Besser spät als nie? Das gilt für die Chemoprävention mit ASS wohl nicht. Eine Analyse im Onko-Blog dieser Woche ergab, dass ASS nur dann das Darmkrebsrisiko signifikant senkt, wenn die Einnahme vor dem 70. Lebensjahr beginnt. Für Frauen im Alter über 75 nach frühem Brustkrebs hat eine internationale Arbeitsgruppe Empfehlungen zur routinemäßigen Mammographie erarbeitet. Ebenfalls beim Mammakarzinom versucht man in Heidelberg, mit Künstlicher Intelligenz (KI) Therapieentscheidungen zu optimieren – nach präoperativer Chemo könnte damit vielleicht jeder 3. Frau die OP erspart werden. Und beim Lymphom mit sekundärer ZNS-Beteiligung ist es mit der MATRix-RICE-Therapie gelungen, das progressionsfreie und das Gesamtüberleben zu verlängern.
Darmkrebs: ASS senkt Risiko nur bei Start vor 70. Lebensjahr
Nach Brustkrebs: Wie oft Kontroll-Mammografien bei älteren Frauen?
Mammakarzinom: KI hilft bei OP-Entscheidung nach Chemo
Lymphom mit ZNS-Beteiligung: MATRix-RICE-Therapie bessert Überleben
Weltkrebstag: Deutsche Krebsstiftung setzt sich für HPV-Impfung ein
Darmkrebs: ASS senkt Risiko nur signifikant bei Start vor 70. Lebensjahr
Acetylsalicylsäure (ASS) wird von der US Preventive Services Task Force bei Erwachsenen im Alter zwischen 50 und 59 Jahren zur Chemoprävention eines Kolorektalkarzinoms empfohlen. Eine aktuell in JAMA Oncology publizierte gepoolte Analyse von 2 Kohortenstudien hat nun ergeben, dass bei Personen im Alter ab 70 Jahren die regelmäßige Einnahme von ASS nur dann mit einer Risikosenkung assoziiert ist, wenn sie die Einnahme bereits in jüngeren Jahren begonnen haben.
Eine amerikanisch-chinesische Arbeitsgruppe hat gepoolte Daten von 94.540 Teilnehmern ab einem Alter von 70 Jahren aus der Nurses Health Study und der Health Professionals Follow-up Study analysiert. Innerhalb von 996.463 Personenjahren Nachbeobachtungszeit wurden 1.431 Kolorektalkarzinome dokumentiert.
Nach Adjustierung an weitere Risikofaktoren war die regelmäßige Anwendung von ASS im Vergleich zur nicht regelmäßigen Anwendung mit einem signifikant geringeren Darmkrebsrisiko Teilnehmern ab 70 assoziiert (HR 0,80; 95% KI 0,72-0,90). Die Risikosenkung war jedoch nur bei den ASS-Konsumenten nachweisbar, die vor dem 70. Lebensjahr mit der ASS-Einnahme begonnen hatten (HR 0,80; 95% KI 0,67-0,95). Begann die ASS-Einnahme erst ab einem Alter von 70 Jahren, war das Risiko nicht signifikant verändert (HR 0,92; 95% KI 0,76-1,11).
Diese Ergebnisse legen nach Ansicht der Arbeitsgruppe nahe, dass die Chemoprävention von Darmkrebs mit ASS bei Menschen über 70 Jahren nicht mehr begonnen werden sollte. Wenn sie aber die ASS-Einnahme schon in jüngerem Alter angefangen haben, sollten sie diese weiterführen.
Nach Brustkrebs: Wie oft Kontroll-Mammografien bei älteren Frauen?
Die Internationale Gesellschaft für Geriatrische Onkologie hat in JAMA Oncology ein Konsensus-Papier zur Kontroll-Mammografie bei Frauen im Alter ab 75 Jahren nach einem Mammakarzinom im frühen Stadium publiziert.
Die Empfehlungen der Experten richten sich nach der Lebenswartung, dem Alter, dem Subtyp der Mammakarzinoms und der Therapie.
