Im Onko-Blog dieser Woche geht es um eine neue Therapie für das 3-fach negative Mammakarzinom und darum, ob Frauen mit Brustkrebs und Übergewicht ein höheres Risiko für einen Zweittumor haben. Mit Tislelizumab befindet sich ein weiterer PD-1-Hemmer in der klinischen Prüfung beim Lungenkarzinom. Und: Beim Rektumkarzinom kann eine ausgedehnte neoadjuvante Therapie das krankheitsfreie Überleben im Vergleich zum derzeitigen Standard verbessern.
3-fach negativer Brustkrebs: Sacituzumab Govitecan verzögert Progression
Brustkrebs: Risiko für Zweitkarzinom steigt mit BMI
NSCLC: Tislelizumab additiv in der Erstlinie besser als alleinige Chemo
Rektumkarzinom: Länger krankheitsfrei durch neoadjuvante Chemo vor präoperativer Radiochemotherapie
Wahl der besten Therapie: Software-Tool SELECT hilft
3-fach negativer Brustkrebs: Sacituzumab Govitecan verzögert Progression
Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) Sacituzumab Govitecan verlängert bei Patientinnen mit metastasiertem 3-fach negativem Brustkrebs (TNBC) das progressionsfreie und das Gesamtüberleben im Vergleich zur Chemotherapie. Diese Ergebnisse der offenen randomisierten Phase-3-Studie ASCENT wurden aktuell im New England Journal of Medicine publiziert.
Sie sind Grundlage der regulären Zulassung der Substanz durch die Food and Drug Administration (FDA) am 7. April 2021 für die Behandlung von Patientinnen mit nicht resezierbarem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem TNBC, die mindestens 2 Vorbehandlungen erhalten haben. Bei der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) ist der Zulassungsantrag eingereicht.
Sacituzumab Govitecan enthält einen Antikörper, der an das humane Trophoblasten-Zelloberflächen-Antigen 2 (Trop-2) bindet, das von vielen soliden Tumoren exprimiert wird. Er ist über einen Peptid-Linker an den Topoisomerase-Inhibitor SN-38 gekoppelt.
In der ASCENT-Studie wurden 529 Patienten mit nicht resezierbarem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem TNBC aufgenommen, die nach mindestens 2 vorherigen Chemotherapien ein Rezidiv erlitten hatten. Randomisiert wurden sie mit Sacituzumab Govitecan oder nach Wahl des Arztes mit Eribulin, Vinorelbin, Capecitabin oder Gemcitabin behandelt.
Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS) bei Patienten ohne Hirnmetastasen zu Studienbeginn (n = 468). Es betrug 5,6 Monate mit Sacituzumab Govitecan und 1,7 Monate unter Chemo (Hazard Ratio: 0,41, p < 0,001). Insgesamt überlebten die Patienten im Median 12,1 Monate mit Sacituzumab Govitecan und 6,7 Monate mit Chemotherapie (HR: 0,48; p < 0,001). Unter dem ADC sprachen 35%, unter Chemo 5% der Patienten an.
Myelosuppression und Durchfall waren unter Sacituzumab Govitecan als Nebenwirkungen häufiger als unter der Chemotherapie.
Brustkrebs: Risiko für Zweitkarzinom steigt mit BMI
Ein höherer Body-Mass-Index (BMI) ist bei Frauen mit Brustkrebs mit einem erhöhten Risiko verbunden, an einem Zweitkarzinom zu erkranken. Dies ergab eine retrospektive Analyse mit knapp 6.500 Patientinnen, die eine US-amerikanische Arbeitsgruppe im Journal of the National Cancer Institute veröffentlicht hat.
Bekannt ist, dass Brustkrebs-Überlebende ein erhöhtes Risiko haben, an einem Zweitmalignom zu erkranken. In der retrospektiven Studie ging die Arbeitsgruppe nun anhand der Daten von 6.481 Frauen der Frage nach, ob hierbei der BMI eine Rolle spielen könnte. Bei den Frauen war im Alter von durchschnittlich 61 Jahren ein Mammakarzinom diagnostiziert worden, jeweils ein Drittel war übergewichtig oder adipös.
Nach multivariablen Analysen stieg das Risiko für ein (irgendein) zweites Malignom je Zunahme des BMI um 5 kg/m2 um 7%. Das Risiko für einen zweiten Brustkrebs stieg pro 5 kg/m² höherem BMI um 11% und das für einen zweiten ER-positiven Brustkrebs um 15%. Diese Steigerungen waren statistisch signifikant.
„Die Ergebnisse haben angesichts der Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Brustkrebs-Überlebenden wichtige Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und unterstreichen die Notwendigkeit wirksamer Präventionsstrategien“, schlussfolgern die Autoren.
NSCLC: Tislelizumab additiv in der Erstlinie besser als alleinige Chemo
Der PD-1-Antikörper Tislelizumab plus Chemotherapie als Erstlinientherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligen Plattenepithel-Karzinom (sq-NSCLC) der Lunge bessert das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu Chemotherapie allein. Dies ergab die in China durchgeführte Phase-3-Studie RATIONALE 307, die in JAMA Oncology veröffentlicht worden ist.
