Die Onko-News der Woche zu Krebs erschnüffelnden Hunden, GERD als Krebsrisiko, Thrombosen bei Brustkrebstherapie und mehr

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

23. Februar 2021

Im Onko-Blog dieser Woche geht es um eine neuartige Behandlungsmethode bei Leberkrebs und um Hunde, die Hochrisiko-Prostatakarzinome erschnüffeln können. Für das papilläre Nierenzellkarzinom empfiehlt sich Cabozantinib als neue Therapieoption. Bei Frauen mit Brustkrebs unter CDK-4/6-Inhibitoren fallen unter Praxisbedingungen vermehrt Thrombosen auf. Und eine Arbeitsgruppe des amerikanischen National Cancer Institute hat eine Assoziation der gastro-ösophagealen Refluxkrankheit (GERD) mit dem vermehrten Auftreten von Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs gefunden.

  • Leberkrebs: Neuartiger Ansatz in Tübingen präklinisch getestet

  • Papilläres Nierenzellkarzinom: Cabozantinib als neue Therapieoption

  • Brustkrebs: Mehr Thrombosen unter CDK-4/6-Inhibitoren?

  • Prostatakarzinom: Hunde erschnüffeln Hochrisikoformen

  • Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs: GERD als Risikofaktor

  • Krebs und Kinderwunsch: Noch keine Routine-Finanzierung trotz Richtlinie des G-BA

Leberkrebs: Neuartiger Ansatz in Tübingen präklinisch getestet

Mit der „induzierten Lipotoxizität“ fand eine Forschungsgruppe aus Tübingen im Maus- und in Xenograft-Modellen eine Behandlungsmethode, mit der Therapieresistenzen beim Leberzellkarzinom überwunden werden könnten.

Wie sie in Nature Cancer berichten, greift die neue Behandlungsmethode in den Fettstoffwechsel der Tumorzelle ein. Durch Aktivierung des LXRα-Proteins kommt es zu einer Steigerung der Fettsäuresynthese. Dies kann zunächst von der Tumorzelle toleriert werden, weil die vermehrt anfallenden gesättigten Fettsäuren kontinuierlich durch das Enzym Stearoyl-CoA-Desaturase-1 (SCD1) zu ungesättigten Fettsäuren umgewandelt werden.

Wird jedoch gleichzeitig ein 2. Protein, die Raf-1 Kinase, gehemmt, reichern sich gesättigte Fettsäuren in der Tumorzelle an, die dann nicht mehr toleriert werden und zum Tod der Tumorzelle führen.

Bemerkenswert ist, dass dieses Therapiekonzept besonders bei Leberkrebs wirkt, der durch Leberverfettung (NASH) hervorgerufen wird. Das NASH-HCC ist mit den derzeit verfügbaren Therapien nur schwer zu beherrschen.

Synthetische LXRα-Agonisten für die klinische Anwendung sind derzeit noch nicht verfügbar. Da jedoch eine pharmakologische LXR-Aktivierung auch für die Behandlung von z. B. Alzheimer-Krankheit, Atherosklerose, Hypercholesterinämie, Retinopathie oder Hirntumoren sinnvoll sein könnte, befinden sich verschiedene Substanzen in der Entwicklung. Der RAF-Inhibitor Sorafenib wird bereits seit längerer Zeit beim hepatozellulären Karzinom eingesetzt.

Papilläres Nierenzellkarzinom: Cabozantinib als neue Therapieoption

Bei Erwachsenen mit papillärem Nierenzellkarzinom (PRCC) bessert Cabozantinib das progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant stärker als Sunitinib. Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe hat diese Ergebnisse der randomisierten Phase-2-Studie SWOG-1500 beim virtuellen 2021 Genitourinary Cancers Symposium der ASCO vorgestellt und parallel in The Lancet publiziert.