Beträgt die Lebenserwartung weniger als 5 Jahre, wird eine routinemäßige Mammografie nicht mehr empfohlen. Dies gilt auch bei Frauen mit einem Hochrisiko-Tumor in der Anamnese.
Bei Frauen mit einer Lebenserwartung zwischen 5 und 10 Jahren kann überlegt werden, die routinemäßige Mammografie einzustellen.
Bei längerer Lebenserwartung sollte sie einmal jährlich oder alle 2 Jahre durchgeführt werden.
Bei Frauen im Alter über 85 Jahren sollten keine routinemäßigen Mammografien mehr durchgeführt werden, außer die Frau ist außergewöhnlich gesund oder wünscht eine weitere Kontrolle.
In allen Altersgruppen sollten Ärzte und Patientinnen gemeinsam über das Vorgehen entscheiden.
Mammakarzinom: KI hilft bei OP-Entscheidung nach Chemo
Ein lernender Algorithmus ermöglicht nach ersten Studienergebnissen im European Journal of Cancer eine zuverlässige Diagnostik zur Entscheidung, ob Frauen mit Brustkrebs nach präoperativer Chemotherapie noch operiert werden müssen oder nicht.
„Mit Hilfe dieses intelligenten Diagnostik-Werkzeugs könnte zukünftig rund einem Drittel der Frauen mit vorgelagerter Chemotherapie und gutem Ansprechen die anschließende Operation erspart werden“, so Studienleiter Prof. Dr. Jörg Heil, Leiter des Brustzentrums an Universitätsklinikum und Nationalem Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg in einer Pressemitteilung. Bevor es soweit ist, muss der Algorithmus allerdings seine Zuverlässigkeit noch in einer weiteren Studie unter Beweis stellen.
Eine internationale Arbeitsgruppe unter Leitung von Wissenschaftlern des Brustzentrums der Universitäts-Frauenklinik Heidelberg testete im Rahmen der RESPONDER-Studie verschiedene Methoden des maschinellen Lernens anhand der Daten dreier in den letzten Jahren publizierter Studien aus Heidelberg, den USA und Südkorea mit insgesamt 457 Brustkrebs-Patientinnen.
Sie trainierten ein rechnergestütztes System darauf, aus der gemeinsamen Analyse verschiedener Faktoren Zusammenhänge zu erkennen und darauf basierend eine belastbare Diagnose zu stellen. In den Algorithmus, der sich bislang als am zuverlässigsten erwies, fließen 27 Faktoren ein, darunter das Alter der Patientinnen, Merkmale des Tumors und die Ergebnisse der Vakuum-assistierten Biopsie.
In einer internen und externen Überprüfung mit Patientendaten aus den verwendeten Studien übersah das System keinen verbliebenen Tumor, was für eine hohe diagnostische Sicherheit des Algorithmus spricht.
Derzeit arbeiten die Wissenschaftler noch daran, die Spezifität zu verbessern, also falsch-positive Diagnosen zu vermeiden. Denn bei rund einem Drittel der Patientinnen, bei denen der Algorithmus einen Resttumor annahm, war tatsächlich in der Operation keiner mehr vorhanden. Aber in der unabhängigen Validierungskohorte gab es keine falsch negative Diagnose.
Das Verfahren soll nun in einer prospektiven Folgestudie weiter geprüft werden.
Lymphom mit ZNS-Beteiligung: MATRix-RICE-Therapie bessert Überleben
In der bislang größten prospektiven Studie bei Lymphom-Patienten mit sekundärer ZNS-Beteiligung erwies sich eine sequenzielle Kombination aus MATRix (Rituximab, Methotrexat, Cytarabin und Thiotepa) und RICE (Rituximab, Ifosfamid, Carboplatin und Etoposid) gefolgt von autologer Stammzell-Transplantation als aktiv.
