Im Onko-Blog dieser Woche geht es 2-mal um Brustkrebs. Nach Daten der prospektiven Sister-Studie ist z.B. eine Metformin-Therapie mit einem geringeren Risiko für ein Hormonrezeptor-positives Mammakarzinom assoziiert, gleichzeitig werden aber mehr 3-fach negative Tumoren beobachtet. Neue Erkenntnisse zum Wirkungsmechanismus der PARP-Hemmer könnten die Entwicklung besser wirksamer Substanzen fördern. Checkpoint-Inhibitoren können nach den Ergebnissen einer holländischen Studie durchaus bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, allerdings sollten insbesondere Personen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sorgfältig überwacht werden. Bei nicht vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom erwies sich die Kombi von Lenvatinib plus Pembrolizumab als besser wirksam als Sunitinib.
Brustkrebs: Erkrankungsrisiko unter Metformin differiert
Brustkrebs: Wirkung der PARP-Hemmer durch HPF1 moduliert
Melanom: Checkpoint-Inhibitoren auch für Menschen mit Autoimmunerkrankungen
Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom: Lenvatinib plus Pembrolizumab besser als Sunitinib
Vitamin-D-Supplementierung: Mehr Lebensjahre, weniger Kosten
Brustkrebs: Erkrankungsrisiko unter Metformin differiert
Frauen mit Typ-2-Diabetes haben ein erhöhtes Brustkrebs-Risiko. Doch bei Langzeit-Einnahme von Metformin ist ihr Risiko für ein Hormonrezeptor-positives Mammakarzinom geringer. Dies zeigen Daten der prospektiven Sister-Studie mit 44.541 Teilnehmern, die eine Arbeitsgruppe der US-amerikanischen National Institutes of Health in Annals of Oncology publiziert hat. Die Assoziation von Metformin und Krebsrisiko differierte allerdings in Abhängigkeit vom Hormonrezeptor-Status der Brustkrebserkrankung.
Die Teilnehmerinnen hatten alle eine Schwester oder Halbschwester, die an Brustkrebs erkrankt war, litten aber selbst bei Einschluss nicht an einem Mammakarzinom. Die Informationen zum Vorliegen und der Therapie des Typ-2-Diabetes stammten aus regelmäßig von den Teilnehmern ausgefüllten Fragebögen.
Während des Follow-Up von im Median 8,6 Jahren traten 2.678 Brustkrebserkrankungen auf. Von den 5.616 Frauen mit Typ-2-Diabetes nahmen 61% zu irgendeinem Zeitpunkt Metformin.
In dieser Studie fand sich zwischen Diabetes und Brustkrebserkrankung insgesamt keine Assoziation (HR: 0,99). Jedoch waren bei Frauen mit Diabetes 3-fach negative Mammakarzinome häufiger (HR: 1,4) als bei nichtdiabetischen Frauen.
Bei den Diabetikerinnen war die Einnahme von Metformin mit einem verringerten Risiko für ein Hormonrezeptor-positives Mammakarzinom assoziiert – dies im Vergleich zu Frauen ohne Diabetes (HR: 0,86). Diese Assoziation war stärker, wenn die Frauen Metformin über längere Zeit (mehr als 10 Jahre) einnahmen.
Allerdings ging auch die Metformin-Einnahme mit einem erhöhten Risiko für ein Hormonrezeptor-negatives Mammakarzinom (HR: 1,25) und ein 3-fach negatives Mammakarzinom (HR: 1,74) einher.
Brustkrebs: Wirkung der PARP-Hemmer wird durch HPF1 moduliert
Die Wirkung der mittlerweile häufig zur Behandlung des Mammakarzinoms eingesetzten PARP-Hemmer wird durch ein neu entdecktes Protein, den Histon-PARylation Faktor 1 (HPF1) moduliert. Mit diesen in Nature Communications veröffentlichten Befunden einer US-amerikanischen Arbeitsgruppe könnten künftig Substanzen mit noch gezielterer Wirkung entwickelt werden.
HPF1 spielt eine wesentliche Rolle bei der PARP1- und PARP2-abhängigen Poly-(ADP-Ribosylierung) (PARylierung) von Histonen, indem er mit beiden Enzymen einen Komplex bildet und ihre katalytischen Eigenschaften verändert.
