Schützendes Biguanid: Erneut bestätigt, dass Typ-2-Diabetiker unter Metformin ein geringeres Sterberisiko an COVID-19 haben

Nancy A. Melville

Interessenkonflikte

28. Januar 2021

Typ-2-Diabetiker, die an COVID-19 erkranken, haben unter Metformin ein deutlich geringeres Sterberisiko. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, die damit frühere Untersuchungen bestätigt, nach denen der Wirkstoff in irgendeiner Weise mit einem weniger schweren COVID-19-Verlauf in Zusammenhang stehen könnte [1].

„Im Gegensatz zu früheren Studien wurde diese an einer ethnisch gemischten Population mit einem hohen Anteil an Afroamerikanern durchgeführt. Dabei fiel die Sterblichkeit von Typ-2-Diabetikern, die bereits vor der COVID-19-Diagnose eine Metformin-Behandlung erhielten, auch nach Korrektur mehrerer Kovariaten um das Dreifache geringer aus,“ sagt der Erstautor der Untersuchung Dr. Anath Shalev vom Comprehensive Diabetes Center der University of Alabama in Birmingham, USA, gegenüber Medscape.

 
Metformin-Behandlung erhielten, auch nach Korrektur mehrerer Kovariaten um das Dreifache geringer aus. Dr. Anath Shalev
 

Dr. Anne Peters von der Keck School of Medicine der University of Southern California in Los Angeles, USA, mahnte jedoch zur Vorsicht bei der Interpretation dieser Ergebnisse. „Es ist schwer, die tatsächlichen Effekte herauszukitzeln, weil z.B. insulinpflichtige Patienten eine stärker erkrankte Diabetiker-Untergruppe darstellen könnten als Personen, die mit Metformin auskommen, oder weil Patienten mit Begleiterkrankungen wie einer Niereninsuffizienz eventuell nicht mit Metformin behandelt werden“, erläutert sie für Medscape.

„Insgesamt scheint die Therapie jedoch eine Rolle zu spielen, und Personen, die intensiver behandelt werden, schneiden auch eher besser ab. Die Studie wirft zwar die Frage nach der Rolle von Metformin für das Sterberisiko unter COVID-19 auf, doch glaube ich nicht, dass die Assoziation hier bewiesen ist“, so Peters weiter.

Sterberisiko ohne Metformin erhöht

Die neue Studie, die diesen Monat in Frontiers of Endocrinology veröffentlicht wurde, umfasste 25.326 Personen, die zwischen Februar und Juni 2020 an der Klinik der University of Alabama in Birmingham auf das Corona-Virus getestet wurden. Dabei fielen 2,4% der Tests positiv aus (n = 604), was aus Sicht der Autoren wohl deshalb ein eher niedriger Wert ist, da das Screening auch asymptomatisches Krankenhauspersonal und Patienten mit elektiven Eingriffen einschloss.

Afroamerikanische Patienten hatten gegenüber weißen Patienten ein signifikant höheres Risiko für einen positiven Corona-Test (Odds Ratio: 2,6; p < 0,0001). Die Raten waren auch bei Hypertoniepatienten (OR: 2,46), Diabetes (OR: 2,11) und Adipositas (OR: 1,93) im Vergleich zu Patienten ohne diese Erkrankungen erhöht (alle p < 0,0001).

Die Gesamt-Sterblichkeitsrate unter den COVID-19-positiven Patienten betrug 11%. Ein Diabetes war mit einem deutlich erhöhten Sterberisiko assoziiert (OR: 3,62; p < 0,0001) und blieb auch nach der Adjustierung von Alter, Ethnie, Geschlecht, Adipositas und Bluthochdruck ein unabhängiger Risikofaktor.

Bemerkenswert war die signifikante geringere Sterblichkeit unter Diabetikern, die vor der COVID-19-Diagnose Metformin einnahmen: 11% dieser Patienten starben gegenüber 23% der Diabetiker, die kein Metformin eingenommen hatten (OR: 0,33; p = 0,021).

