Der Aldosteron-Antagonist Finerenon hat sich in einer Phase-3-Studie bei Patienten mit diabetischer Nephropathie bewährt. Im Vergleich zu Placebo blieb die Nierenfunktion besser erhalten und es kam seltener zu kardiovaskulären Komplikationen. Dies geht aus einer Im New England Journal of Medicine veröffentlichten Studie hervor [1].
„Die Verringerung einer übermäßigen Aldosteron-Aktivität bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung scheint eine vielversprechende Strategie zu sein“, urteilen Dr. Julie R. Ingelfinger von der Universität Boston, USA, und ein Kollege im Editorial [2]. Bisher hätten sich nur wenige Substanzen als wirksam erwiesen – so verliefen Studien zu Bardoxolon, Aliskiren und Darbepoetin enttäuschend.
Finerenon bremst Entzündung und Fibrose in der Niere
Bei Patienten mit Nierenerkrankungen und Diabetes ist die Gefahr groß, dass sich die Nierenfunktion weiter verschlechtert und Herz-Kreislauf-Komplikationen auftreten. Internationale Richtlinien empfehlen eine umfangreiche Behandlung, wie Dr. George L. Bakris von der Universität Chicago, USA, und seine Kollegen erläutern.
Außer einer Blutdruck- und Blutzucker-Senkung umfasst sie einen Renin-Angiotensin-System(RAS)-Blocker, einen ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB) und neuerdings auch einen Hemmstoff der Natrium-Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2-Inhibitor).
Häufig geht die Nierenleistung trotzdem zurück, möglicherweise deshalb, weil der Aldosteron-Rezeptor überaktiviert ist und so Entzündung und Fibrose fördert. Diese Prozesse bremste Finerenon in präklinischen Modellen stärker als steroidale Pendants. Das nichtsteroidale Molekül wirkt dadurch, dass es selektiv den Mineralokortikoid-Rezeptor blockiert und somit dem Hormon Aldosteron im Wege steht. Schon in einer Phase-2b-Studie besserte es den Albumin-Kreatinin-Quotienten bei Patienten mit Diabetes und Nierenerkrankung effektiver als Placebo.
Schützt Finerenon die Nieren und zugleich Herz und Gefäße?
Kann Finerenon dann auch das Fortschreiten einer diabetischen Nephropathie verlangsamen und gleichzeitig die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität verringern? Diese Hypothese wollten Bakris und seine Mitarbeiter in der multizentrischen Phase-3-Studie FIDELIO-DKD (Finerenone in Reducing Nidney Failure and Disease Progression in Diabetic Nidney Disease) prüfen.
Die insgesamt 5.734 Teilnehmer gehörten theoretisch zu 2 Kategorien:
Sie hatten entweder eine Mikroalbuminurie mit einen Albumin-Kreatinin-Quotienten von 30 bis 300 mg/g, eine geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) von 25 bis 60 ml/min/1,73 m2 Körperoberfläche und eine diabetische Retinopathie.
Oder sie hatten eine ausgeprägte Makroalbuminurie mit einen Albumin-Kreatinin-Quotienten von 300 bis 5.000 mg/g und eine eGFR von 25 bis 75 ml/min/1,73 m2.
In einer ersten Phase wurden die Medikamente optimal eingestellt. Unter anderem erhielten alle Teilnehmer einen ACE-Hemmer oder ARB sowie einen RAS-Blocker, anschließend zusätzlich doppelblind im Verhältnis 1:1 randomisiert entweder Finerenon oder Placebo.
Finerenon schützt die Nieren
Der primäre Endpunkt bezog sich auf die Nieren, und zwar auf mehrere Kriterien: Nierenversagen, eine Abnahme der eGFR um mindestens 40% gegenüber dem Ausgangswert oder Tod als Folge von Nierenerkrankungen.
Während einer medianen Beobachtungszeit von 2,6 Jahren trat dies bei 18% der Patienten mit Finerenon und bei 21% mit Placebo auf (Hazard Ratio: 0,82; p = 0,001). Anders ausgedrückt: Pro 29 behandelter Patienten ließ sich ein solches Ereignis verhindern.
