Finerenon bei Typ-2-Diabetes und CKD: Aldosteron-Antagonist senkt das Risiko von kardiovaskulären Ereignissen

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

24. November 2020

Dallas – Der Aldosteron-Antagonist Finerenon senkt das Risiko für kardiovaskulären Tod, Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz und Herzinfarkt bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) und Typ-2-Diabetes. Das zeigt eine Analyse der FIDELIO-DKD-Studie, die jetzt auf dem virtuellen Kongress der American Heart Session (AHA) auf einer Late-Breaking-Science-Session vorgestellt worden ist [1]. Die Arbeit erschien zeitgleich in Circulation [2].

„Diese neuen Ergebnisse bestätigen das Potenzial von Finerenon als mögliche neue Behandlungsoption bei Typ-2-Diabetikern mit unterschiedlichen Schweregraden der chronischen Nierenerkrankung – und zwar unabhängig davon, ob sie bereits eine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben oder nicht“, sagte Prof. Dr. Gerasimos Filippatos, Hauptautor der Studie und Kardiologe an der National and Kapodistrian University of Athens in Griechenland.

 
Diese neuen Ergebnisse bestätigen das Potenzial von Finerenon als mögliche neue Behandlungsoption bei Typ-2-Diabetikern mit unterschiedlichen Schweregraden der chronischen Nierenerkrankung. Prof. Dr. Gerasimos Filippatos
 

Die Hauptergebnisse von FIDELIO-DKD waren bereits Ende Oktober im New England Journal of Medicine publiziert worden. Wie Medscape berichtet hatte, reduzierte der Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist Finerenon das Risiko für den primären Endpunkt aus verschiedenen renalen Komplikationen (Nierenversagen, anhaltende Abnahme der glomerulären Filtrationsrate (GFR) von 40% oder mehr gegenüber dem Ausgangswert und Nierentod) um relativ 18% (HR 0,82; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,73-0,93). Kardiovaskuläre Komplikationen traten seltener auf (HR 0,86, p=0,03).

Neue Analyse vertieft die kardiovaskulären Ergebnisse

Die jetzt von Filippatos vorgestellte Analyse vertieft die kardiovaskulären Ergebnisse. Der wichtigste sekundäre kardiovaskuläre Endpunkt (eine Kombination von kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz) wurde mit Finerenon im Vergleich zu Placebo um relative 14% reduziert (HR 0,86, p=0,034).

Das galt sowohl für Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen als auch für Patienten ohne kardiovaskuläre Vorerkrankungen. FIDELIO-DKD war an 913 Standorten in 48 Ländern durchgeführt worden, um den neuen Wirkstoff bei Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes zu untersuchen.

Der Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist (MRA) Finerenon adressiert spezifisch die Überaktivierung des Rezeptors und zeigt eine höhere Aktivität im Herzen als andere MRA. Eine Überaktivierung trägt durch entzündliche und fibrotische Prozesse maßgeblich zu Nieren- und Herzschäden bei. Finerenon ist nicht-steroidal und vermeidet damit antiandrogene Wirkungen gegenwärtiger MRAs wie z.B. Spironolacton.

Aufgenommen wurden 5.674 Patienten mit moderater bis schwerer Albuminurie und einer GFR von 25 bis 60 ml/min/1,73 m2 Körperoberfläche. Nahezu alle Studienteilnehmer (99,8%) erhielten einen ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB).

Dann wurden alle Patienten entweder auf Finerenon einmal täglich (je nach Nierenfunktion 10 oder 20 mg) oder auf Placebo randomisiert. Im Schnitt waren die Patienten 66 Jahre alt, 70,2% der Probanden waren Männer. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,6 Jahre.

Zu Studienbeginn wiesen 45,9% der Teilnehmer eine kardiovaskuläre Vorgeschichte auf (KHK, ischämischer Schlaganfall oder periphere arterielle Verschlusskrankheit/pAVK), und 7,7% litten an Herzinsuffizienz. Die medianen Werte der Studienteilnehmer bei Blutzucker und systolischem Blutdruck lagen bei 7,7 ± 1,3% HbA1c und 138,0 ± 14,4 mmHg.

Ergebnisse

Ein Ereignis des kombinierten kardiovaskulären Endpunkts erlitten 13,0% der Patienten in der Finerenon-Gruppe und 14,8% in der Placebo-Gruppe (HR 0,86; 95% KI 0,75-0,99). Bei individueller Beurteilung zeigten 3 der 4 Komponenten des kardiovaskulären Endpunkts einen (nicht signifikanten) Vorteil für Finerenon:

  • kardiovaskulärer Tod (HR 0,86; 95% KI 0,68-1,08),

  • Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz (HR 0,86; 95% KI 0,68-1,08) und

  • nicht-tödlicher Myokardinfarkt (HR 0,80; 95% KI 0,58-1,09).

