Auf Basis einer Meta-Analyse erklärt Prof. Dr. Michael Nauck wie gut GLP-1-Rezeptoragonisten sich auf Blutzucker, HbA1c-Wert, Gewicht und Risikofaktoren auswirken – im Vergleich zu klassischen Therapien.
Transkript des Videos von Prof. Dr. Michael Nauck, Bochum
Mein Name ist Michael Nauck, ich komme von der Ruhr-Universität aus Bochum in Nordrhein-Westfalen. Dort bin ich in der Diabetologie tätig.
Ich möchte über eine Sitzung beim EASD-Kongress 2021 berichten mit dem von mir übersetzten Titel: „Wenn man Diabetes-Komplikationen 100 Jahre nach der Entdeckung von Insulin verhindern will – welches ist die Medikamentenklasse mit den besten Aussichten?“
Zur Auswahl in diesem Symposium standen die SGLT2-Inhibitoren, die ja sicher ihre Verdienste haben, und GLP1-Rezeptoragonisten, deren Position ich vertreten durfte.
Ich bin folgendermaßen an dieses Thema heran gegangen: Die Aufgabe war zu beweisen, dass einmal GLP1-Rezeptoragonisten besser als Insulin geeignet sind, bei Diabetes mellitus Typ 2 Komplikationen zu verhindern und dass zweitens natürlich auch eine Abgrenzung gegenüber SGLT2-Inhibitoren passieren muss, weil die ja auch mit einer gewissen Berechtigung diese Nachfolgerolle für sich beanspruchen können.
GLP1-Rezeptoragonisten versus Insulin
Zum Zweck des Vergleichs mit Insulin haben wir in unserer Arbeitsgruppe eine Metaanalyse, wie wir sie 2017 schon einmal veröffentlicht hatten, auf den neuesten Stand gebracht mit neuen Studien, insbesondere zu den kürzlich in den Markt eingeführten sehr potenten GLP1-Rezeptoragonisten und auch zu Tirzepatid, einem GIP-GLP1-Koagonisten.
Zusammenfassend kommt dabei heraus, dass in der Wirkung auf den Nüchternblutzucker die herkömmlichen GLP1-Rezeptoragonisten dem Basalinsulin unterlegen sind, die lang wirksamen GLP1-Rezeptoragonisten über alles betrachtet gleichwertig sind und Tirzepatid sogar besser ist, was die Senkung des Nüchternblutzuckers angeht.
Beim HbA1c-Wert verschiebt sich das. Da sind bereits die kurz wirksamen GLP1-Rezeptoragonisten gleichwertig mit Basalinsulin, die lang wirksamen GLP1-Rezeptoragonisten besser und Tirzepatid schneidet am besten ab.
Noch gravierender werden diese Unterschiede, wenn man dein Einfluss auf das Körpergewicht betrachtet. Da senkten schon die kurz wirksamen GLP1-Rezeptoragonisten das Körpergewicht um etwa 3 bis 4 kg besser als Insulin. Das blieb mit den herkömmlichen lang wirksamen GLP1-Rezeptoragonisten ähnlich und mi den neuen – - Semaglutid und Tirzepatid – kommen sehr dramatische Unterschiede im Körpergewicht zustande, mit Tirzepatid zum Teil über 12 kg.
Zu den kardiovaskulären Folgen habe ich kürzlich durchgeführte Metaanalysen zu GLP1-Rezeptoragonisten verglichen mit der ORIGIN-Studie zum Basalinsulin glargin. Dort findet man praktisch gar keine Beeinflussung kardiovaskulärer Outcomes, während mit GLP1-Rezeptoragonisten, insbesondere wenn man die Studie mit Lixisenatid ausklammert, sehr deutliche Effekte auf MACE, seine Komponenten, aber selbst Tod jeglicher Ursache und Herzinsuffizienz zu finden sind.
GLP1-Rezeptoragonisten versus SGLT2-Inhibitoren
Die nächste Frage war dann, wie die GLP1-Rezeptoragonisten im Vergleich mit SGLT21-Inhibitoren abschneiden. In Bezug auf die kardiovaskulären Outcomes ist zu sehen, dass SGLT2-Inhibitoren so gut wie keinen Einfluss auf den Schlaganfall haben, insgesamt aber auf MACE und die anderen Komponenten einen ähnlichen Einfluss haben und einen Vorteil haben in der Prävention von Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz und in der Verhinderung fortgeschrittener Nierenprobleme.
Metabolisch sind allerdings die GLP1-Rezeptoragonisten deutlich stärker wirksam. Ein Vergleich von Semaglutid und Canagliflozin zeigt eine deutlich bessere Senkung des HbA1c-Werts und des Körpergewichts mit Semaglutid.
Zum Schluss habe ich dann versucht, für die verschiedenen Aspekte Punkte zu vergeben, also für die Kontrolle des Blutzuckers, des Körpergewichts, kardiovaskulärer und renaler Outcomes und kam dann zu dem Ergebnis, das GLP1-Rezeptoragonisten deutlich besser sind als Insulin und etwas besser als SGLT2-Inhibitoren. Dies gilt insbesondere, wenn man in die Zukunft guckt und sieht, dass demnächst wohl auch kleinmolekulare GLP1-Rezeptoragonisten zur Verfügung stehen, die sehr unkompliziert auch oral eingenommen werden können.
In der Gesamtschau kann man diese Frage, die mir gestellt wurde, tatsächlich als sehr gehaltvoll und richtig empfinden. Es ist in der Tat so, dass vom Insulin zu den neueren Substanzen eine Entwicklung stattgefunden hat, dass insbesondere die GLP1-Rezeptoragonisten im Vergleich mit dem Insulin und SGLT2-Inhibitoren gut abschneiden.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Medscape © 2021
Diesen Artikel so zitieren: Good bye Insulin? Neue GLP-1-Rezeptoragonisten in Meta-Analyse besser, um abzunehmen und Diabetes-Komplikationen zu vermeiden - Medscape - 11. Okt 2021.
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