Im Onko-Blog dieser Woche steht unter anderem der Immuncheckpoint-Inhibitor Nivolumab im Fokus: Er hat sich als neue vielversprechende Option beim Ösophagus- und beim nicht vorbehandelten Nierenzell-Karzinom (hier in Kombi mit Cabozantinib) erwiesen. Außerdem geht es um die Adipositas – sie kann bei manchen Tumoren das Leben verlängern, bei anderen aber verkürzen. Bei Darmkrebs scheint Übergewicht mit einem vermehrten Tumor Budding (Tumor-Knospung) assoziiert zu sein. Und beim Prostatakarzinom liegt die als schonender geltende robotergestützte Prostatektomie, nach einem Jahr betrachtet, in einem ähnlichen Kostenbereich wie die offene OP.
Speiseröhrenkrebs: Adjuvantes Nivolumab als neuer Therapiestandard
Fortgeschrittenes Nierenzell-Karzinom: Nivolumab plus Cabozantinib übertrifft in der Erstlinie Sunitinib
Adipositas-Paradoxon bei Lungenkrebs, Nierenkrebs, Melanom
Darmkrebs: Mehr Tumor-Knospungen bei Adipositas
Prostata-Karzinom: Offene OP versus robotergestützte Prostatektomie – ähnliche Kosten
Speiseröhrenkrebs: Adjuvantes Nivolumab als neuer Therapiestandard
Beim ESMO-Kongress 2020 waren die Daten der CheckMate-577-Studie bereits vorgestellt worden – Medscape berichtete. Nun ist die Studie am 1. April 2020 online im NEJM publiziert: Die adjuvante Therapie mit Nivolumab hat das krankheitsfreie Überleben von Patienten mit Ösophagus- und AEG-1-Tumor nach multimodaler Vortherapie von 11 Monaten unter Placebo auf 22,4 Monate signifikant verlängert (p < 0,001).
In der internationalen randomisierten doppelblinden Phase-3-Studie hatten 532 Patienten Nivolumab und 262 Patienten Placebo erhalten. Sie waren bei dieser Interimsanalyse im Median 24,4 Monate nachbeobachtet worden.
Im begleitenden Editorial im NEJM bezeichnet Dr. David H. Ilson vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York die Studie als Praxis-verändernd. Wenngleich die Daten zum Gesamtüberleben noch nicht reif seien, gehe er aufgrund der Verdoppelung des krankheitsfreien Überlebens durch die adjuvante Therapie mit Nivolumab davon aus, dass sich dies auch in einem Überlebensvorteil niederschlage. „Die Studie zeigt den ersten echten Fortschritt in der adjuvanten Therapie von Speiseröhrenkrebs in den letzten Jahren und bedeutet einen neuen Therapiestandard“, so Ilson
Dennoch profitierten immer noch viele Patienten von der adjuvanten Nivolumab-Behandlung nicht. Ilson fordert daher, Hochrisikopatienten, die auf die Behandlung besonders gut ansprechen, mit besseren Biomarkern zu identifizieren.
Fortgeschrittenes Nierenzell-Karzinom: Nivolumab plus Cabozantinib übertrifft in der Erstlinie Sunitinib
Die Kombination von Nivolumab und Cabozantinib erwies sich in der Erstlinien-Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom als besser als der vormalige Standard Sunitinib. Unter der Kombi waren die Patienten länger progressionsfrei und überlebten länger. Dies ergab die randomisierte, offene Phase-3-Studie CheckMate 9ER, die online im NEJM publiziert worden ist.
323 Patienten waren mit der Kombination, 328 mit Sunitinib behandelt worden. Nach im Median 18,1 Monaten waren in der Nivolumab/Cabozantinib-Gruppe die Patienten median 16,6 Monate ohne Progression geblieben, in der Sunitinib-Gruppe nur 8,3 Monate (Hazard Ratio: 0,51, p < 0,001). Die Wahrscheinlichkeit, ein Jahr zu überleben, betrug 85,7% für die Kombi-Behandlung und 75,6% für die Monotherapie (HR: 0,60; p = 0,001). Außerdem sprachen mit 55,7% signifikant mehr Patienten auf Nivolumab/Cabozantinib als mit 27,1% auf Sunitinib an (p < 0,001). Diese Effekte ließen sich in allen Subgruppen nachweisen.
Grad-3-Nebenwirkungen waren mit 75,3% in der Nivolumab/Cabozantinib-Gruppe und mit 70,6% in der Sunitinib-Gruppe häufig.
Die Kombination aus Cabozantinib und Nivolumab war im Januar 2021 von der amerikanischen FDA für die First-Line-Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms zugelassen worden.
Auch im eUpdate der Leitlinie der European Society of Medical Oncology (ESMO) zum Nierenzellkarzinom wird die Kombination nun zur Erstlinientherapie empfohlen.
