Rehabilitierung für Paclitaxel-Stents/Ballons bei PAVK: Große Studie findet keine erhöhte Mortalität

Dr. Jürgen Sartorius

Interessenkonflikte

14. Januar 2021

Eine jetzt publizierte Interimsauswertung einer schwedischen Studie zeigt keine Unterschiede bzgl. der Mortalitätsrate zwischen Patienten mit oder ohne Paclitaxel-Beschichtung bei peripheren Interventionen [1]. Seit einer Metaanalyse im Dezember 2018 wird genau darüber in Bezug auf Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) diskutiert. Trotz einem weltweit vermehrten Einsatz solcher medikamentös gestützten Interventionen kam es bislang aber nicht zu weiteren alarmierenden Befunden.

Prof. Dr. Peter Radke

Dr. Joakim Nordanstig, Gefäßchirurg an der Universität Göteborg, Schweden und Kollegen veröffentlichten im New England Journal of Medicine (NEJM) die Interimsanalyse einer randomisierten offenen Multicenterstudie unter Einschluss von 1.149 Patienten mit Paclitaxel-beschichteten und 1.140 Patienten mit unbeschichteten Ballons oder Stents.

 
Die von Anfang an kritisch bewertete Metaanalyse von Konstantinos Katsanos führte zu einer großen Verunsicherung von Patienten und behandelnden Ärzten. Prof. Dr. Peter Radke
 

In einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 2,5 Jahren nach Intervention kam es in der Paclitaxel-Gruppe zu 293 (25,5%) und in der Kontrollgruppe zu 281 (24,6%) Todesfällen. Daraus ergab sich eine Hazard Ratio von 1,06 mit Werten zwischen 0,92 und 1,22 im 95%igen Konfidenzintervall und somit keinerlei signifikantem Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

„Die von Anfang an kritisch bewertete Metaanalyse von Konstantinos Katsanos führte zu einer großen Verunsicherung von Patienten und behandelnden Ärzten“, berichtet Prof. Dr. Peter Radke, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie an der Schön Klinik Neustadt in Holstein. „In der Folge haben die FDA und das BfArM zurecht eine kritische Indikationsstellung und erweiterte Aufklärungspflicht gefordert.“

Patienten während der Intervention randomisiert

In Schweden werden alle Revaskularisierungen in einem Zentralregister (Svedvasc) verfolgt und die Informationen gesammelt. Keine Patientendaten (n = 2.289) gingen der Analyse verloren. Die Patienten wurden während der Intervention randomisiert, noch bevor ein beschichteter oder unbeschichteter Ballon bzw. Stent zum Einsatz kam.

Diese Entscheidung der Operateure (insgesamt 175) wurde zunächst nicht in die Dokumentation aufgenommen, um eine Verblindung während des Follow-ups zu erzielen. Insgesamt nahmen 22 von allen 28 vaskulären Zentren in Schweden an der Studie teil. Alle Ballons/Stents mit einer EU-Zulassung waren erlaubt.

Noch vor dem Eingriff wurde anhand der Schwere der Symptomatik (chronische Ischämie oder intermittierende Claudicatio), der Lokalisation (femoropopliteal, infrapopliteal oder beides) sowie der Art des geplanten Eingriffes (Ballonausweitung oder sofortiger Stent) eine Stratifizierung vorgenommen.

Darüber hinaus flossen Alter, Geschlecht, Raucherstatus, Diabetes, Blutdruck, kardio- und zerebrovaskuläre, pulmonale und nephrologische Erkrankungen, die relevante Medikation (Statin, Antikoagulantien und Plättcheninhibitoren) sowie der Handgelenk-/Knöchel-Index in die Stratifizierung ein.

Keine Unterschiede bei der Mortalität

Für keine der sich aus dieser Einteilung ergebenden Subgruppen gab es signifikante Unterschiede in Mortalitätsrate, ebenso wenig wie im Zeitverlauf: Im ersten Beobachtungsjahr wurden in der Gruppe mit Paclitaxel-beschichteten 117 (10,2%) und in der mit unbeschichteten Ballons bzw. Stents 113 (9,9%) Todesfälle dokumentiert.

In den gesamten 2,5 Jahren Follow-up verteilten sich die Todesfälle auf 33,4% bzw. 33,1% der Patienten mit chronischer Ischämie (n= 1480) und 10,9% bzw. 9,4% der Patienten mit Claudicatio intermittens (n = 809, HR: 1,18, 95%-Konfidenzintervall: 0,72-1,93).

Nur bei Claudicatio möglicherweise signifikanter Unterschied

„In den letzten Monaten sind weitere randomisierte Studien publiziert worden, welche keine Erhöhung des Sterblichkeitsrisikos durch Paclitaxel-beschichtete Ballons bzw. Stents zeigten“, ergänzt Radke.

In ihrer Diskussion weisen die Autoren darauf hin, dass lediglich bei den Patienten mit Claudicatio möglicherweise ein signifikanter Unterschied möglich sein könnte. Für alle anderen Gruppen schließen sie eine solche Unsicherheit aus, da die Zahl der Fälle und die Dauer und Sorgfalt des Follow-ups dieser Studie die der meisten anderen in diesem Zusammenhang durchgeführten Studien übersteige.

 
Das Ergebnis kann zusammen mit den zuletzt publizierten Studien die Bedenken um die Sicherheit von Paclitaxel-beschichteten Ballons und Stents bei pAVK ausräumen. Prof. Dr. Peter Radke
 

Weiterhin argumentieren sie, dass der Endpunkt der Interimsanalyse, ein Todesfall jeglicher Art, ein sehr neutrales Kriterium darstellt. Die Studie wird zu ihrem eigentlichen Zweck, der Dokumentation der Vorteile von Paclitaxel-beschichteten Ballons oder Stents auf die Reduktion der Amputationsrate und die Verbesserung der Lebensqualität weitergeführt.

„Die Studie wurde größtenteils vom schwedischen Forschungsrat finanziert, ermöglichte den Einschluss aller zugelassenen Ballons und Stents und wies eine relevante Nachbeobachtungsdauer von 1 bis 4 Jahren auf“, fasst Radtke zusammen. „Auch wenn die jetzt publizierte Interimsanalyse im Studienprotokoll zunächst nicht vorgesehen war, kann das Ergebnis zusammen mit den zuletzt publizierten Studien die Bedenken um die Sicherheit von Paclitaxel-beschichteten Ballons und Stents bei pAVK ausräumen.“
 

Kommentar

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