Ähnliche Befunde in verschiedenen Populationen

Die Studie fügt sich in eine Reihe von Forschungsergebnissen ein, bei denen sich bereits zuvor ein möglicher schützender Effekt von Metformin auf die COVID-19-Mortalität angedeutet hatte. Dazu gehören ein früher Bericht aus dem chinesischen Wuhan, die Ergebnisse der französischen CORONADO-Studie sowie eine US-Studie, welche die Metformin-Therapie mit einer geringeren Mortalität bei Frauen mit COVID-19 in Verbindung bringt.

Bemerkenswert ist, dass die Zusammenhänge zwischen Metformin und der Mortalität in der aktuellen Studie sowohl bei Männern als auch bei Frauen sowie bei Hochrisiko-Untergruppen einschließlich Afroamerikanern beobachtet wurden.

„Die Tatsache, dass vergleichbare Ergebnisse in verschiedenen Populationen auf der ganzen Welt erzielt wurden, deutet darauf hin, dass die beobachtete Verringerung des Mortalitätsrisikos für COVID-19 unter Metformin bei Typ-2-Diabetikern generalisierbar sein könnte“, so die Autoren.

 
Darüber hinaus unterstreichen diese Befunde, wie wichtig es ist, die allgemeinen Leitlinien zur Diabetes-Behandlung und -Prävention zu befolgen … Dr. Anath Shalev und Kollegen
 

„Darüber hinaus unterstreichen diese Befunde, wie wichtig es ist, die allgemeinen Leitlinien zur Diabetes-Behandlung und -Prävention zu befolgen und eine Metformin-Behandlung nicht zu verzögern oder auszusetzen“, fügen sie hinzu.

Spekulationen über Mechanismen schließen entzündungshemmende Effekte ein

Über die möglichen Mechanismen hinter der Rolle von Metformin bei der Senkung der Sterberisikos in der COVID-19-Studie wird viel spekuliert. Für die Autoren ist die naheliegendste Annahme, nach der eine verbesserte Blutzuckerkontrolle eine Schlüsselrolle spielt, durch den Befund in der Studie widerlegt, dass die Blutzuckerspiegel und HbA1c-Werte bei den COVID-19-Überlebenden, die Metformin eingenommen hatten, nicht signifikant unterschiedlich waren.

Sie weisen stattdessen auf die bekannten entzündungshemmenden und antithrombotischen Eigenschaften von Metformin hin. „Wir stellen daher die Hypothese auf, dass Metformin die Ergebnisse über einige dieser Effekte verbessert, was wir aktuell weiter untersuchen“, sagt Shalev.

Peters wies darauf hin, dass die entzündungshemmenden Eigenschaften kein Alleinstellungsmerkmal von Metformin in der Diabetestherapie sind. „Viele andere Substanzen wie etwa die SGLT2-Inhibitoren (Natrium-Glukose-Cotransporter-2) können sich auch entzündungshemmend auswirken, sodass ich nicht weiß, ob das die Erklärung ist, aber es könnte sicherlich helfen“, sagt sie.

„Die Milderung des Entzündungsgeschehens ist eine Hypothese, die bei Diabetes-Medikamenten häufiger aufgestellt wird, aber ich denke, Metformin bietet überdies auch eine Menge metabolischer Vorteile.“ „Es ist faszinierend, dass sie die HbA1c-Daten hatten und das Überleben unter Metformin nicht so sehr mit diesen zusammenzuhängen scheint, wie man annehmen könnte“, fügt sie hinzu.

Ein großer Vorteil, falls sich die Effekte und Mechanismen bestätigten, sei die gute Verfügbarkeit von Metformin, fügte Peters hinzu. „Das sagt uns zwar nicht unbedingt, was wir tun können, um die Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung im Zusammenhang mit COVID-19 zu reduzieren, aber dass Metformin preiswert und leicht verfügbar ist, ist sehr wichtig und hilft uns vielleicht bei den anderen Risikofaktoren, mit denen wir uns herumschlagen müssen.“

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

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