Die HPF1-Bindungsstelle und die Bindungsstellen von PARP-Inhibitoren auf den beiden PARP-Proteinen liegen eng beieinander. Die Autoren vermuteten deshalb, dass HPF1 die Affinität von PARP-Inhibitoren zu PARP1 und/oder PARP2 modulieren kann.
Tatsächlich konnten sie zeigen, dass HPF1 die Affinität z.B. von Olaparib signifikant erhöhen kann, nicht jedoch von Velaparib. Olaparib bindet also in Anwesenheit von HPF1 enger und deutlich länger an PARP1.
„Unsere Ergebnisse haben wichtige Auswirkungen auf die Ausprägung der PARP-Hemmung durch aktuelle PARP-Inhibitoren sowie auf das Design und die Analyse der nächsten Generation klinisch relevanter PARP-Inhibitoren“, so das Fazit der Autoren.
Melanom: Checkpoint-Inhibitoren auch für Menschen mit Autoimmunerkrankung
Aufgrund der immunologischen Nebenwirkungen von Checkpoint-Inhibitoren waren Patienten mit Autoimmunerkrankungen in klinischen Studien mit diesen Substanzen ausgeschlossen. Nun hat eine niederländische Kohortenstudie ergeben, dass diese Therapie auch bei Melanompatienten eingesetzt werden kann, die an rheumatischen oder endokrinen Autoimmunerkrankungen oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) leiden. Allerdings traten vor allem bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen häufiger schwere Kolitiden und toxische Reaktionen mit Abbruch der Immuntherapie auf.
Wie die holländische Arbeitsgruppe in Annals of Internal Medicine berichtet hat, analysierte sie die Daten von 4.367 Patienten aus dem Dutch Melanoma Treatment Register (DMTR). Davon litten 415 (9,5%) an einer Autoimmunerkrankung (AID). 228 Patienten (55%) wurden mit einem Immuncheckpoint-Inhibitor behandelt, und zwar 87 mit Ipilimumab, 187 mit einem PD-1-Hemmer und 34 mit der Kombination.
Bei Behandlung mit Ipilimumab kam es bei je 30% der Patienten mit und ohne AID zu immunbezogenen Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder höher. Unter PD-1-Hemmer-Therapie kam es bei 17% mit AID und bei 13% ohne AID zu immunbezogenen Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder höher. Unter der Kombination betrugen die Zahlen 44% versus 48%.
Mehr AID-Patienten brachen die Behandlung wegen Nebenwirkungen ab (17% vs. 9%). Eine Kolitis vom Schweregrad oder höher trat bei 5% der AID-Patienten und bei 2% der Patienten ohne AID auf. Insbesondere CED-Patienten reagierten auf eine PD-1-Hemmer-Behandlung häufiger mit einer Kolitis.
Das therapeutische Ansprechen der AID-Patienten war ähnlich gut, wie bei den Patienten ohne AID.
Die Autoren empfehlen aufgrund ihrer Ergebnisse, Patienten mit vorbestehender AID eine Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren nicht vorzuenthalten. Bei CED raten sie jedoch zu einer besonders engmaschigen Überwachung.
Fortgeschrittenes Nierenzellkarzinom: Lenvatinib plus Pembrolizumab besser als Sunitinib
Patienten mit nicht vorbehandeltem fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom erreichten bei Behandlung mit Lenvatinib plus Pembrolizumab ein signifikant längeres progressionsfreies und Gesamtüberleben als bei Behandlung mit Sunitinib. Dies ergab die randomisierte Phase-3-Studie CLEAR, deren Ergebnisse von einer internationalen Arbeitsgruppe im Februar auf dem virtuellen ASCO GU Cancers Symposium vorgestellt und parallel im New England Journal of Medicine publiziert worden waren.
Über 1.000 Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom wurden in der Studie randomisiert mit Lenvatinib 20 mg/Tag oral plus Pembrolizumab 200 i.v. mg alle 3 Wochen (n = 335), Lenvatinib plus Everolimus 5 mg/Tag (n = 357) oder Sunitinib 50 mg/Tag oral über 4 Wochen, dann 2 Wochen Pause (n = 357) behandelt.