Adipositas-Paradoxon bei Lungenkrebs, Nierenkrebs, Melanom
Übergewicht ist bei Patienten mit Lungenkrebs, Nierenkrebs und Melanom mit einer höheren Überlebenswahrscheinlichkeit assoziiert. Anders verhält es sich bei Brust-, Darm- und Uteruskarzinomen, hier geht Übergewicht mit einer höheren Gesamt- und krebsspezifischen Sterblichkeit einher.
Die ergab eine in JAMA Netw Open publizierte Metaanalyse einer italienischen Arbeitsgruppe.
Sie analysierte die Daten von 203 Studien mit über 6,3 Mio. Teilnehmern mit Krebserkrankungen. Insgesamt war Übergewicht mit einem reduzierten Gesamtüberleben (HR: 1,14; p < 0,001) und krebsspezifischen Überleben (HR 1,17; p < 0,001) assoziiert. Übergewichtige Patienten hatten auch ein höheres Rezidivrisiko (HR: 1,13; p < 0,001).
Allerdings wiesen Patienten mit Adipositas und Lungenkrebs (HR: 0,86; p = 0,02), Nierenzellkarzinom (HR: 0,74; p = 0,02) oder Melanom (HR: 0,74; p < 0,001) eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit auf als Patienten ohne Adipositas (sog. Adipositas-Paradoxon).
Insgesamt schlussfolgern die Autoren jedoch, dass u.a. die Verbesserung der Lebensstilfaktoren (z.B. vermehrte körperliche Aktivität, verminderte Kalorienaufnahme, Therapie und Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Komplikationen) die Prognose für Krebspatienten verbessern kann.
Darmkrebs: Mehr Tumor-Knospungen bei Adipositas
Die Befunde der italienischen Metaanalyse werden durch Ergebnisse einer Kohortenstudie von der Universität von Kentucky in Lexington, USA, ergänzt, in der Adipositas als ein Faktor für vermehrtes Tumor Budding (Tumor-Knospung) beim Kolonkarzinom beschrieben wurde.
Wie die Autoren in JAMA Netw Open mitteilen, fanden sie anhand von 200 Proben von Patienten mit nicht metastasiertem Kolonkarzinom, dass ein hochgradiges Tumor Budding mit Adipositas assoziiert war.
Tumor Budding beim Kolorektalkarzinom bezeichnet ein morphologisches Phänomen, bei dem sich Tumoreinzelzellen und kleine Tumorzellgruppen von der Haupttumormasse lösen. Es gilt als robuster Biomarker.
Prostatakarzinom: Offene versus robotergestützte Prostatektomie
Eine roboterassistierte Prostatektomie verursacht im Vergleich zu einer offenen Prostatektomie zunächst höhere Kosten, bei Beobachtung der Patienten über 180 und 365 Tage nach der OP ergeben sich aber für beide Gruppen ähnliche kumulative Kosten.
Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe verglich anhand der Daten von 11.557 Patienten Kosten und Inanspruchnahme medizinischer Leistungen bis zu einem Jahr nach dem Eingriff. Bei 14% der Patienten war eine offene Operation, bei 86% eine roboterassistierte Prostatektomie durchgeführt worden.
Beim initialen Krankenhausaufenthalt waren die Kosten bei den mit Hilfe des Roboters operierten Patienten höher als bei den offen Operierten mit einer mittleren Differenz von 2.367 US-Dollar.
Die kumulierten Gesamtkosten nach 180 Tagen waren mit einer mittleren Differenz von 397 US-Dollar sowie 1 Jahr nach Entlassung von 383 US-Dollar ähnlich.
Die Gründe: Die mit Hilfe des Roboters operierten Patienten mussten im Verlauf des ersten Jahres nach der Operation signifikant seltener in die Notaufnahme oder ambulant ins Krankenhaus. Damit wurden in der Nachbeobachtungszeit in der Roboter-assistieren Gruppe knapp 3.000 US-Dollar weniger verbraucht und die Patienten waren durchschnittlich 1,69 Tage weniger krankgeschrieben.
Im begleitenden Editorial in JAMA Net Open kommentieren Urologen von der Universität in Stanford, USA, dass die Ergebnisse der Studie beruhigend seien, weil sie zeigten, „dass die Einführung einer robotergestützten radikalen Prostatektomie das System nicht übermäßig finanziell belastet hat“.
Sie hoffen, dass weitere Studien zum Vergleich der Kosten über ein Jahr hinaus, einschließlich der Kosten für die Erhaltung der funktionellen Ergebnisse (z.B. Harninkontinenz, erektile Dysfunktion) und des Überlebens die Diskussion weiter ergänzen werden.
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Diesen Artikel so zitieren: Erfolg mit Nivolumab bei Speiseröhren- und Nierenkrebs; Adipositas-Paradoxon bei Krebs; robotergestützte OP der Prostata - Medscape - 6. Apr 2021.
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