In 46 chinesischen Zentren waren 355 nicht vorbehandelte Patienten mit sq-NSCLC Stadium IIIB/IV eingeschlossen worden und randomisiert behandelt worden mit:
Tislelizumab, Paclitaxel und Carboplatin (Arm A)
Tislelizumab, Nab-Paclitaxel und Carboplatin (Arm B) und
Carboplatin und Paclitaxel (Arm C)
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8,6 Monaten war das PFS mit Tislelizumab plus Chemo signifikant verlängert (Arm A: 7,6 Monate; Arm B: 7,6 Monate gegenüber Chemotherapie allein im Arm C: 5,5 Monate; HR: 0,52 p < 0,001 [A vs C] und 0,48 p < 0,001 [B gegen C]).
Ansprechraten und Ansprechdauer waren in den Armen A (72,5%; 8,2 Monate) und B (74,8%; 8,6 Monate) gegenüber C (49,6%; 4,2 Monate) ebenfalls verbessert.
Im begleitenden Editorial wird darauf hingewiesen, dass die Studie nur chinesische Patienten eingeschlossen hatte, die Daten sollten also bei anderen Populationen bestätigt werden. Unklar sei auch bislang, ob Tislelizumab Vorteile im Vergleich zu Pembrolizumab habe. Und die hohen Kosten der Behandlung stünden einem breiten Einsatz mit Nutzen für eine Vielzahl von Patienten im Wege.
Rektumkarzinom: Länger krankheitsfrei durch neoadjuvante Chemo vor präoperativer Radiochemotherapie
Eine zusätzliche neoadjuvante Behandlung mit mFOLFIRINOX ist beim Rektumkarzinom im Stadium II/III ein sicheres Regime mit handhabbaren Toxizitäten, das nach Meinung der französischen PRODIGE-Gruppe als neue Option für die Initialtherapie angesehen werden kann. Sie hat die Ergebnisse der UNICANCER-PRODIGE-23-Studie in Lancet Oncology publiziert.
Bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom (Stadien T3, T4 oder N+) umfasst der derzeitige Behandlungsstandard eine Radiochemotherapie (CRT), gefolgt von einer totalen mesorektalen Exzision (TME). Hiermit kann eine gute lokale Krankheitskontrolle erreicht werden, aber Fernmetastasen bleiben ein Problem. Die adjuvante Chemotherapie nach präoperativer CRT ist nach wie vor umstritten, da sie das Gesamtüberleben nicht verbessert.
Nun wurde in der französischen Phase-3-Studie PRODIGE bei 461 Patienten in 35 Zentren randomisiert und offen das Standardregime mit einer totalen neoadjuvanten Therapie verglichen, bei der vor der Chemoradiotherapie zusätzlich FOLFIRINOX (5-Fluorouracil, Irinotecan und Oxaliplatin) gegeben wurde.
230 Patienten mit Tumoren im Stadiums cT3–4 ohne Fernmetastasen erhielten eine klassische Chemoradiotherapie mit 50,4 Gy und 5 Wochen Capecitabin, wurden 7 Wochen danach operiert und bekamen anschließend 12 Zyklen modifiziertes FOLFOX6 oder Capecitabin.
Im experimentellen Arm wurde bei 231 Patienten die adjuvante Therapie auf 6 Zyklen verkürzt. Stattdessen erhielten die Patienten vor der neoadjuvanten Chemoradiotherapie 6 Zyklen modifiziertes FOLFIRINOX.
Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS), sekundäre Endpunkte u.a. die Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR), das metastasenfreie Überleben (DMFS) und das Gesamtüberleben (OS).
Die totale neoadjuvante Therapie führte nach 3 Jahren zu einer DFS-Rate von 76% im Vergleich zu 69% im Kontrollarm (HR: 0,69; p = 0,034). Das Gesamtüberleben (OS) und das Krebs-spezifische Überleben nach 3 Jahren unterschieden sich nicht signifikant. Das Metastasen-freie Überleben war in der experimentellen Gruppe signifikant besser (79% vs. 72%, p = 0,017)
Die Lebensqualität verbesserte sich in beiden Armen signifikant (p < 0,001), mit einem Trend zugunsten der totalen neoadjuvanten Therapie (p = 0,076).
Therapieauswahl: Software-Tool SELECT hilft, beste Therapie zu finden
Forscher des Center for Cancer Research am National Cancer Institute (NCI) der USA haben ein Software-Tool entwickelt, mit dessen Hilfe vorausgesagt werden kann, von welcher Therapie ein Patient am stärksten profitieren kann.
SELECT (SynthEtic LEthality and rescue-mediated precision onCology via the Transcriptome) nutzt genetische Interaktionen, um das Ansprechen eines Patienten mit Hilfe des Tumor-Transkriptoms vorherzusagen.
Wie die Arbeitsgruppe in Cell berichtet, hat sie nun den Einsatz von SELECT mit Hilfe von 35 publizierten Studien mit gezielter und immunologischer Therapie bei 10 verschiedenen Krebserkrankungen getestet. Das Tool konnte bei 80% der Daten das Ansprechen voraussagen. Es wird nun in prospektiven Studien weiter geprüft.
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Diesen Artikel so zitieren: Neue Option beim 3-fach negativen Brustkrebs; Zweittumor-Risiko steigt mit BMI; Software hilft bei Therapieauswahl - Medscape - 27. Apr 2021.
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