MEINUNG

Folgt COVID-19 eine Diabetes-Pandemie? Prof. Martin rät, COVID-19-Gesundete auf Diabetes zu screenen

Prof. Dr. Stephan Martin

Interessenkonflikte

10. Juni 2021

Eine COVID-19-Erkrankung erhöht auch noch 6 Monate danach nicht nur die Sterblichkeit sondern auch das Risiko für Diabetes. Prof. Dr. Stephan Martin empfielt, genauer hinzuschauen. 

Transkript des Videos von Prof. Dr. Stephan Martin, Düsseldorf

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wenn man eine schwere Virusinfektion überstanden hat, treten häufig über längere Zeit Beschwerden aber auch andere Erkrankungen aus. Aufgrund der besonderen Bedeutung der COVID-19 Erkrankung wird nun das Augenmerk auf solche Beschwerden und Erkrankungen gelegt.

Vorab möchte ich sagen, dass ich mir persönlich nicht sicher bin, ob nach COVID-19 mehr solcher Sekundärbeschwerden und Erkrankungen auftreten als bei anderen Virus-Infekten. Das spielt auch ehrlich gesagt keine Rolle, vielleicht lernen wir durch die mediale Aufmerksamkeit nun etwas mehr über Post-Virus Beschwerden und Erkrankungen.

Zu diesem Thema sind nun 2 sehr prominent publizierte Studien erschienen. Einmal eine Analyse aus den USA, bei der Personen untersucht wurden, die an COVID-19 erkrankt waren und diese Infektion mindestens 30 Tage überlebt hatten.

Studiendesign

Als Kontrollen dienten fast 5 Millionen Menschen, die keine COVID-19-Erkrankung hatten. Bei den Teilnehmern der Studie handelt es sich um amerikanische Veteranen, für die es in den USA eine spezielles Krankenversorgungssystem gibt. Anschließend wurden die COVID-19-Erkrankten und die Kontrollen 130 Tage nachbeobachtet und die Forscher verglichen eine Vielzahl an Gesundheitsdaten.

Die COVID-19-Erkrankten hatten in dem Zeitraum eine höhere Sterblichkeit und mussten häufiger das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen. Es konnte auch gezeigt werden, dass bei Ihnen eine Reihe an Erkrankungen häufiger auftraten, zum Beispiel kardiovaskuläre Ereignisse, aber auch Diabetes mellitus.

Ergebnisse

Der Anstieg der Diabetes-Typ-2-Rate war bei COVID-19-Erkrankten um 39% erhöht.

Der „Excess Burden“ betrug bei jenen mit Intensivaufenthalten 37 Fälle auf 1000 COVID-19-Patienten in 6 Monaten. Bei COVID-19-Erkrankten – ohne der Notwendigkeit einer stationären Behandlung – waren es 6,5 Diabetesfälle.

Eine andere Analyse aus England kommt zu ähnlichen Daten, so stiegt die Wahrscheinlichkeit einer Diabetes-Erkrankung 20 Wochen nach der COVID-19-Erkrankung um 50% an.

Fazit

Wenn man die hohe Zahl an COVID-19-Fällen weltweit betrachtet, kann man diesen Studien zufolge Diabetes fast als weitere Pandemie betrachten. Doch was können die Gründe dafür sein?

Zum einen sehen wir in der täglichen Praxis-Routine immer wieder bei ganz banalen Infektionen, dass sich eine Diabetes-Erkrankung manifestiert, da Infektionsbedingt der Insulinbedarf ansteigt.

Zum anderen gehören zur Standardbehandlung einer COVID-19-Infektion Steroidgaben, die bekanntlicherweise diabetogen sind. Auch wissen wir bei der Manifestation des Typ-1-Diabetes, dass es durch eine Virusinfektion zu einer allgemeinen Aktivierung des Immunsystems kommt und damit autoimmunologische Prozesse beschleunigt werden.

Auch hat der geänderte Lebensstil im Lockdown zu einem Anstieg des Körpergewichts geführt. Das kann auch eine Bedeutung für die Diabetesmanifestation haben.

Was auch immer die Gründe sind, wir sollten in der klinischen Praxis bei Personen, die an COVID-19 erkrankt waren etwas genauer hinschauen und vielleicht einmal nach einem unentdeckten Diabetes screenen.
 

Kommentar

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