Der primäre Endpunkt progressionsfreies Überleben (PFS) war mit Lenvatinib plus Pembrolizumab mit median 23,9 Monaten signifikant länger als mit Sunitinib mit 9 Monaten (Hazard-Ratio: 0,39; p < 0,001). Auch mit Lenvatinib plus Everolimus war das PFS mit 14,7 Monaten im Median länger als mit Sunitinib mit 9,2 Monaten (HR 0,65; p < 0,001).
Mit Lenvatinib plus Pembrolizumab überlebten die Patienten signifikant länger als mit Sunitinib (HR: 0,66; p = 0,005), jedoch nicht mit Lenvatinib plus Everolimus im Vergleich zu Sunitinib (HR: 1,15; p = 0,30).
Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher traten während der Behandlung bei 82,4% der Patienten unter Lenvatinib plus Pembrolizumab, 83,1% der Patienten unter Lenvatinib plus Everolimus und bei 71,8% der Patienten unter Sunitinib auf.
Im begleitenden Editorial im NEJM schreibt Prof. Dr. Alain Ravaud, Universitätsklinik von Bordeaux, dass diese Studie die bislang vorliegenden positiven Ergebnisse zur Anti-PD-1-basierten Therapie in Kombination mit Ipilimumab oder Axitinib ergänze. Ravaud weiter: „Eine Anti-PD-1-basierte Therapie wird somit zur Standard-Erstlinientherapie und sollte dann in Betracht gezogen werden, wenn keine größeren Kontraindikationen vorliegen.“
Vitamin-D-Supplementierung: Mehr Lebensjahre, weniger Kosten
Bei einer Vitamin-D-Supplementierung aller Deutschen über 50 Jahre könnten – wie berichtet – möglicherweise bis zu 30.000 Krebstodesfälle pro Jahr vermieden und mehr als 300.000 Lebensjahre gewonnen werden – bei gleichzeitiger Kostenersparnis. Dies errechneten Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) aufgrund der Daten von 3 Metaanalysen. Diese hatten ergeben, dass eine Vitamin-D-Supplementierung mit einer Verringerung der Sterberate an Krebs um etwa 13% assoziiert war.
Ein Vitamin-D-Mangel ist in der älteren Bevölkerung und insbesondere bei Krebspatienten weit verbreitet. Die Epidemiologen des DKFZ errechneten nun, welche Kosten durch eine Vitamin D-Supplementierung der gesamten Bevölkerung Deutschlands ab einem Alter von 50 Jahren entstehen würden. Dieser Summe stellten sie die möglichen Einsparungen für Krebstherapien gegenüber, die insbesondere bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen während der letzten Lebensmonaten der Patienten oft mit Kosten im Bereich von mehreren 10.000 Euro verbunden sind.
Wie sie in Molecular Oncology berichteten, entsprach eine um 13% verringerte Krebssterblichkeit in Deutschland im Jahr etwa 30.000 weniger krebsbedingten Todesfällen, deren Behandlungskosten sich in der Modellrechnung auf 1,154 Milliarden Euro beliefen. Verglichen mit den Kosten für die Vitamin-Supplementierung errechnet sich in diesem Modell eine Einsparung von jährlich 254 Millionen Euro.
„Angesichts der möglicherweise erheblichen positiven Effekte auf die Krebssterblichkeit – zusätzlich verbunden mit einer möglichen Kostenersparnis – sollten wir nach neuen Wegen suchen, die in Deutschland in der älteren Bevölkerung weit verbreitete Vitamin-D-Unterversorgung zu verringern“, so Studienleiter Dr. Hermann Brenner in einer Pressemitteilung.
Um den Vitamin-D-Spiegel ohne Kosten zu verbessern, empfiehlt der Krebsinformationsdienst des DKFZ, sich bei Sonnenschein im Freien aufzuhalten, und zwar 2- bis 3-mal pro Woche für etwa 12 Minuten. Gesicht, Hände und Teile von Armen und Beinen sollten für diese Zeitspanne unbedeckt und ohne Sonnenschutz sein.
Medscape Nachrichten © 2021 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Brustkrebsrisiko unter Metformin; Immuntherapie auch bei Autoimmun-Krankheit; neue Erstlinie beim RCC und Vitamin D ab 50 - Medscape - 16. Feb 2021.
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