assoziiert. Dies ergab eine retrospektive Studie in Kanada, die im Journal of Urology erschienen ist.

In der Untersuchung in Ontario (Kanada) wurden die Daten von 74.968 Frauen analysiert, die sich zwischen Januar 2002 und Oktober 2015 einem operativen Eingriff wegen einer Stressinkontinenz unterzogen hatten. Als Kontrollgruppe dienten mehr als 5,5 Mio. Frauen ohne Operation. Primärer Endpunkt war das Auftreten aller malignen Unterleibserkrankungen einschließlich urologischer und gynäkologischer Karzinome.

In einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8,5 Jahren traten in der OP-Gruppe 587 maligne Erkrankungen im Unterleib auf. Im Vergleich zur Kontrollgruppe hatten die operierten Frauen unabhängig von der Operationstechnik sogar ein geringeres Risiko für eine maligne Erkrankung mit einer Hazard-Ratio von 0,68 bei Verwendung eines Netzes und von 0,37 ohne Netz.

B-ALL bei Kindern: Stammzell-Transplantation nach CAR-T-Zelltherapie verlängert das Leben deutlich

Das Langzeitüberleben von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer akuter lymphoblastischer B-Zell-Leukämie (B-ALL) war bei denjenigen Patienten signifikant besser, die eine CAR-T-Zelltherapie gefolgt von einer Stammzell-Transplantation erhalten hatten – dies im Vergleich zu einer CAR T-Zelltherapie allein. Im Median überlebte die Nicht-Transplantationsgruppe 10,5 Monate, die Transplantationsgruppe 70,2 Monate.

Dies ergab eine Langzeit-Follow-Up-Studie einer Arbeitsgruppe des US-amerikanischen National Cancer Institutes, die im J Clin Oncol publiziert worden ist.

An der Studie hatten 50 B-ALL-Patienten im Durchschnittalter von 13 Jahren teilgenommen. Alle Patienten waren zuerst mit Chemotherapie behandelt worden, um die körpereigenen Lymphozyten und T-Zellen zu zerstören. Darauf folgte eine CAR-T-Zelltherapie. Hiermit erreichten 31 Patienten eine vollständige Remission.

Von den 31 Patienten erhielten nach der CAR-T-Zell-Behandlung 21 Patienten eine Stammzell-Transplantation. Sie überlebten im Mittel 70,2 Monate, während die 10 ohne Stammzell-Transplantation im Schnitt nur noch 10,5 Monate lebten.

 

Kommentar

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