Die Krebs-News der Woche: Bei Geburt mit Krebs „angesteckt“, Oralsex und Oropharynx-Krebs; Toxoplasmose und Gliom-Risiko

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

19. Januar 2021

Der aktuelle Onko-Blog berichtet von 2 Fällen von Lungenkrebs bei Kindern – beide haben sich wohl beim Geburtsvorgang mittels Aspiration von Krebszellen bei ihrer an einem Zervixkarzinom erkrankten Mutter „angesteckt“. Des Weiteren geht es um Oralsex als Risikofaktor für ein Oropharynx-Karzinom: Auch das Alter beim 1. Mal und die Intensität sind wohl für das Risiko entscheidend. Bei Patienten mit Blasenkarzinom lässt sich mit 2 einfach zu bestimmenden Immunparametern der Erfolg einer Chemotherapie einschätzen. Frauen, die wegen eines Rektumkarzinoms bestrahlt wurden, haben ein erhöhtes Risiko für ein Uterus- oder Ovarialkarzinom. Und prospektive Daten zeigen, dass eine Toxoplasmose das Risiko für ein Gliom erhöhen kann.

  • Mit Krebs bei der Geburt „angesteckt“ – Mutter hatte Zervixkarzinom

  • Oropharynx-Karzinom: Höheres Risiko bei häufigem Oralsex

  • Blasenkrebs: Immunstatus ermöglicht, Erfolg der Chemo abzuschätzen

  • Frauen mit Rektumkarzinom: Nach Bestrahlung mehr gynäkologische Zweittumore

  • Gliom: Assoziation mit Toxoplasmose prospektiv nachgewiesen

  • Follikuläre Lymphome und CLL: Neue CAR-T-Zell-Therapie in Entwicklung

Mit Krebs bei der Geburt „angesteckt“ – Mutter hatte Zervixkarzinom

Im New England Journal of Medicine publizierte Fallberichte lassen vermuten, dass 2 an Lungenkrebs erkrankte Kinder sich während der Geburt bei ihrer an einem Zervixkarzinom erkrankten Mutter „angesteckt“ haben. Die Kinder haben vermutlich die Krebszellen mit kontaminierter Vaginalflüssigkeit aspiriert. Die Schlussfolgerung der japanischen Autorengruppe lautet: „Bei schwangeren Frauen mit Zervixkarzinom ist deshalb ein Kaiserschnitt empfehlenswert.“

Der Zusammenhang wurde zufällig während einer DNA-Sequenzierung von Normal- und Tumorgewebe entdeckt, wobei sich zeigte, dass die Tumorzellen der Mütter und Kinder identische genetische Mutationen aufwiesen.

Bei Fall 1 handelte es sich um einen 23 Monate alten Jungen, der an einem neuroendokrinen Karzinom der Lunge litt. Bei der 35 Jahre alten Mutter war 3 Monate nach der Geburt des Jungen ein Zervixkarzinom diagnostiziert worden.

Fall 2 war ein 6 Jahre alter Junge, der an einem muzinösen Adenokarzinom der Lunge litt. Bei seiner Mutter war während der Schwangerschaft ein Zervixtumor diagnostiziert worden. Eine Tumorbiopsie nach der Geburt ergab ein Adenokarzinom.

Oropharynx-Karzinom: Höheres Risiko bei häufigem Oralsex

Eine hohe Zahl von Partnern beim Oralsex ist ein bekannter Risikofaktor für ein Oropharynx-Karzinom (OPC). Das Alter beim ersten Oralsex und die Intensität sind weitere Risikofaktoren, wie von einer US-amerikanischen Arbeitsgruppe in einer Publikation in Cancer gezeigt worden ist.

In der multizentrischen Studie waren 163 Patienten mit HPV-OPC und 345 Kontrollen nach ihrem Verhalten befragt worden. Das Risiko für ein OPC stieg signifikant mit der Zahl der Oralsex-Partner, bei mehr als 10 Partnern lag die Odds-Ratio (OR) bei 4,3.

Nach Adjustierung an die Zahl der Partner und das Rauchverhalten erwiesen sich ein jüngeres Alter (unter 18 vs über 20 Jahre) mit einer OR von 1,8 sowie die Intensität an Oralsex (≥ 5 Jahre mit Oralsex) mit einer OR von 2,8 als weitere Risikofaktoren.

Erhöht war das Risiko zudem bei jüngeren Personen, wenn der Sexualpartner älter war (OR: 1,7) oder wenn er außerehelichen Sex hatte (1,6).

Blasenkrebs: Immunstatus ermöglicht, Erfolg der Chemo abzuschätzen

Bei Blasenkrebs trägt die körpereigene Bekämpfung des Tumors durch das Immunsystem, insbesondere durch das CXCR3-Chemokin-System, zur Wirksamkeit einer Chemotherapie bei. Das berichtet ein Forschungsteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Berlin Institute of Health (BIH) in Science Translational Medicine . Die Befunde lassen sich für eine Vorhersage des Therapieerfolgs nutzen und könnten so die Überlebenschancen von Patienten in Zukunft erhöhen.

Mit Hilfe der bei einer Blasenspiegelung entnommenen Tumorproben von 20 Patienten mit invasivem Blasenkarzinom fand die Forschungsgruppe, dass eine Chemotherapie nur dann wirkte, wenn das Tumorgewebe CXCL11 und CXCR3alt in großen Mengen enthielt. Diese beiden Substanzen lassen sich vergleichsweise unkompliziert im Labor messen. Mit dieser technisch einfachen Methode kann daher bereits zum Zeitpunkt der Diagnose der Erfolg einer Chemotherapie abgeschätzt werden.