Das papilläre Nierenzellkarzinom ist das häufigste nicht klarzellige RCC und macht etwa 15 bis 20% aller Nierenkrebs-Erkrankungen aus. Die Patienten werden von den meisten klinischen Studien ausgeschlossen. Es gibt keine optimale Therapie. Trotz nicht zufriedenstellender Wirkung wird derzeit Sunitinib als Standardoption gesehen.

Die Arbeitsgruppe behandelte in der von den amerikanischen National Institutes of Health und vom National Cancer Institute finanzierten SWOG-1500-Studie in 65 Zentren 147 Patienten in 4 Studienarmen randomisiert mit Sunitinib (Kontrolle, n=46), Cabozantinib (n=44), Crizotinib (n=28) oder Savolitinib (n=29). Die letzten beiden Arme wurden wegen Wirkungslosigkeit vorzeitig abgebrochen.

Bei Behandlung mit Cabozantinib überlebten die Patienten im Median progressionsfrei 9,0 Monate, mit Sunitinib 5,6 Monate (HR 0,60, 0,97, p=0,019). Auf Cabozantinib sprachen 23% der Patienten an, auf Sunitinib 4% (p=0,01).

Die Autoren des begleitenden Editorials in The Lancet sind der Meinung, dass die Studie die derzeit beste Evidenz für Patienten mit fortgeschrittenem papillärem RCC bietet und Cabozantinib in dieser Situation als neue Option in Betracht gezogen werden kann.

Brustkrebs: Mehr Thrombosen unter CDK-4/6-Inhibitoren?

Eine kleine Real-World-Analyse ergab, dass bei Behandlung mit Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib mehr thrombotische Ereignisse auftreten, als in klinischen Studien beobachtet wurden. Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe hat die Ergebnisse im European Journal of Haematology  publiziert.

In der multizentrischen retrospektiven Analyse erfassten sie 266 Brustkrebs-Patientinnen, die mit Palbociclib (89%), Abemaciclib (14%) oder Ribociclib (7%) behandelt worden waren. Bei 26 Frauen waren 29 thrombotische Ereignisse aufgetreten, und zwar 66% venöse und 34% arterielle Thrombosen. Die Inzidenz von Thrombosen mit Ribociclib betrug 8,3%, mit Palbociclib 10,9% und mit Abemaciclib 4,8%. Ein Hämoglobin-Wert unter 10 g/dl war ein signifikanter Prädiktor für eine Thrombose (HR 3,53, p<0,01).

In klinischen Studien war eine Rate von venösen Thromboembolien (VTE) zwischen 1 und 5% gesehen worden. Nach Meinung der Autoren sind weitere größere Studien erforderlich, um das VTE-Risiko genauer abzuklären.

Prostatakarzinom: Hunde erschnüffeln Hochrisikoformen

Eine kontrollierte Studie der Medical Detection Dogs (MDD) in Großbritannien, der Prostate Cancer Foundation (PCF), des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Johns Hopkins University ergab, dass entsprechend trainierte Hunde in der Lage sind, Prostatakarzinome mit hohem Gleason-Grad von weniger risikoreichen Erkrankungsstadien zu unterscheiden.

Wie die in PLOS ONE publizierten Ergebnisse der Arbeitsgruppe zeigen, konnten 2 entsprechend trainierte Hunde – ein 4-jähriger Labrador und ein 7-jähriger ungarischer Vorstehhund – zu 71% positive Urinproben entdecken. Der Schnüffel-Nachweis war zu 70 bis 76% spezifisch, die Hunde ignorierten negative Proben meist korrekt.

Die Forscher planen nun größere Studien, in denen sie mit Hilfe von Geruchsprofilen, flüchtigen organischen Verbindungen und Mikrobiotika im Urin ein Verfahren zur maschinellen Geruchserkennung entwickeln, also eine Art Roboternase. Möglicherweise könnte damit ein Verfahren zur Früherkennung von Prostatakrebs entwickelt werden.

