Erneut hat sich ein Arzt gerichtlich mit dem Ärztebewertungsportal Jameda auseinandergesetzt. Bisher waren viele Ärzte-Klagen erfolgreich. Doch im aktuellen Urteil sprach sich das Oberlandesgericht Frankfurt für Jameda aus [1]. Die Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, Alexa Frey von WWS Rechtsanwälte in Ulm, erklärt, warum der Arzt sich mit dem Warnhinweise auf seinem Profil abfinden muss.

Alexa Frey
Arzt weist Vorwürfe zurück
Jameda hatte einen Arzt darüber informiert, dass auf seinem Profil gefälschte positive Bewertungen, sog. Fake-Bewertungen, veröffentlicht worden seien. Er wurde daher aufgefordert aufzuklären, wie es dazu habe kommen können. Für den Fall der Nichtaufklärung drohte Jameda an, die Nutzer per Warnhinweis auf dem Profil des Arztes darüber zu informieren, dass es gekaufte Bewertungen auf seinem Profil gebe. Der Arzt wies den Vorwurf der Fake-Bewertungen zurück.
Dennoch veröffentlichte Jameda auf dem Arztprofil den folgenden Warnhinweis:
„Bei einzelnen Bewertungen auf diesem Profil haben wir Auffälligkeiten festgestellt, die uns veranlassen, an deren Authentizität zu zweifeln. Wir haben den Profilinhaber mit dem Sachverhalt konfrontiert. Hierdurch ließ sich die Angelegenheit bisher nicht aufklären. Der Profilinhaber bestreitet für die Manipulation selbst verantwortlich zu sein. Damit sich die Nutzer ein Bild von der Glaubwürdigkeit der Bewertungen eines Profils machen können, kennzeichnen wir Profile, bei denen Verdachtsfälle auf Manipulation in Form von gekauften oder in unlauterer Weise beeinflussten Bewertungen aufgetreten sind. Ob die Manipulationen vom Profilinhaber veranlasst wurden, können wir trotz Kontaktaufnahme derzeit nicht endgültig beurteilen. (…)“
Eilantrag des Arztes auf Löschung des Warnhinweises abgelehnt
Der betroffene Arzt verlangte im gerichtlichen Eilverfahren die Löschung des Warnhinweises, da es sich bei dem Text um unwahre Tatsachenbehauptungen handele.
Der Arzt habe bestätigt, dass ihm aufgrund der fehlenden Angaben in den Bewertungen keine Anhaltspunkte vorlagen, von welchen Patienten die Bewertungen stammten. Auch aufgrund der seitdem verstrichenen Zeit sei es nicht mehr möglich nachzuvollziehen, wer welche Bewertung geschrieben habe. Lediglich eine Bewertung habe er einem Patienten zuordnen können.
Das erstinstanzlich zuständige Landgericht lehnte den Eilantrag des Arztes ab. Auch die Beschwerde vor dem Oberlandesgericht hatte keinen Erfolg.
Begründung: Warnhinweis keine unwahre Tatsachenbehauptung
Der Warnhinweis stelle keine unwahre Tatsachenbehauptung dar. Zwar sei der Warnhinweis geeignet, sich auf das persönliche und unternehmerische Ansehen des betroffenen Arztes auszuwirken und könne dazu führen, dass sich Patienten, die sich über die Plattform der Beklagten informieren, gegen ihn als behandelnden Arzt entscheiden. Dennoch sei der Warnhinweis nicht rechtswidrig. Er stelle klar, dass der Arzt selbst die Vorwürfe bestreite und lediglich der Verdacht bestehe, dass eine Manipulation, beispielsweise in Form gekaufter Bewertungen, vorläge.
Diese Aussage sei zudem von den Grundsätzen der sogenannten Verdachtsberichterstattung gedeckt, da die Darstellung keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalte. Es bestehe keine präjudizierende Darstellung, die den unzutreffenden Eindruck erwecke, der Arzt sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Vielmehr werde der Nutzer lediglich über den Verdacht manipulierter/gekaufter Bewertungen im Profil des Arztes informiert.
Jameda legt Beweise in Form von E-Mails und IP-Adressen vor
Ferner habe Jameda anhand von E-Mails und IP-Adressen gezeigt, dass Bewerter für Bewertungsanbieter tätig waren und ebenfalls das betroffene Ärzte-Profil bewertet haben sollen. Dass diese Nutzer gekaufte Bewertungen abgaben, hätten andere, von diesen Nutzern bewertete Ärzte eingeräumt, weshalb ein entsprechender Verdacht gegenüber dem betroffenen Arzt glaubhaft gemacht worden sei.
Fazit: Öffentliches Interesse am Warnhinweis
Ferner bestehe ein öffentliches Interesse an dem Warnhinweis, da die Bewertungsplattform eine gesellschaftlich erwünschte Funktion als Informationsmittlerin übernimmt und somit den Meinungsaustausch und die Berichte über Behandlungserfahrungen erst möglich macht.
Ein Arztprofil kann nur dann taugliche Grundlage einer eigenen Arztwahl werden, wenn es sich um echte Erfahrungsberichte handelt. Bei Zweifeln an der Echtheit der Erfahrungsberichte habe jeder einzelne Nutzer ein Interesse an der Mitteilung dieser Zweifel durch den Plattformbetreiber.
Der Warnhinweis wurde daher nicht von der Profilseite des Arztes gelöscht.
Dieser Artikel ist am 15.12. 2020 im Original erschienen auf Coliquio.de .
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Diesen Artikel so zitieren: Gekauftes Lob? Warum Jameda das Profil eines Arztes mit einem Warnhinweis versah – und Recht bekam …. - Medscape - 24. Feb 2021.
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