Im Jahr 2019 erreichten Syphilis-Infektionen mit 7.889 Fällen einen neuen Höchststand seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001, berichtet das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin Damit setzte sich der seit 2010 beobachtete Anstieg von Syphilis-Fällen in Deutschland weiter fort, heißt es im aktuellen Epidemiologischen Bulletin [1].
Ballungszentren vorrangig betroffen
Wie auch in den letzten Jahren beobachteten Epidemiologen bei der Syphilis-Inzidenz große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Die mit Abstand höchsten Fallzahlen wurden in Berlin (39,7 pro 100.000 Einwohner) und Hamburg (24,5) registriert. Leicht höher als im Bundesdurchschnitt war die Inzidenz in Nordrhein-Westfalen (11,4) mit dem Maximum in Köln (57,8). Mecklenburg-Vorpommern (4,3) und Brandenburg (4,1) meldeten dagegen die niedrigsten Inzidenzen.
Laut RKI kam es in Dresden (plus 90%), Bochum (plus 64%), Leipzig (plus 44%), Wiesbaden (plus 43%), Wuppertal (plus 41%), Lübeck (plus 38,6%), Köln (plus 35,4%) und Mannheim (plus 26,9%) zum stärksten Anstieg, verglichen mit dem Vorjahr.
16-mal mehr Männer als Frauen betroffen
Der Anstieg der Fallzahlen im Jahr 2019 sei fast ausschließlich auf Infektionen von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), zurückzuführen, teilt das RKI mit. So waren 86% der Patienten (5.304) MSM und nur 14,1% (870) Personen hatten die Infektion auf heterosexuellem Weg erworben. Darüber hinaus lagen dem RKI 3 Meldungen (0,05%) von konnataler Syphilis vor.
Während sich der Anteil infizierter Frauen im Jahr 2019 mit 5,8% auf dem gleichen Niveau wie in den Vorjahren bewegte, lag die Inzidenz bei Männern mit 18,1 Fällen pro 100.000 um das 16-Fache höher als bei Frauen.
Diagnosezeitpunkt bei MSM mit HIV-Koinfektion an frühesten
Bei MSM mit HIV-Koinfektion wurden laut RKI-Bericht 72,7% aller Syphilis-Diagnosen in den ersten 2 Monaten nach dem wahrscheinlichen Infektionszeitpunkt gestellt. Bei MSM ohne HIV-Koinfektion betrug dieser Anteil noch 67,3%. Bei heterosexuellen Männern betrug diese Rate 57,8%, und 43,3% bei Frauen.
Die auf einen neuen Höchststand gestiegene Anzahl von Syphilis-Infektionen in Deutschland unterstreiche die Notwendigkeit einer zeitigen Diagnose und Behandlung, um Infektionsketten möglichst früh zu unterbrechen und dadurch neue Infektionen zu verhindern, lautet das Fazit des RKI. Hierfür sollten alle verfügbaren Mechanismen genutzt werden. Das Institut nennt etwa zielgerichtete Präventionskampagnen, insbesondere für MSM und PrEP-Anwender sowie möglichst niedrigschwellige Test- und Behandlungsangebote inklusive eines sinnvollen Einsatzes von Tests mit Probennahme zu Hause.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .
Medscape Nachrichten © 2020
Diesen Artikel so zitieren: Rasanter Anstieg der Syphilis-Inzidenz vor allem in Ballungsräumen: Wie das RKI gegensteuern will - Medscape - 14. Dez 2020.
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