Ist es unwahrscheinlich, dass die Vorbehandlung anschlägt, könnte man auf die Chemotherapie verzichten und den Blasenkrebs direkt operativ entfernen, so die Autoren in einer Pressemitteilung.

Dieses Vorgehen würde den Patienten nicht nur die Nebenwirkungen einer unwirksamen Behandlung ersparen, sondern könnte voraussichtlich auch ihre Überlebenschancen erhöhen.

Bevor der Nachweis von CXCL11 und CXCR3alt in der Behandlung von Blasenkrebs routinemäßig eingesetzt werden kann, sind aber noch weitere Studien nötig, die diese Ergebnisse unabhängig bestätigen.

Frauen mit Rektumkarzinom: Nach Bestrahlung mehr gynäkologische Zweittumoren

Die Strahlenbehandlung eines Rektumkarzinoms ist bei Frauen mit einem erhöhten Risiko für Uterus- und Ovarial-Karzinome assoziiert, so das Ergebnis einer retrospektiven chinesischen Kohortenstudie, die in JAMA Network Open publiziert worden ist.

Die Patientendaten stammten aus 9 Registern der Surveillance, Epidemiology and End Results (SEER) Datenbank. Von den 20.142 Patientinnen waren 34,3% bestrahlt und operiert worden, 65,7% waren nur operiert worden. Die kumulative Inzidenz eines 2. gynäkologischen Tumors innerhalb einer Nachbeobachtung von 30 Jahren betrug 4,53% bei den bestrahlten und 1,53% bei den nicht bestrahlten Frauen.

Die Strahlentherapie erhöhte demnach das Risiko für ein Uteruskarzinom (Hazard-Ratio: 3,06, p < 0,001) und für ein Ovarialkarzinom (HR: 2,08; p =0,007) im Vergleich zu Frauen, die keine Strahlentherapie erhalten hatten. Das 10-Jahres-Überleben war zudem bei Frauen mit Strahlentherapie-assoziiertem Uteruskarzinom signifikant schlechter als bei Patientinnen mit einem primären Uteruskarzinom (21,5% vs 33,6%; p = 0,01).

Gliom: Assoziation mit Toxoplasmose prospektiv nachgewiesen

Erstmals konnte eine US-amerikanische Arbeitsgruppe in einer prospektiven Studie nachweisen, dass eine Infektion mit Toxoplasma gondii bei Erwachsenen mit einem erhöhten Risiko für ein Gliom assoziiert ist.

Wie sie im International Journal of Cancer berichten, konnten bei Gliom-Patienten häufiger Antikörper gegen T. gondii nachgewiesen werden als bei einer ähnlichen Gruppe ohne Gehirntumor. Diese Befunde legen nahe, dass mit diesem häufig in rohem Fleisch nachweisbaren Erreger ein vermeidbarer Risikofaktor für den aggressiven Hirntumor gefunden werden konnte.

T. gondii, der Erreger der Toxoplasmose, ist weltweit verbreitet. Für die Infektion des Menschen sind vor allem 2 Wege verantwortlich, und zwar die Aufnahme von rohem oder ungenügend behandeltem, zystenhaltigem Fleisch bzw. Fleischprodukten sowie die orale Aufnahme von sporulierten Oozysten (z.B. bei der Gartenarbeit oder Kontakt zu Katzen oder Katzenkot).

Die Teilnehmer der prospektiven Studie stammten aus der American Cancer Society’s Cancer Prevention Study-II (CPS-II) Nutrition Cohort (37 Fälle, 74 Kontrollen) und der norwegischen Cancer Registry’s Janus Serum Bank (Janus) (323 Fälle und 323 Kontrollen). Vor der Gliom-Diagnose gesammelte Blutproben wurden auf T.-gondii-Antikörper untersucht.

In beiden Kohorten wurde bei den mit T. gondii infizierten Personen ein deutlicher Anstieg des Gliomrisikos beobachtet (Odds Ratio 2,70 in der CPSII-NC; OR 1,32 in Janus).

Die Autoren weisen darauf hin, dass diese Ergebnisse in umfangreicheren Studien bestätigt werden müssen. Sollte dies gelingen, wäre erstmals eine präventive Maßnahme für diesen Hirntumor durch Vermeidung einer Infektion mit T. gondii verfügbar.

Follikuläre Lymphome und CLL: Neue CAR-T-Zell-Therapie in Entwicklung

Eine Arbeitsgruppe am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in der Helmholtz-Gemeinschaft, Berlin, hat eine neue CAR-T-Zell-Therapie entwickelt, die gegen CXCR5 gerichtet ist. Sie könnte sich zur Behandlung von follikulären Lymphomen und chronisch-lymphatischer Leukämie (CLL) eignen.

CXCR5 wurde vor mehr als 20 Jahren am MDC erstmals beschrieben. Bei dem Protein handelt es sich um einen Rezeptor, mit dessen Hilfe reife B-Zellen vom Knochenmark in die Organe des Immunsystems, z.B. in die Lymphknoten und die Milz, gelangen. Alle reifen B-Zellen, auch entartete, tragen diesen Rezeptor auf der Oberfläche. An beiden Krebsformen sind neben den B-Zellen auch follikuläre T-Helferzellen beteiligt, die CXCR5 ebenfalls auf ihrer Oberfläche tragen.

In der in Nature Communications publizierten Studie konnten die Forscher anhand von Experimenten mit menschlichen Krebszellen und 2 Mausmodellen zeigen, dass die Immuntherapie sicher und sehr wirksam ist.

Derzeit wird eine erste klinische Studie vorbereitet, in der die neue CAR-T-Zell-Therapie bei Patienten untersucht werden soll.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....