Bei der 4. Komponente allerdings – dem nicht-tödlichen Schlaganfall – zeigte sich kein Vorteil für Finerenon (HR 1,03; 95% KI 0,76-1,38).

Kardiovaskuläre Vorerkrankungen beeinflussten das kardiovaskuläre Ergebnis nicht

Dass ein beträchtlicher Teil der Patienten zu Studienbeginn kardiovaskuläre Vorerkrankungen aufwies, hatte keinen Einfluss auf das Ergebnis des kardiovaskulären Endpunktes. Die Hazard Ratios waren jeweils ähnlich: HR 0,85 (95% KI 0,71-1,02) zu HR 0,86 (95% KI 0,68-1,08).

 
Sowohl für die Primär-Prävention als auch für die Sekundärprävention von kardiovaskulären Ereignissen zeigt Finerenon einen Nutzen. Prof. Dr. Gerasimos Filippatos
 

Die Nebenwirkungen waren bei Finerenon und Placebo ähnlich, aber die Rate an Hyperkaliämien war in der Verumgruppe doppelt so hoch: 18,3% vs. 9,0%. Allerdings war eine Hyperkaliämie mit klinischen Konsequenzen, etwa dauerhaften Behandlungsabbrüchen oder Krankenhausaufenthalten, selten, und es gab keine Fälle, die tödlich endeten.

„Bei Patienten mit CKD und Typ-2-Diabetes reduziert Finerenon signifikant die Risiken kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität. Sowohl für die Primär-Prävention als auch für die Sekundärprävention von kardiovaskulären Ereignissen zeigt Finerenon einen Nutzen. Nebenwirkungen wie Hyperkalämien waren beherrschbar und resultierten in einem günstigen Risiko-Nutzen-Verhältnis für Finerenon“, bilanzierte Filippatos.

Gute Sicherheit gerade bei hohem kardiovaskulärem Risiko

Diskutant Prof. Dr. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie am Universitätsklinikum Würzburg, bezeichnete Finerenon als „gut verträgliche Intervention“ und die Daten als „robust“. Zwar sei ein Signal für mehr Hyperkalämien unter der Therapie erkennbar – 18/100 vs. 9/100 – doch sei die Zunahme der Hyperkaliämie unter Finerenon „beherrschbar“.

 
Wir sind in eine neue Ära wirksamer Behandlungen der diabetischen Nierenerkrankung eingetreten. Prof. Dr. Christoph Wanner
 

Bis heute sei eine Renin-Angiotensin-System (RAS)-Blockade wegen des steigenden Kaliumspiegels nur begrenzt möglich gewesen, erinnerte Wanner. Inzwischen aber habe man gelernt, „die anfälligsten Patienten, d.h. diejenigen mit eingeschränkter Nierenfunktion und hohem kardiovaskulärem Risiko, in große Studien mit klinischem Ergebnis aufzunehmen und nicht auszuschließen. Und wir sehen eine gute Sicherheit.“

Wanner wies daraufhin, dass neuere Therapien für diabetische Nierenerkrankungen wie die SGLT2-Hemmer und die neuartigen MRA in den letzten Jahren „den Schwerpunkt weg vom Glukose-Management hin zum Organschutz verlagert“ hätten. „Finerenon schützt die Niere und wirkt kardioprotektiv bei Typ-2-Diabetikern. Es ist eine Option, wenn SGLT2-Hmmer nicht bevorzugt oder in Kombination eingesetzt werden können. Wir sind in eine neue Ära wirksamer Behandlungen der diabetischen Nierenerkrankung eingetreten“, kommentierte Wanner.

Daten zu Kaliumspiegeln folgen

Zur beobachteten Zunahme der Hyperkalämien unter Finerenon sagte Dr. Deepak Bhatt vom Brigham and Women's Hospital in Boston, der nicht an der Studie beteiligt war: „Ich setze Spironolacton bei meinen Patienten ein; nachweislich nimmt darunter auch die Hyperkaliämie zu. Die Daten von FIDELIO-DKD legen nun nahe, dass Finerenon ein besseres Sicherheitsprofil aufweist. Ich halte Finerenon für sehr vielversprechend für eine ganze Reihen von Patienten.“

Auf Nachfragen bestätigte Filippatos, dass genauere Daten zur Entwicklung der Kaliumspiegel bald vorliegen werden: „In der FIDELIO-Studie haben wir keine Hochrisikogruppe gesehen. Doch aufgrund der Probleme, die wir in der Vergangenheit mit Spironolacton hatten, haben wir für FIDELIO ein spezifisches Follow-up für die Kalium-Überwachung erstellt, dieses Protokoll wird in Kürze veröffentlicht werden.“
 

Kommentar

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