Kehlkopf- und Speiseröhrenkarzinom: GERD als Risikofaktor

Eine gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) ist mit einem höheren Risiko für Plattenepithel-Karzinome des Kehlkopfs oder der Speiseröhre assoziiert. Wenn diese Ergebnisse in weiteren prospektiven Studien bestätigt werden, könnten sich daraus neue Möglichkeiten zur Prävention dieser Krebsformen ergeben, so das Fazit einer Arbeitsgruppe des US-amerikanischen National Cancer Institute in Cancer.

Die Forscher untersuchten prospektiv den Zusammenhang zwischen GERD und Adenokarzinomen der Speiseröhre (EADC), Plattenepithelkarzinomen der Speiseröhre (ESCC) und Plattenepithelkarzinomen des Kehlkopfs (LSCC) bei 490.605 Teilnehmern der NIH‐AARP Diet and Health Study, die zum Studienbeginn zwischen 50 und 71 Jahre alt waren. Die Daten wurden u.a. mit Hilfe von Fragebögen und Medicare-Daten erfasst. Bei 24% der Teilnehmer lag eine GERD in der Anamnese vor.

In den folgenden 16 Jahren entwickelten 931 Patienten ein Adenokarzinom der Speiseröhre, 876 ein Plattenepithel-Karzinom des Kehlkopfes und 301 ein Plattenepithel-Karzinom der Speiseröhre.

Personen mit GERD hatten ein etwa doppelt so hohes Risiko, an jeder dieser Krebsarten zu erkranken. Die Risikoerhöhung erwies sich als unabhängig von Geschlecht, Raucherstatus und Alkoholkonsum.

Die Arbeitsgruppe schätzt, dass rund 17% der Kehlkopf- und Speiseröhren-Karzinome bei Personen im Alter zwischen 50 und 71 Jahren mit einem GERD assoziiert sind.

In weiteren Studien müssten diese Ergebnisse bestätigt werden, so die Autoren, und es solle geklärt werden, ob eine Therapie der GERD-Symptome diese Assoziation beeinflusse.

Krebs und Kinderwunsch: Noch keine Routine-Finanzierung trotz Richtlinie des G-BA

Im Mai 2019 wurde in Deutschland die Erhaltung der Fruchtbarkeit für junge Krebskranke per Gesetz zur Kassenleistung. Geändert hatte sich für die Betroffenen aber bisher nichts, wenn ihnen die Kassen nicht freiwillig entgegenkamen.

Der Grund: Es fehlte die zum Gesetz gehörende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). 19 Monate nach dem Gesetz ist sie jetzt in Kraft getreten mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Doch leider ist der Weg bis zur Routine-Finanzierung immer noch nicht zu Ende, beklagt die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs in einer Pressemitteilung.

Für viele Betroffene werde sich durch das Inkrafttreten der Richtlinie nichts ändern. Nur bei knapp einem Drittel der Versicherten zahlen die Krankenkassen schon jetzt. Dies sei jedoch ein Entgegenkommen auf Einzelfallbasis. Die Mehrzahl der Versicherten muss noch selbst zahlen.

Grund für die Verweigerung der Zahlung ist, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) erst noch angepasst werden muss, wenn der G-BA neue Leistungen einführt. Allerdings – so die Stiftung – sind nicht für alle Leistungen bei der Fruchtbarkeitserhaltung neue EBM-Ziffern notwendig. So existieren bereits EBM-Ziffern für die erforderlichen Laborwerte. Außerdem sind Kosten für die Eizellkonservierung mit etwa 1.500 Euro für Hormone zur Eizell-Stimulation nicht im EBM festgelegt, weil es sich um Arzneimittel handelt.

Die pauschale Ablehnung der Kostenübernahme durch einige Krankenkassen hält die Stiftung keinesfalls für gerechtfertigt und bittet deshalb die Krankenkassen einmal mehr, die Fruchtbarkeitserhaltung für junge Krebskranke bereits jetzt auf Einzelfallbasis zu übernehmen.

 

Kommentar

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