Im Onko-Blog dieser Woche geht es um die Bedeutung von Ernährung und Koloskopie für das Darmkrebs-Risiko. Außerdem: Lymphknotenschwelllungen nach COVID-19-Impfung können bei der Mammographie in die Irre führen. Bei stark vorbehandelten Patienten mit refraktärem multiplem Myelom lassen sich mit einer CAR-T-Zelltherapie hohe Ansprechraten erreichen. Und: Die Krebssterblichkeit in Europa sinkt, außer beim Pankreaskarzinom sowie beim Lungenkrebs der Frau.
Darmkrebs: Welche Ernährung schützt und welche das Risiko erhöht
Darmkrebs: Studie zeigt, „was die Koloskopie im echten Leben leistet“
Brustkrebs-Screening: Axilläre Lymphadenopathie nach COVID-19-Impfung
Refraktäres multiples Myelom: Erfolg mit CAR-T-Zelltherapie
Krebssterblichkeit fällt europaweit – Ausnahmen: Pankreaskrebs und Lungenkrebs bei Frauen
Tag der seltenen Erkrankungen: Seltener Krebs – Krebsinformationsdienst mit hilfreichen Links
Darmkrebs: Welche Ernährung schützt und welche das Risiko erhöht
Zwischen den Ernährungsgewohnheiten und dem Risiko für ein Kolorektal-Karzinom besteht ein eindeutiger Zusammenhang. Das bestätigt ein aktueller Umbrella-Review. Die Auswertung von 45 Metaanalysen liefert eindeutige Beweise, dass wer mehr Ballaststoffe, Kalzium und Joghurt zu sich nimmt, und weniger rotes Fleisch und Alkohol konsumiert – ein geringeres Darmkrebsrisiko hat.
Die internationale Arbeitsgruppe konstatiert jedoch, dass es noch weitere Studien zur Rolle einzelner Lebensmittel benötigt, etwa zu Milch- und Vollkorn-Produkten, zu prozessiertem Fleisch oder bestimmten Ernährungsarten z. B. vegetarische Ernährung in verschiedenen Formen, mediterrane Ernährung oder eine Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkornanteil und fettarmen Milchprodukten. Hier liegen bislang nur Hinweise auf eine Assoziation mit dem Darmkrebs-Risiko vor.
Wie in JAMA Netw. Open berichtet, analysierten die Untersucher in 45 Metaanalysen von Beobachtungsstudien 109 Assoziationen zwischen Ernährungsfaktoren und Inzidenz des Kolorektalkarzinoms. Die primäre Analyse ergab 5 (4,6%) überzeugende, 2 (1,8%) stark andeutende, 10 (9,2%) andeutende und 18 (16,5%) schwache Assoziationen von Ernährung und Kolorektalkrebs.
Als „überzeugend“ werteten die Forscher die Hinweise auf ein höheres Risiko bei vermehrtem Konsum von rotem Fleisch und Alkohol (≥ 4 Getränke/Tag versus 0 oder gelegentliches Trinken) und die Assoziation mit einem geringeren Darmkrebs-Risiko bei höherer Aufnahme von Ballaststoffen, Kalzium und Joghurt.
Dies stützt weitgehend Ernährungsempfehlungen zur Krebsprävention, die zu einer Kost reich an Ballaststoffen und Milchprodukten raten sowie zur Begrenzung von rotem Fleisch und Alkoholkonsum.
Darmkrebs: Studie zeigt, „was die Koloskopie im echten Leben leistet“
Bei Menschen, die eine Vorsorge-Darmspiegelung in Anspruch nehmen, treten fast 60% weniger Neuerkrankungen an Darmkrebs auf als bei denjenigen, die auf die Untersuchung verzichten. Das Risiko, an Darmkrebs zu sterben ist sogar um 70% niedriger.
Dies ergab eine Datenauswertung von über 9.000 Personen, die Epidemiologen des DKFZ vorgenommen haben. Es handelte sich um Personen, die zwischen 2000 und 2002 in die landesweit im Saarland durchgeführte ESTHER-Studie aufgenommen worden waren. Die Ergebnisse sind aktuell im American Journal of Gastroenterology publiziert.
