Weder Methylphenidat noch Modafinil oder Amantadin bewirkten über 6 Wochen hinweg in einer rigorosen Studie mit Crossover-Design bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) und Fatigue mehr als ein Scheinmedikament. Das berichten Forscher um Dr. Bardia Nourbakhsh von der Johns Hopkins University School of Medicine in The Lancet Neurology[1].
Häufige Verordnung, geringe Evidenz
Neurologen verordnen Methylphenidat, Modafinil und Amantadin oft bei Patienten mit MS gegen Fatigue. Die Evidenz dafür sei allerdings gering und widersprüchlich, schreiben Nourbakhsh und Kollegen.
Es handelte sich um eine randomisierte, doppelblinde Studie im Cross-Over-Design. 141 Patienten mit MS und mit mehr als 33 Punkten auf der modifizierten Fatigue Impact-Skala (MFIS) wurden dabei an 2 US-amerikanischen Zentren behandelt. Sie erhielten für jeweils 6 Wochen in unterschiedlicher Reihenfolge mit jeweils 2-wöchigen Wash-Out-Perioden Amantadin (bis zu 100 mg 2-mal täglich), Modafinil (bis zu 100 mg 2-mal täglich), Methylphenidat (bis zu 10 mg 2-mal täglich) oder Placebo. Primäres Studienziel war der MFIS-Wert unter der höchsten tolerierten Dosis in Woche 5 jeder Medikationsperiode.
Enttäuschende Ergebnisse der Medikation
Die mittleren MFIS-Werte betrugen zu Studienbeginn: 51,3 (95%-Konfidenzintervall 49,0-53,6), unter Placebo: 40,6 (95%-KI 38,2-43,1), mit Amantadin: 41,3 (95%-KI 38,8-43,7), mit Modafinil: 39,0 (95%-KI 36,6-41,4) und mit Methylphenidat: 38,6 (95%-KI 36,2-41,0).
Effekte der gesamten Medikation versus Placebo hatten einen p-Wert von 0,20. Die Unterschiede waren statistisch nicht signifikant.
Nebenwirkungen berichteten unter Placebo von 31% der Patienten. Unter Amantadin waren es 39%, unter Modafinil und Methylphenidat jeweils 40%. Während der Studie traten 3 schwere Nebenwirkungen auf: 1 Lungenembolie und 1 Myokarditis (beide unter Amantadin), sowie 1 MS-Exazerbation unter Modafinil.
Verordnungen bei MS und Fatigue kritisch hinterfragen
Den Autoren zufolge handelt es sich um die bislang größte randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie mit Fatigue als primärem Studienziel bei MS. Das Studiendesign dürfte, wie es im Artikel heißt, zu belastbareren Resultaten führen als andere Untersuchungen. Die Einschlusskriterien waren breit gefasst, was dafür spricht, dass das Ergebnis verallgemeinert werden kann: Der Effekt der getesteten Substanzen ist nicht größer als der von Placebos; sie sollten nicht unkritisch eingesetzt werden.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .
Medscape Nachrichten © 2021 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Fatigue bei MS: Nicht besser als Placebo – so bewerten Forscher häufig verordnete Wirkstoffe - Medscape - 5. Jan 2021.
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