Böses Salz: Studie liefert endlich Beweis – jetzt gilt „wenn immer es geht, weniger Salz verwenden“ – dann lebt man länger

Prof. Dr. Andreas Zeiher

Interessenkonflikte

13. September 2021

Redaktionelle Kooperation

Medscape &

Schon eine Reduktion des täglichen Salzkonsums um ein Viertel reduziert das Risiko für Schlaganfall und kardiovaskuläre Ereignisse deutlich. Prof. A. Zeiher erzählt, warum ihn die Daten vom ESC-Kongress so begeistern.

Herzlich Willkommen,

mein Name ist Andreas Zeiher, ich bin Kardiologe am Universitätsklinikum Frankfurt und habe nun die große Freude, Ihnen ein wichtiges Highlight des ESC-Kongresses vorzustellen, das tatsächlich Wellen geschlagen hat. Es ist auch in der Laienpresse schon vielfach diskutiert, beschrieben, zum Teil kritisiert und auch gelobt worden. Das war die so genannte SSaSS-Studie (Salt Substitute and Stroke Study) [1,2].

 
Die allgemeine Todesrate konnte um 12% hochsignifikant reduziert werden. Prof. Andreas Zeiher
 

Warum hat das so große Wellen geschlagen? Seit 20 bis 30 Jahren sind uns Daten bekannt, dass eine vermehrte salzhaltige Kost tatsächlich nicht nur Hypertonie auslösen oder verstärken kann, sondern auch zu Schlaganfällen und vermehrten kardiovaskulären Ereignissen führen kann.

Erstmals große prospektive Studie

„Leider gab es bisher keine größeren prospektiven Studien, die tatsächlich zeigen konnten, dass eine Reduktion des Salzkonsums auch mit einer Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen, insbesondere Schlaganfällen, einhergeht. So kamen immer wieder Diskussionen auf. Und die Frage: Na ja ist das wirklich so wichtig oder hinken wir da nicht einem alten Phänomen nach, was heute bei der derzeitigen Ernährung keine Rolle mehr spielt?

Nun wurde auf dem ESC-Kongress und gleichzeitig im New England Journal of Medicine die Salt Substitute and Stroke Study publiziert. Die Studie ist in China durchgeführt worden. Sie hat knapp 21.000 Personen im ländlichen Bereich von China in unterschiedlichen Dörfern eingeschlossen. Sie mussten über 60 Jahre alt sein. Von Ihnen litten 88% bereits an einer Hypertonie und – ganz wichtig – fast 73% hatten auch schon einen Schlaganfall vor Einschluss in die Studie erlitten.

 
Wenn immer es geht, möglichst wenig Salz verwenden.  Prof. Andreas Zeiher
 

Reduzierte Salzzubereitung versus Kochsalz

Diese Menschen erhielten randomisiert eine reduzierte Salzzubereitung aus 75% NaCl und 25% KCl, also mit einem um 25% reduzierten Salzgehalt, im Vergleich zu Salz aus 100% NaCl. Damit konnte der Effekt untersucht werden, ob eine 25%ige Reduktion des NaCl-Gehalts zu einem verbesserten klinischen Outcome führt.

Interessanterweise zeigte sich kein Hinweis auf eine verstärkte Hyperkaliämie – 25% des Salz-reduzierten Präparats waren ja KCl. Aber, und deswegen ist die Studie so gefeiert worden, es konnte erstmals belegt werden …

  • dass die Schlaganfallrate hochsignifikant um 14% reduziert wurde

  • dass die kardiovaskulären Ereignisse, insbesondere der nicht tödliche Schlaganfall, akutes Koronarsyndrom und vaskulärer Tod, um 13% hochsignifikant reduziert wurden.

  • und sicher war am wichtigsten, dass die allgemeine Todesrate (all cause mortality) ebenfalls um 12% hochsignifikant reduziert werden konnte.

Dies war in allen Subgruppen der Fall, egal ob Frau oder Mann, ob über 65 oder über 75 Jahre, mit vielen oder wenigen Vorerkrankungen.

Die Studie wurde aus diesen Gründen natürlich gefeiert, weil sie zum 1. Mal tatsächlich mit einem robusten Studiendesign prospektiv zeigen konnte, dass eine Salzreduktion und ein Ersatz von NaCl durch KCl tatsächlich zu einem verbesserten klinischen Outcome führt.

Sind die Ergebnisse in andere Länder übertragbar?

Nun müssen wir uns natürlich fragen, wie diese Daten aus China in die globale Welt zu übertragen sind, insbesondere in unsere westliche Welt.

Ganz wichtiger Unterschied ist, dass es in den ländlichen Gebieten in China kaum vorbereitete oder so genanntes „Processed Food“ gibt. Das Salz zum Würzen wird tatsächlich bei der eigenen Zubereitung der Speisen dazu gegeben.

Bei uns bekommen wir vielfach aus Gründen der Haltbarmachung vorgesalzene Lebensmittel zu kaufen. In der westlichen Welt ist es deshalb etwas schwieriger, Unterschiede durch eine einfache Reduktion des Salzgehalts um 25% zu erfassen. Das ist ein Kritikpunkt.

Nichtsdestotrotz ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Salzreduktion und der Wechsel auf Kaliumsalz tatsächlich kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren können.

Wenn man ganz provokativ sein möchte, sollte dies natürlich auch Anlass und Antrieb dafür geben, dass die Lebensmittelindustrie aufgefordert wird, tatsächlich dieses übermäßige Salzen der prozessierten Lebensmittel zu reduzieren und damit insgesamt auch für die westliche Welt eine Reduktion des Salzkonsums zu erreichen.

Möglichst wenig Salz verwenden

Für uns alle muss daraus die Schlussfolgerung dahin gehend gezogen werden, dass wir, wenn immer es geht, möglichst wenig Salz verwenden, weil wir nun definitiv wissen, dass vermehrter Salzkonsum – und der hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen – mit einer schlechteren Prognose in Bezug auf kardiovaskuläre Ereignisse assoziiert ist.

Noch viel wichtiger ist, das kannten wir aus epidemiologischen Studien, wenn man den Salzkonsum um 25% reduziert. Dies geht mit einer deutlichen Reduktion der Gesamtsterblichkeit und der kardiovaskulären Ereignisse einher.

Dies ist eine hochinteressante, innovative, sehr gut gemachte und natürlich viele Konsequenzen nach sich ziehende Studie. Deshalb sind das immense Medienecho und die erstmalige Präsentation beim ESC-Kongress gerechtfertigt.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
 

Kommentar

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