Die Studienteilnehmer wurden in regelmäßigen Abständen nach ihrem Befinden und ihrem Lebensstil gefragt, ihre Behandlungs- und Krebsregisterdaten wurden erfasst. Im Verlauf von rund 17 Jahren traten 268 Fälle von Darmkrebs auf, 98 Teilnehmer waren an Darmkrebs gestorben.
ESTHER-Teilnehmer mit Vorsorge-Koloskopie hatten ein um 60% niedrigeres Risiko, an Darmkrebs zu erkranken als Studienteilnehmer ohne Koloskopie. Das Risiko, daran zu sterben, war in der Screening-Gruppe in den 10 Jahren nach der Koloskopie sogar um 75% niedriger.
„Die Teilnehmer unserer Studie bilden einen Querschnitt der Bevölkerung ab. Sie nutzten das normale Vorsorgeangebot ihrer Region und wurden nicht in speziellen Zentren untersucht. Daher können wir nun erstmals in einer Langzeitstudie aus Deutschland quantifizieren, welchen Beitrag die Vorsorge-Koloskopie im echten Leben zur Krebsprävention leistet“, erklärte Studienleiter Dr. Hermann Brenner in einer Pressemitteilung.
Brustkrebs-Screening: Axilläre Lymphadenopathie nach COVID-19-Impfung
Die Impfung gegen COVID-19 kann zu einer axillären Lymphadenopathie führen, was bei bildgebenden Untersuchungen der Brust berücksichtigt werden muss.
Im American Journal of Roentgenology berichtete eine Radiologin aus Los Angeles von 23 Frauen mit axillärer Adenopathie, die kurz nach einer Impfung gegen COVID-19 mit Comirnaty® oder Moderna-Impfstoff bei einer bildgebenden Untersuchung der Brust auf der Seite des Impfarms entdeckt worden war. Die Zeit zwischen Impfung und Untersuchung hatte im Median 9,5 Tage betragen.
Die Autorin schließt aus ihren Befunden, dass Radiologen bei einer axillären Lymphadenopathie künftig daran denken müssten, dass dies ein reaktiver Prozess auf eine COVID-19-Impfung sein könnte.
Refraktäres multiples Myelom: Erfolg mit CAR-T-Zelltherapie
Eine CAR-T-Zelltherapie mit Idecabtagen Vicleucel (Vic-cel®) induzierte bei 128 mehrfach vorbehandelten Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom eine hohe Ansprechrate von 73%, davon 33% Komplettremissionen.
Dieses erfreuliche Ergebnis der Phase-2-Studie KarMMa hat eine internationale Arbeitsgruppe im New England Journal of Medicine publiziert.
Die Patienten hatten im Mittel 6 Vortherapien bekommen, 94% hatten zuvor eine Stammzell-Transplantation erhalten. Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtansprechen auf die CAR-T-Zell-Behandlung.
Nach einem medianen Follow-Up von 13,3 Monaten hatten 94/128 Patienten (73%) auf die Therapie angesprochen, 42 zeigten ein komplettes Ansprechen (33%).
Von den 42 Patienten, die komplett angesprochen hatten, erreichten 33 (79%) einen MRD-negativen Status, es konnte als keine minimale residuelle Erkrankung mehr nachgewiesen werden. Dies entsprach 26% der Gesamtpopulation.
Ohne Progression überlebten die Patienten 8,8 Monate im Median, die Patienten mit komplettem Ansprechen sogar 20,2 Monate.
Häufige Nebenwirkungen der Behandlungen waren z. B. Neutropenie (91%), Anämie (70%), Thrombozytopenie (63%) sowie ein Zytokin-Freisetzungs-Syndrom bei 84%.
