Im Onko-Blog dieser Woche geht es darum, wie Adipositas eine Krebserkrankung beeinflusst – positiv und negativ. Außerdem berichten wir über 2 spannende Themen vom Treffen des European Myeloma Network. Und: Neue Daten zu Krebs bei Kindern zeigen, dass die Versorgung der kleinen Patienten weltweit durch die COVID-19-Pandemie beeinträchtigt ist.
Brustkrebs: Adipositas mit mäßiger Verschlechterung des Gesamtüberlebens assoziiert
Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom: Erhöhtes Körpergewicht – besseres Überleben auch bei Immuntherapie
Monoklonale Gammopathien: Bei MGUS auch an MGCS denken
Smoldering Multiples Myelom: Wann ist eine Therapie sinnvoll?
Kinder mit Krebs: Versorgung durch Pandemie weltweit stark beeinträchtigt
Brustkrebs: Adipositas mit mäßiger Verschlechterung des Gesamtüberlebens assoziiert
Übergewicht ist bei Frauen mit nicht metastasiertem Brustkrebs aller Erkrankungsformen mit einer mäßigen Verschlechterung des Gesamtüberlebens assoziiert. Dies ergab eine Metaanalyse von 27 Studien, die eine internationale Arbeitsgruppe im Journal of the National Cancer Institute veröffentlicht hat.
Adipöse Frauen (BMI ≥ 30 kg/m²) mit Mammakarzinom aller Subtypen hatten im Vergleich zu normalgewichtigen Frauen ein schlechteres krankheitsfreies Überleben (DFS). Die Assoziation war bei Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen Tumoren am stärksten (Hazard Ratio: 1,26). Auch das Gesamtüberleben war bei Adipösen etwas schlechter mit einer HR von 1,39 bei HR+- HER2-Tumoren.
Übergewicht war bei keinem Subtyp mit einem schlechteren DFS assoziiert und nur bei Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom mit einem schlechteren Gesamtüberleben verbunden. Allerdings lagen hierzu nur wenige Daten vor.
Die Autoren diskutieren, dass diese Assoziationen möglicherweise durch Adipositas-bedingte Effekte z. B. auf den Östrogen- und Insulinstoffwechsel bedingt sein könnten. Sie weisen darauf hin, dass eine Adipositas auch mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen und andere Komorbiditäten einhergeht, die möglicherweise das Ergebnis dieser Analyse beeinflusst haben könnten.
Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom: Erhöhtes Körpergewicht – besseres Überleben auch bei Immuntherapie
Ein erhöhter Body Mass Index (BMI) war bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (RCC), die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt worden waren, mit einem verbesserten Überleben assoziiert.
Die ergab eine retrospektive Analyse von 735 Patienten mit metastasiertem RCC, die mit einem PD1- oder PDL1-Hemmer behandelt worden waren. Eine internationale Arbeitsgruppe hatte die Ergebnisse als Research Letter in JAMA Oncology publiziert.
Zu Beginn der Behandlung hatten 63% der Patienten einen hohen BMI (≥ 25 kg/m²), 37% hatten einen BMI unter 25 kg/m². Patienten mit einem hohen BMI wiesen mit einem 1-Jahres-OS von 79% ein signifikant verbessertes Gesamtüberleben im Vergleich zu Patienten mit einem niedrigen BMI mit einem 1- Jahres-OS von 66% auf (Hazard Ratio: 0,75; p = 0,03).
„Diese Ergebnisse stimmen mit dem Adipositas-Paradoxon überein, dass zuvor während der VEGF-gezielten Therapie beobachtet wurde“, so die Autoren.
Monoklonale Gammopathien: Bei MGUS auch an MGCS denken
Der Begriff Monoklonale Gammopathie klinischer Signifikanz (MGCS) wurde 2018 von Fermand definiert. Er umfasst systemische Erkrankungen, die in pathophysiologischem Zusammenhang mit einer monoklonalen Gammopathie (MG) stehen.
M-Proteine und freie Leichtketten können über verschiedene Mechanismen Organschäden auslösen, erklärte Prof. Dr. Monique Minnema, Hämatologische Abteilung der Universitätsklinik Utrecht, beim 2. Meeting des European Myeloma Network. Die verschiedenen Erkrankungen weisen sehr unterschiedliche Muster auf. Sie können sich z.B. an Nieren und Herz, Augen, Gelenken oder an der Haut manifestieren.
Minnema rief dazu auf, Patienten mit einer MGUS (monoklonalen Gammopathie unspezifischer Signifikanz) sehr sorgfältig zu untersuchen und auf Hinweise für mögliche weitere Erkrankungen zu achten. Als Beispiele für Symptome nannte sie Kribbeln in den Zehen, Dyspnö bei körperlicher Aktivität, Ödeme, Durchfall, schaumiger Urin, Blutungen an der Haut, unbeabsichtigter Gewichtsverlust und kälteinduzierte Hautveränderungen.