Dies ergab die einarmige multizentrische Phase-2-Studie MARIETTA, die in 24 Zentren in 4 Ländern von einer internationalen Arbeitsgruppe durchgeführt worden war und deren Ergebnisse in Lancet Haematology publiziert sind.
Unter dem neuen Regime lebten nach einem Jahr 42 der 75 auswertbaren Patienten ohne erneute Progression der Erkrankung (PFS 58%). 49 Patienten (65%) zeigten ein objektives Therapieansprechen, das bei 29 Patienten (39%) komplett war.
37 Responder hatten eine autologe Stammzell-Transplantation erhalten. Bei den 37 Patienten, die eine autologe Knochenmark-Transplantation erhalten hatten, war die Erkrankung in keinem Fall fortgeschritten (PFS 100%).
Das PFS nach 2 Jahren lag in der Gesamtgruppe bei 46%, in der transplantierten Gruppe bei 83%.
Bei Progression oder Rückfall verlief die Erkrankung sehr aggressiv und sprach auf eine Salvage-Therapie nicht an. Im Median überlebten die Patienten nach Progression oder Rückfall nur einen Monat, so dass das Gesamtüberleben (OS) dem PFS ähnlich war. Das 2-Jahres-Überleben betrug 46% in der Gesamtgruppe und 83% bei den transplantierten Patienten.
Die Autoren bezeichnen die Ergebnisse als einen Fortschritt für die Behandlung des sekundären ZNS-Lymphoms. Insbesondere nicht vorbehandelte Patienten haben von der Therapie profitiert.
Weltkrebstag: Deutsche Krebsstiftung setzt sich für HPV-Impfung ein
Der Weltkrebstag am 4. Februar 2021 steht unter dem Motto Krebsprävention und setzt einen Schwerpunkt auf die Vermeidung von Gebärmutterhalskrebs. Hauptursache dieser Krebsart ist bekanntlich die sexuell übertragene Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV). Was viele nicht wissen: Das Virus kann auch bei Männern Krebs auslösen.
„Mittlerweile gibt es jedoch eine wirksame HPV-Schutzimpfung. Leider ist die Akzeptanz in der Zielgruppe der Jugendlichen noch nicht so hoch, wie wir uns das wünschen“, so Prof. Dr. Jürgen Riemann, Mitglied im Kuratorium der Deutschen Krebsstiftung in einer Pressemitteilung. Die Deutsche Krebsstiftung macht sich deshalb für eine fundierte Aufklärung zur HPV-Impfung stark und unterstützt neue Wege, um gezielt junge Menschen für das Thema zu sensibilisieren.
In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit 2007 die HPV-Impfung für Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren, noch vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Obwohl die HPV-Impfung sehr gut wirkt und sicher ist, liegt die Impfquote in Deutschland bei 17-jährigen Mädchen nur bei ca. 45%.
„Seit 2018 können sich auch Jungen impfen lassen. Diese Zielgruppe müssen wir ebenfalls besser erreichen. Denn die Impfung kann nicht nur Gebärmutterhalskrebs verhindern, sondern einige weitere Krebsarten, darunter vor allem Kopf-Hals-Tumoren und Analkarzinome, die auch die Männer betreffen“, so Riemann.
Damit junge Menschen gemeinsam mit ihren Eltern und in Rücksprache mit Ärzten und Ärztinnen eine informierte Entscheidung zum Impfschutz treffen können, unterstützt die Deutsche Krebsstiftung im Rahmen der von ihr initiierten „Allianz gegen HPV“ verschiedene Präventionsprojekte.
Beispielsweise werden junge Menschen zu „Peers“ ausgebildet, um in Schulen, Jugend-Einrichtungen und sozialen Medien auf Augenhöhe zu informieren. Begleitend dazu werden Aufklärungsinformationen für Social-Media-Kanäle aufbereitet.
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Diesen Artikel so zitieren: ASS gegen Darmkrebs; KI bei Brustkrebs hilft OP vermeiden; Kontroll-Mammografien im Alter und neue Strategien beim Lymphom - Medscape - 2. Feb 2021.
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