Krebssterblichkeit sinkt europaweit – Ausnahmen: Pankreaskrebs und Lungenkrebs bei Frauen
Eine internationale Arbeitsgruppe hat die 11. Schätzung zur Krebssterblichkeit in der EU aktualisiert. Nach dieser Prognose hat die Krebssterblichkeit zwischen 2015 und 2021 abgenommen – und zwar um 7% bei Männern und um 5% bei Frauen. Nur beim Pankreaskarzinom sowie beim Lungenkrebs von Frauen habe sich die Sterblichkeit nicht verringert, heißt es in den Annals of Oncology .
In die Auswertung waren 27 Mitgliedsstaaten der EU einbezogen, Zahlen zum Vereinigten Königreiche wurden separat geschätzt. Die Arbeitsgruppe prognostiziert für die EU-Länder einen Rückgang der Krebssterblichkeit für folgende Tumoren:
Brustkrebs der Frau um 7,8%
Prostatakrebs beim Mann um 8,7%
Gebärmutterkrebs bei der Frau um 3,5%
Ovarialkarzinom bei der Frau um 8,9%
Magenkrebs beim Mann um 14,1%, bei der Frau um 16,3%
Kolorektalkarzinom beim Mann um 4,8%, bei der Frau um 9,6%
Lungenkrebs beim Mann um 10,2%, bei der Frau Zunahme um 6,5%
Blasenkrebs beim Mann um 12%, bei der Frau um 3,7%
Leukämien beim Mann um 14,8%, bei der Frau um 14,6%
Im begleitenden Editorial werden die Ergebnisse als ermutigend bezeichnet. Allerdings gibt es einige Unsicherheiten, inwieweit sich die COVID-19-Pandemie auf die Sterberaten auswirken kann.
Tag der seltenen Erkrankungen: Seltener Krebs – Krebsinformationsdienst mit hilfreichen Links
Am 28. Februar 2021 war der Tag der seltenen Erkrankungen. Der Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ gab dazu eine Information heraus.
Eine Krebsart gilt als selten, wenn weniger als 6 von 100.000 Menschen pro Jahr neu daran erkranken. Überträgt man dies auf Deutschland, dann erkranken insgesamt geschätzt weniger als 5.000 Menschen pro Jahr an einer der ca. 200 seltenen Krebsarten. Zu den seltenen Tumorarten gehören z. B. Speicheldrüsen- und Gallenblasen-Krebs oder Brustkrebs beim Mann.
Auch bei relativ häufig diagnostizierten Tumoren wie Brust-, Darm- oder Prostatakrebs können besondere Begleitumstände dazu führen, dass es sich um einen speziellen Einzelfall handelt, der ähnlich herausfordernd ist wie eine der seltenen Tumorarten.
Aufgrund der geringen Fallzahlen seltener Tumorarten kann die Diagnosestellung im Praxisalltag deutlich aufwendiger sein und länger dauern. Auch die Behandlung kann eine Herausforderung darstellen.
Erschwerend kommt hinzu, dass es bei seltenen Krankheiten schwieriger wird, statistisch aussagekräftige Studien mit einer entsprechend hohen Patientenanzahl durchzuführen. Für Abhilfe sorgen zunehmend nationale und internationale Forschungsverbünde, die gemeinsam die erforderliche Anzahl an Erkrankungsfällen zusammenbringen, um aussagekräftige Studien durchführen zu können.
Betroffene sollten gemeinsam mit ihrem Arzt abklären, ob für sie eine Behandlung in einem spezialisierten Zentrum in Frage kommt. Diese Einrichtungen haben besondere Erfahrungen bei der Behandlung von seltenen Tumoren und bieten zudem oft die Teilnahme an klinischen Studien an.
Hilfreiche Links für Betroffene sind:
Zentrales Informationsportal über Seltene Erkrankungen (ZIPSE)
Speziell zu seltenen Krebserkrankungen (in englischer Sprache): Rare Cancers Europe
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Diesen Artikel so zitieren: Welche Kost vor Darmkrebs schützt; Lymphadenopathie als Corona-Impffolge; CART-T-Zellen beim multiplen Myelom und mehr - Medscape - 2. Mär 2021.
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