„COVID-19 ist nicht Influenza“, lautet der Kommentar zu einem Vergleich der Krankheitsprofile und der Mortalität von hospitalisierten Patienten in Frankreich, der in Lancet Respiratory Medicine erschienen ist [1,2]. COVID-19 trifft häufiger die Atemwege und Gefäße, Influenza das Herz. Im Untersuchungszeitraum war die Mortalität durch COVID-19 etwa 3 Mal höher.
Landesweite französische Kohortenstudie
In öffentlichen Diskussionen zum Umgang mit SARS-CoV-2 wird häufig argumentiert, die Maßnahmen seien im Vergleich zu den jährlichen saisonalen Influenza-Epidemien überzogen. Tatsächlich gibt es nur wenige Daten, die beide Erreger miteinander vergleichen.
In Frankreich unternahm man daher eine landesweite retrospektive Kohortenstudie mit Daten der französischen nationalen Verwaltung zum Zeitpunkt der Klinikentlassung. Dies für Patienten, die im Zeitraum vom 1. März bis 30. April 2020 wegen COVID-19 hospitalisiert worden waren und solchen, die zwischen 1. Dezember 2018 und 28. Februar 2019 wegen Influenza hospitalisiert waren. Es handelte sich dabei um nachgewiesene Infektionen gemäß den zum Zeitpunkt der Untersuchung gültigen ICD-10-Codes U07.10, U07.11, U07.12, U07.14, oder U07.15 bzw J09, J10, oder J11.
Andere Sterblichkeit, Komplikationen und Risikofaktoren
In den Studienzeiträumen wurden 89.530 Patienten mit COVID-19 und 45.819 mit Influenza erfasst. Das mediane Alter betrug 68 Jahre (COVID-19) bzw. 71 Jahre (Influenza).
COVID-19-Patienten waren häufiger fettleibig oder übergewichtig und sie litten häufiger an Diabetes, Bluthochdruck und Dyslipidämien. Influenza-Patienten hatten dagegen häufiger Herzversagen, eine chronische Atemwegserkrankung, Zirrhosen und Blutarmut.
Die wegen COVID-19 eingewiesenen Patienten erlitten in der Klinik häufiger ein akutes Atemversagen, eine Lungenembolie, septischen Schock oder hämorrhagischen Schlaganfall, aber seltener einen Herzinfarkt oder Vorhofflimmern.
Die Sterblichkeit in der Klinik war unter COVID-19 etwa 3 Mal höher (16,9 vs 5,8%); die altersstandardisierte Mortalitätsrate betrug 2,82.
Auffällig war außerdem, dass der Anteil pädiatrischer Patienten (< 18 Jahre) bei COVID-19 zwar nur 1,4% gegenüber 19,5% bei Influenza betrug, dass aber mehr Kinder (< 5 Jahren) mit COVID-19 auf die Intensivstation mussten (2,3 versus 0,9%). In der Klinik starben 5 von 458 Jugendlichen (11–17 Jahre) mit COVID-19, jedoch nur eines von 804 mit Influenza.
Die Profile der Patienten, die wegen COVID-19 oder Influenza hospitalisiert werden müssen, sind also klar unterschiedlich und dies gilt auch für das Risiko bestimmter Komplikationen und für die Mortalitätsrate. Dies dürfte prinzipiell auch für Länder mit anderer Bevölkerungsstruktur gelten, sodass die Befunde die Notwendigkeit strengerer Schutzmaßnahmen gegenüber COVID-19 unterstützen, solange noch keine Herdenimmunität besteht, lautet das Fazit der Autoren.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
Medscape Nachrichten © 2021
Diesen Artikel so zitieren: „COVID-19 ist nicht Influenza“: Französische landesweite Studie hat die Unterschiede herausgearbeitet - Medscape - 15. Jan 2021.
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