Der sekundäre Endpunkt bezog sich auf Herz und Gefäße und bestand ebenfalls aus einem Komplex: Tod aus kardiovaskulärer Ursache, Klinikaufnahme wegen Herzinsuffizienz, nicht tödlicher Myokardinfarkt oder Schlaganfall. Eines davon trat bei 13% der Teilnehmer mit Finerenon und bei 15% mit Placebo auf (R: 0,86; p = 0,03). Hier wurde pro 42 behandelter Patienten 1 Ereignis vermieden. Außerdem sank der Blutdruck im Mittel geringfügig ab.
Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten in beiden Kollektiven bei jeweils rund einem Drittel der Patienten auf, ebenfalls fast ein Drittel in jeder Gruppe brach die Studie ab. Allerdings kam ein Abbruch speziell wegen Hyperkaliämie mit Finerenon häufiger vor (2,3% zu 0,9%). Zudem war diese Behandlung mit einem etwas höheren Kaliumspiegel assoziiert.
Gewebeumbau könnte die Fibrose mildern
„Die Vorteile von Finerenon waren klinisch signifikant und wurden vor dem Hintergrund einer leitliniengesteuerten Therapie erzielt“, resümieren die Forscher. Obwohl die Patienten mehrere Erkrankungen und eine fortgeschrittene Niereninsuffizienz hatten, habe sich der Nutzen nach 12 Monaten für die nephrologischen Parameter gezeigt und bereits nach einem Monat für Herz-Kreislauf-Komplikationen – ein Vorsprung, der während der gesamten Studie bestehen blieb. Die Autoren spekulieren, dass dies durch einen Gewebeumbau ermöglicht wird.
Und sie kündigen an, dass eine bereits laufende Studie Einblick in den Effekt bei noch mäßiger diabetischer Nephropathie liefern werde: FIGARO-DKD (Finerenone in Reducing Cardiovascular Mortality and Morbidity in Diabetic Kidney Disease).
Blockade von Aldosteron ist ein wichtiges Therapieprinzip
Wie die Editorialisten erläutern, bewirkt das Mineralokortikoid Aldosteron durch Bindung an seinen Rezeptor Natriumretention und Kaliumverlust und kontrolliert so Blutdruck, Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt. Darüber hinaus werden über Transkription und Genexpression die Wasserresorption und entzündliche Zytokine stimuliert.
Medikamente, die das Hormon bei der Rezeptorbindung stören, werden seit Jahrzehnten besonders bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt. Doch die steroidalen Inhibitoren, etwa Spironolacton und Eplerenon, führen häufig zu Hyperkaliämie, Gynäkomastie, erektiler Dysfunktion, Dysmenorrhoe und Senkung der glomerulären Filtration. Das Dihydropyridin Finerenon dagegen erhöht ebenso wie Appararenon und Estaxerenon die Kaliumwerte nur geringfügig.
„Die Verwendung von Antagonisten gegen den Aldosteron-Rezeptor bei chronischen Nierenerkrankungen ist ein relativ neues Konzept, die Daten waren deshalb bisher wenig zuverlässig“, so die Kommentatoren.
Allerdings bremste der Wirkstoff das Fortschreiten der Niereninsuffizienz nicht so effektiv wie der SGLT2-Inhibitor Canagliflozin in der CREDENCE-Studie. Ingelfinger und ihr Kollege vermuten einen Grund in den Studienprotokollen: In FIDELIO-DKD waren SGLT2-Inhibitoren zugelassen, umgekehrt aber in CREDENCE Mineralokortikoid-Antagonisten ausgeschlossen.
Medscape Nachrichten © 2020 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Neuer Ansatz zum Nierenschutz bei Diabetes: Aldosteron-Antagonist erweist sich in Phase 3 als nephro- und kardioprotektiv - Medscape - 2. Nov 2020.
Kommentar