Arzt- und Psychotherapie-Praxen in Deutschland verlieren weiter an wirtschaftlicher Substanz. Vor allem Personal- und IT-Kosten machen den Niedergelassenen zu schaffen. Das zeigt ein Vorbericht zum diesjährigen Zi-Praxis-Panel (ZiPP), in dem das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) die wirtschaftliche Lage der Praxen zwischen 2015 und 2018 analysiert hat [1].
Demnach hat sich das Einnahmenwachstum in den 102.000 Arzt- und Psychotherapie-Praxen seit 2017 weiter verringert: Steigende Einnahmen werden durch Inflation und deutlich höhere Ausgaben für Personal und IT weiter aufgezehrt.
Die Jahresüberschüsse fielen je Praxisinhaber inflationsbereinigt 2017 um 0,1% und 2018 um 0,3% gegenüber dem jeweiligen Vorjahr. Im Gesamtzeitraum 2015 bis 2018 betrug die reale Verbesserung der Überschusssituation zwar 6,8%, erreicht wird sie aber ausschließlich durch den starken Anstieg des realen Jahresüberschusses in 2016 (+7,3% gegenüber dem Vorjahr). In den Jahren 2017 und 2018 fiel die reale Überschusssituation dagegen leicht negativ aus.
Die Gesamtaufwendungen je Praxisinhaber nahmen zwischen 2015 und 2018 um 12,8% zu. Dabei überschritt der Kostenanstieg deutlich die Entwicklung der Verbraucherpreise (Zunahme im gleichen Zeitraum 3,8%). Im Durchschnitt lag der Anstieg der Aufwendungen in den Praxen pro Jahr bei 4,1%.
Besonders stark fiel der Anstieg 2018 mit 4,6% gegenüber dem Vorjahr aus. Dabei machten die Personalkosten mit 15.100 Euro bzw. 20,3% je Praxisinhaber den stärksten absoluten Anstieg aller Ausgaben aus. Auf Rang 2 folgen die Aufwendungen für IT (Wartung und Instandhaltung) mit 1.200 Euro bzw. 28,2% Zuwachs.
Corona-bedingten Umsätzrückgänge noch nicht berücksichtigt
Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried erinnert daran, dass das Krisenjahr 2020 mit den Corona-bedingten Umsatzrückgängen aufgrund ausbleibender Patientenbesuche und den erheblichen Mehrkosten durch Schutz- und Hygieneregeln noch gar nicht berücksichtigt sei. „Umso mehr müssen wir im Blick behalten, dass die Verdienstmöglichkeiten in der eigenen Praxis mit hohem wirtschaftlichem Risiko mindestens genauso gut sein sollten wie in der sicheren Anstellung in anderen medizinischen Versorgungsbereichen“, kommentiert er die Ergebnisse.
Die Niederlassung müsse für jüngere Ärztinnen und Ärzte gegenüber anderen Beschäftigungsmöglichkeiten konkurrenzfähig bleiben. „Die Leistung der Praxen als notwendiger Schutzwall für eine Überforderung der Krankenhäuser während der Pandemie zeigt einmal mehr, dass es sich lohnt, in diese Versorgungsstruktur auch zu investieren. Dies muss sich in der Vergütung niederschlagen“, sagt er.
Weiter zugenommen haben die Einnahmen aus der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Der Anteil der GKV-Einnahmen an den Gesamteinnahmen stieg von 76,0% im Jahr 2016 auf 77,2% in 2018. Damit stiegen die Einnahmen aus kassenärztlicher Tätigkeit über den Beobachtungszeitraum überdurchschnittlich stark (+13,6%), die Zuwachsrate bei den Privateinnahmen lag mit 6,6% hingegen unter dem Durchschnitt.
Die Ergebnisse beruhen auf der Befragung des Jahres 2019 und beziehen sich auf die Berichtsjahre 2015 bis 2018. An der Erhebung 2019 nahmen 5.478 Praxen teil. In der hier beschriebenen Längsschnittanalyse wurden die Angaben von 4.419 Praxen berücksichtigt, die für alle 4 Jahre über vollständige Finanzangaben verfügen. Die abschließenden Ergebnisse werden im Rahmen des Jahresberichts 2019 veröffentlicht.
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Diesen Artikel so zitieren: Zi-Praxis-Panel: Personal- und IT-Kosten machen den Niedergelassenen zu schaffen - Medscape - 28. Okt 2020.
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