Schutz oder Schaden? Welche Effekte inhalative Kortikoide bei Asthma- und COPD-Patienten mit COVID-19 haben

Michael Simm

Interessenkonflikte

23. Oktober 2020

Scheinbar haben Asthma- oder COPD-Patienten mit COVID-19 ein erhöhtes Mortalitätsrisiko, wenn sie zuvor inhalative Kortikoide erhalten haben. Das berichten Forscher um Dr. Anna Schultze von der London School of Hygiene & Tropical Medicine, London, in The Lancet Respiratory Medicine  [1]. Basis waren Daten von fast einer Million Erkrankten. Bei näherer Betrachtung ließ sich diese negative Assoziation jedoch durch unterschiedlich schwere Grunderkrankungen erklären.

Beeinflussen Kortikosteroide COVID-19 bei Asthma oder COPD?

Der Hintergrund: Zu Beginn der COVID-19-Pandemie wurden verhältnismäßig wenige Patienten mit Asthma oder chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) hospitalisiert. Dies hat zu Spekulationen geführt, dass möglicherweise die Inhalation von Kortikosteroiden vor der Infektion schützen oder das Risiko möglicher Komplikationen verringern könnte.

In dieser Beobachtungsstudie wurden Assoziationen zwischen der Einnahme inhalativer Kortikosteroide (IK) und der Mortalität aufgrund von COVID-19 bei Menschen mit COPD (n=148.557) oder Asthma (n=818.490) in England anhand elektronischer Gesundheitsdaten überprüft. Die Studienteilnehmer hatten die IK oder alternative Medikamente gegen die Atemwegserkrankung in den 4 Monaten vor dem Indexdatum des 1. März 2020 eingenommen und waren mindestens 35 Jahre (COPD) oder 18 Jahre (Asthma) alt.

Zu den Ergebnissen: COPD-Patienten unter IK hatten eine höhere Rate an COPD-assoziierten Todesfällen als solche mit einer Kombination aus langwirkenden Beta-Agonisten und Muskarin-Rezeptorantagonisten (LABA-LAMA). Das adjustierte Chancenverhältnis (HR) betrug 1,39 bei einem 5%-Konfidenzintervall von 1,10-1,76.

Bei Asthma-Patienten, die hochdosierte IK bekommen hatten, war das Mortalitätsrisiko gegenüber jenen, die ausschließlich kurzwirksame Beta-Agonisten erhalten hatten, ebenfalls erhöht (HR 1,55; 95%-KI 0,85-1,54).

Sensitivitätsanalysen ergaben jedoch, dass die Assoziation zwischen der Einnahme von IK und dem Sterberisiko durch kleinere Unterschiede beim Gesundheitszustand von Patienten mit und ohne IK-Gebrauch erklärt werden konnte.

Die Standardtherapie auch bei COVID-19 nicht ändern

Die Interpretation der Autoren: Es spreche nichts dafür, dass der regelmäßige Gebrauch von IK bei Patienten mit Asthma oder COPD im Falle einer COVID-19-Erkrankung das Todesrisiko reduziere. Die beobachtete scheinbare Erhöhung des Risikos könne durch nicht gemessene, verzerrende Faktoren im Zusammenhang mit der Schwere der Krankheit plausibel erklärt werden. Es gebe demnach keinen Grund für den entsprechenden Patientenkreis, seine Medikation aufgrund der Pandemie zu verändern.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
 

Kommentar

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