Weil ein MGUS häufig bei älteren Menschen – oft als Zufallsbefund – festgestellt wird, ist es schwierig zu differenzieren, welche Symptome durch weitere Komorbiditäten oder die Gammopathie hervorgerufen werden. Man müsse, so Minnema, ein Gefühl dafür entwickeln, was ein Standard-MGUS sei und wie andere Verläufe aussehen.
Eine möglichst individualisierte Therapie kann bei tiefem und anhaltendem Ansprechen zur Organerholung führen. Zur Behandlung können z.B. Proteasom-Hemmer, Anti-CD-38-Antikörper, Lenalidomid oder Immunsupressiva wie Mycofenolatmofetil/Azathioprin, Steroide oder Cyclophosphamid eingesetzt werden, die allerdings z.T. mit erheblichen Nebenwirkungen assoziiert sind.
Smoldering Multiples Myelom: Wann ist eine Therapie sinnvoll?
Für Patienten mit einem Smoldering Multiplen Myelom in der höchsten Risikogruppe sollte eine Behandlung mit Lenalidomid oder Lenalidomid/Dexamethason in Betracht gezogen werden, wenn sie nicht in eine Studie aufgenommen werden können, so Prof. Dr. Sagar Lonial, Whinship Cancer Institute, Emory University, Atlanta (USA), beim 2. Meeting des European Myeloma Network.
Beim Smoldering Multiplen Myelom sind noch keine Myelom-typischen Krankheitszeichen nachzuweisen. Anhand der 3 Risikofaktoren
Plasmazellen im Knochenmark über 20%
M-Protein über 2g/dl
Freie-Leichtketten(FLC)-Ratio über 20
können die Patienten in 3 Risikogruppen eingeteilt werden. Zur Low-Risk-Gruppe gehören Patienten ohne Risikofaktor, zur Intermediate-Risk-Gruppe Patienten mit 1 Risikofaktor und zur High-Risk-Gruppe Patienten mit mindestens 2 Risikofaktoren.
Prinzipiell sind nach Aussage von Lonial 2 Vorgehensweisen denkbar, und zwar ein präventiver Ansatz mit Lenalidomid, Lenalidomid/Dexamethason oder Daratumumab sowie ein kurativer aggressiver Therapieansatz, wie er in der ASCENT- und in der CESAR-Studie eingesetzt wird.
Lonial und Kollegen konnten in einer im Journal of Clinical O ncology publizierten, randomisierten Studie mit 182 Patienten mit Smoldering Multiplem Myelom mit intermediärem und hohen Risiko zeigen, dass eine Behandlung mit Lenalidomid im Vergleich zu Beobachtung das progressionsfreie Überleben signifikant verlängerte mit einer Hazard-Ratio von 0,28. Bei Hochrisiko-Patienten lag die HR bei 0,09, bei Patienten mit intermediärem Risiko bei 0,52. Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 traten bei 41% der Patienten auf.
Nach den bisher vorliegenden Daten sei noch unklar, ob mit aggressiver Therapie eine Heilung erreicht werden könne. Möglicherweise reiche die präventive Therapie aus, so Lonial.
Sein Fazit lautete: „Die Frage Prävention vs. Heilung sollte in klinischen Studien geklärt werden, aber in Ermangelung einer Antwort auf diese Frage sollten wir nicht weiter auf mehr Daten warten. Es ist Zeit, sich bei manchen Patienten in Richtung frühe Intervention zu bewegen.“
Kinder mit Krebs: Versorgung durch Pandemie weltweit beeinträchtigt
Die COVID-19-Pandemie hat weltweit große Auswirkungen auf die Krebsversorgung von Kindern, so das Ergebnis einer Umfrage unter mehr als 300 Klinikern von weltweit 200 Krankenhäusern, die von einer internationalen Autorengruppe in Lancet Child & Adolescent Health veröffentlicht worden ist.
In mehr als 3 Viertel (78%) der zwischen Juni und August 2020 befragten Krankenhäuser war die Krebsversorgung von Kindern durch die Pandemie beeinträchtigt wurde. Fast die Hälfte (43%) stellte weniger neue Krebsdiagnosen als erwartet, während etwa ein Drittel (34%) einen Anstieg der Therapieabbrecher verzeichnete.
Fast jedes 10. Krankenhaus (7 %) schloss seine Kinderkrebsstation während der Pandemie komplett. Krankenhäuser in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMICs) waren überproportional betroffen, wobei die Nichtverfügbarkeit von Chemotherapie, Behandlungsabbrüche und unterbrochene Strahlentherapie zu den am häufigsten berichteten Problemen gehörten.
Die Ergebnisse dieser weltweiten Umfrage deuten darauf hin, dass die Krebsversorgung von Kindern durch COVID-19 deutlich beeinträchtigt wurde. Insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, auch in Lateinamerika, haben sich die üblichen Probleme der späten Diagnose und des Abbruchs oder der Unterbrechung der Behandlung während der Pandemie weiter verschlimmert.
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Diesen Artikel so zitieren: Adipositas beeinflusst Überleben bei Krebs; Folgen von Gammopathien; Pandemie verschlechtert Versorgung krebskranker Kinder - Medscape - 9. Mär 2021.
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