Die frühe CT-Koronarangiografie (CTCA) hat gegenüber dem Standardvorgehen bei Mittel- bis Hochrisikopatienten mit Brustschmerzen und Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom nur wenig Einfluss auf die Therapieentscheidung oder auf das Outcome nach 1 Jahr, wie eine randomisierte Studie zeigt.
Die RAPID-CTCA-Studie ist nur der jüngste Versuch, unter den Patienten, die wegen akuter Brustschmerzen in der Notaufnahme erscheinen, diejenigen herauszufiltern, die am ehesten von einer CTCA profitieren.
Eine routinemäßig durchgeführte CTCA erzeugt wohl auch häufigere invasive Angiografien als die Standardbehandlung. Dies steht im Gegensatz zu früheren Studien, nach denen Patienten mit niedrigem Risiko und stabilen oder akuten Brustschmerzen nach einer CTCA seltener ins Herzkatheterlabor überwiesen wurden.
Die Gruppe zeigte auch einen moderaten Anstieg bei der Krankenhausverweildauer und den Gesundheitskosten. Das berichtete Dr. Alasdair J. Gray vom britischen Royal Infirmary of Edinburgh bei der Präsentation von RAPID-CTCA anlässlich der virtuellen Scientific Sessions 2020 der American Heart Association (AHA) [1].
Endpunkt so häufig wie bei Standardversorgung
Der primäre Endpunkt der Studie mit über 1.700 Patienten setzte sich aus Tod jeglicher Ursache und einem frischen Herzinfarkt vom Typ 1 oder Typ 4b (aufgrund einer Thrombose durch Plaqueruptur oder Stentthrombose) zusammen. Er wurde bei 5,8% der Patienten, die einer routinemäßigen CTCA zugewiesen wurden, gesehen, was statistisch der Rate in der Standardversorgungsgruppe von 6,1% entspricht.
Die Autoren stellten ebenfalls fest, dass „diese Befunde nicht für die routinemäßige Anwendung der frühen CTCA bei Patienten mit mittlerem oder hohem Risiko und Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom sprechen, wo einem doch Troponin-Schnelltests zur Diagnosestellung zur Verfügung stehen“, sagte Dr. Judith S. Hochman vom Langone Medical Center in New York.
„Es wurde in beiden Gruppen gleich häufig revaskularisiert, was dafür spricht, dass die Patienten auch angemessen ausgewählt wurden“, sagte Hochman weiter.
„Eine CTCA ist ein hervorragendes Verfahren, wenn bei den Betroffenen bislang keine KHK bekannt war. Bei Patienten mit KHK im Frühstadium, die immerhin in dieser Studie ein Drittel ausmachen, ist sie eher weniger hilfreich“, sagte Dr. Ron Blankstein, Leiter der kardialen Computertomografie am Brigham and Women's Hospital in Boston gegenüber Medscape. „Aus diesem Grund kann eine CTCA bei einer Patientenpopulation wie dieser zwar hilfreich sein, aber nur bei sorgfältig ausgewählten Patienten.“
Generell sagte er, würde eine Studie, die festzustellen versucht, welche Patienten mit Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom am ehesten von einer CTCA profitieren werden, wohl am besten Personen mit bekannter KHK ausschließen. „Diese Patientengruppe ließe sich möglicherweise wohl durch funktionelle Tests besser beurteilen“, sagte Blankstein, der nicht an der RAPID-CTCA mitgewirkt hatte. „Ich wüsste zu gerne, ob der Benefit für die CT größer gewesen wäre, wenn diese Patienten ausgeschlossen worden wären.“
Heterogene Einschlusskriterien
Aufgenommen wurden in die Studie symptomatische Patienten, bei denen der Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom bestand und die mindestens einen von drei weiteren Risikomarkern aufwiesen: EKG-Anomalien wie z.B. eine ST-Streckensenkung, eine ischämische Herzerkrankung in der Vorgeschichte oder erhöhte Troponinwerte im oberen 1% des Normalbereichs oder darüber. Ausgeschlossen wurden alle Personen mit Anzeichen für ein hochrisikoreiches akutes Koronarsyndrom wie akute Herzinsuffizienz oder Schock sowie Personen mit einem STEMI.
Während der Studie fügten sie ein weiteres Kriterium hinzu. „Wenn der behandelnde Arzt der Meinung war, dass die Grunderkrankung des Patienten eine invasive Angiografie erfordere, wurden sie ebenfalls ausgeschlossen“, sagte Gray.
„Wir waren uns der relativen Heterogenität der Einschlusskriterien in dieser pragmatischen Studie bewusst“, sagte er, und so wurde eine Subgruppenanalyse vorgegeben, um die Ergebnisse nach Alter, Geschlecht, KHK-Vorgeschichte, Troponinspiegel, GRACE-Score, EKG-Anomalien und den lokalen Angiografiemöglichkeiten zu vergleichen. In keiner der Untergruppen war eine der beiden Strategien der anderen überlegen.
Nutzen eine Frage der Patientenauswahl?
Die adjustierte Hazard Ratio (HR) für den primären Endpunkt in der CTCA-Gruppe im Vergleich zur standardmäßig versorgten Gruppe war mit 0,91 nicht signifikant (95%-Konfidenzintervall: 0,62–1,35; p = 0,65). Es gab auch keine signifikanten Unterschiede beim Tod aus beliebiger Ursache, beim KHK-bedingten Tod oder bei den nicht tödlichen Herzinfarkten.
Die Rate der invasiven Koronarangiografien ging mit der CTCA zurück (HR: 0,81; 95% KI: 0,72–0,92, p = 0,001), aber die Rate der koronaren Revaskularisierungseingriffe war in beiden Gruppen ähnlich (HR: 1,03; 95%-KI: 0,87–1,21).
Bei RAPID-CTCA „hatte etwa die Hälfte der Patienten keine obstruktive Erkrankung. Das ist tatsächlich ein größerer Anteil, als ich bei einer Hochrisiko-Population mit akuten Brustschmerzen erwartet hätte“, sagte Blankstein.
„Und als Ergebnis ist es nicht überraschend, dass weniger Patienten im Katheterlabor landen, wenn man mit der CTCA beginnt. Ich denke, darin liegt auch ihr potenzieller Benefit. Wenn die richtigen Patienten ausgewählt werden, lässt sich eine invasive Angiografie vermeiden.“
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Diesen Artikel so zitieren: Akuter Brustschmerz: CT-Koronarangiografie zeigt in Studie bei Mittel- und Hochrisikopatienten keinen Benefit - Medscape - 7. Jan 2021.
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