GALACTIC-HF-Studie positiv: Kann die Myosin-Aktivierung zur weiteren Säule der Herzinsuffizienz-Therapie werden?

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

16. November 2020

DALLAS – Omecamtiv-Mecarbil, ein neuer, in der klinischen Entwicklung befindlicher Myosin-Aktivator, reduziert das Risiko von Herzinsuffizienz-bedingten Ereignissen und von kardiovaskulärem Tod signifikant um 8% im Vergleich zu Placebo bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Auswurffraktion (HFrEF). Die neue Substanz erweist sich zudem als gut verträglich.

Diese Ergebnisse der GALACTIC-HF-Studie hat Prof.Dr. John Teerlink, Universität von Kalifornien, San Francisco, bei einer Late-Breaking-Science-Sitzung bei den virtuellen Scientific Sessions 2020 der American Heart Association (AHA) vorgestellt [1] und parallel im New England Journal of Medicine publiziert [2]. Erste Ergebnisse waren bereits, wie berichtet, im Oktober öffentlich geworden.

 
Weitere Analysen der GALACTIF-HF werden Daten dazu liefern, bei welchen Subgruppen ein besserer Effekt erzielt werden kann. Prof. Dr. John Teerlink
 

„Weitere Analysen der GALACTIF-HF werden Daten dazu liefern, bei welchen Subgruppen ein besserer Effekt erzielt werden kann, wie z.B. bei Patienten mit niedrigerer Auswurffraktion, bei denen die verbesserte kardiale Funktion eine größere Bedeutung haben könnte,“ schlussfolgerte Teerlink. Für ihn ist es biologisch plausibel, dass eine Substanz, die die Myozytenfunktion verbessert, besonders gut bei Patienten mit reduzierter Auswurffraktion wirkt.

Diskutant Prof. Dr. Paul Heidenreich, Stanford University School of Medicine, Stanford, Kalifornien, wies darauf hin, dass in der Studie ein breiter Bereich von Patienten mit Herzinsuffizienz eingeschlossen worden war. Derzeit sei noch unklar, wie der neue Myosin-Aktivator in den aktuellen Algorithmus der Herzinsuffizienz-Therapie eingepasst werden könne.

 
Viele unserer Patienten können einen großen Teil der derzeitigen Medikamente nicht nehmen und würden von einer zusätzlichen Therapie profitieren. Prof. Dr. Paul Heidenreich
 

Mit ACE-Hemmern, Angiotensin-Rezeptorblockern/Neprilysin-Inhibitoren, Betablockern, Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten und seit kurzem SGLT2-Inhibitoren stehe die Therapie derzeit schon auf 4 Säulen. Angesichts der fehlenden Blutdrucksenkung könnte die neue Substanz jedoch in bestimmten Situationen eine Rolle spielen. „Viele unserer anderen Therapien senken den Blutdruck. Viele unserer Patienten können deshalb einen großen Teil der derzeitigen Medikamente nicht nehmen und würden von einer zusätzlichen Therapie profitieren“, so Heidenreich.

Wichtig sei auch, dass keine größeren Sicherheitsprobleme mit Omecamtiv Mecarbil festgestellt worden seien.

Neuer Therapieansatz bei Herzinsuffizienz

Omecamtiv-Mecarbil ist ein kardialer Myosin-Aktivator, der durch Verstärkung der Funktion der kardialen Sarkomere direkt auf die kontraktilen Mechanismen des Herzens wirkt. Der Wirkstoff verlängert die zyklusabhängige Interaktion von Myosin mit Aktin und verbessert so die kardiale Kontraktilität.

Im Unterschied zu anderen positiv inotrop wirkenden Substanzen verändert Omecamtiv-Mecarbil die intrazelluläre Kalziumkonzentration und den myokardialen Sauerstoffverbrauch nicht.

Design der GALACTIC-HF-Studie

In die von Amgen, Cytokinetics und Servier finanzierte, randomisierte Phase-3-Studie GALACTIC-HF (Global Approach to Lowering Adverse Cardiac Outcomes Through Improving Contractility in Heart Failure) wurden in 35 Ländern über 8.000 ambulante und hospitalisierte Patienten mit symptomatischer HFrEF (linksventrikuläre Auswurffraktion ≤ 35 %, NYHA-Klasse II-IV) und erhöhten natriuretischen Peptiden aufgenommen, die aktuell oder zuvor wegen Herzinsuffizienz stationär behandelt werden mussten oder innerhalb des letzten Jahre wegen Herzinsuffizienz in einer Notaufnahme waren. Alle Patienten wurden mit der derzeit üblichen Standardtherapie behandelt.

Die Patienten erhielten randomisiert entweder Omecamtiv-Mecarbil ( n = 4.120) oder Placebo (n = 4.112). Orientiert an den Blutspiegeln wurden die Patienten mit 25 mg, 37,5 mg oder 50 mg Omecamtiv-Mecarbil zweimal täglich über im Median 21,8 Monate behandelt. Die Studie war ereignisgesteuert.

Primärer Endpunkt war eine Kombination aus erstem Herzinsuffizienz-bedingten Ereignis oder kardiovaskulärem Tod.

Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Zeit bis zum kardiovaskulären Tod, Änderungen im Score des Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire (KCCQ), die Zeit bis zur ersten Hospitalisierung sowie die Zeit bis zum Tod jeder Ursache.

Moderate Senkung des primären Endpunkts, kaum Einfluss auf sekundäre Endpunkte

Nach den 21,8 Monaten war ein Ereignis des primären Endpunkts bei 1.523 von 4.120 Patienten (37,0%) in der Omecamtiv-Mecarbil-Gruppe und bei 1.607 von 4.112 Patienten (39,1%) in der Placebo-Gruppe aufgetreten. Dieser Unterschied entspricht einer relativen Risikoreduktion um 8% (Hazard-Ratio [HR] 0,92, p=0,025).

Der Effekt war in allen Subgruppen konsistent nachweisbar – mit Ausnahme einer Stratifizierung nach der linksventrikulären Auswurffraktion. Lag diese bei 28% oder niedriger, sank das Risiko für den primären Endpunkt sogar um 16%, lag sie über 28%, zeigte sich dagegen kein signifikanter Effekt.

Die Wirkung von Omecamtiv-Mecarbil wurde vorwiegend durch die Senkung der Herzinsuffizienz-bedingten Ereignisse hervorgerufen (HR 0,93, p=0,06). Die Rate an kardiovaskulären bedingten Todesfällen verminderte Omecamtiv-Mecarbil nicht (HR 1,01, p=0,86). Der Score des KCCQ war nach 24 Wochen durch den Myosin-Aktivator ebenfalls nicht signifikant verändert.

Die Wirkung von Omecamtiv-Mecarbil unterschied sich auch bei den weiteren sekundären Endpunkten wie erste Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (HR 0,95) sowie Tod jeder Ursache (HR 1,00) nicht von der Placebowirkung.

Systolischer Blutdruck, Herzfrequenz, Kaliumwerte im Blut oder Nierenparameter wurden durch den Myosin-Aktivator nicht verändert.

Schwere Nebenwirkungen traten bei 57,7% unter Omecamtiv-Mecarbil und bei 59,4% der Patienten unter Placebo auf. Wegen Nebenwirkungen brachen 9,0% der Patienten unter Verum und 9,3% unter Placebo die Therapie ab.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....