Phase-2-Daten für das einmal wöchentlich zu verabreichende Basalinsulin-Analogon Icodec (Novo Nordisk) zeigen eine vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit wie das einmal täglich zu verabreichende Insulin glargin U100 (Lantus®). Die Studienergebnisse dazu sind jetzt kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht worden [1].
„Insulin Icodec könnte die Akzeptanz potenziell verbessern und würde wahrscheinlich die Behandlung von Patienten mit Typ-2-Diabetes, die Basalinsulin brauchen, erleichtern. Ich denke, es wird die Art und Weise verändern, wie wir Menschen mit insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes behandeln“, sagte der leitende Autor der Studie, Dr. Julio Rosenstock vom Southwestern Medical Center der University of Texas in Dallas, der die Daten auch beim virtuellen Kongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) präsentierte [2].
Icodec bindet an Albumin und bildet ein im Blut zirkulierendes Depot mit einer Halbwertszeit von 196 Stunden (8,1 Tage), so dass die einmal wöchentliche Injektion den Basalinsulin-Bedarf einer Person für eine ganze Woche bei gleichmäßiger Insulinfreisetzung zu decken vermag. Aufgrund der konzentrierten Rezeptur entspricht das Injektionsvolumen dem von täglich verabreichtem Insulin glargin U100.
In der randomisierten Phase-2-Studie über 26 Wochen, an der 247 insulinpflichtige Patienten mit Typ-2-Diabetes teilnahmen, ähnelten sich die Profile des wöchentlich verabreichten Icodec und dem einmal täglich verabreichten Insulins glargin U100 sowohl in der Glukosesenkung als auch im Sicherheitsprofil. Die Ergebnisse dazu sind von Rosenstock bereits im Juni auf der virtuellen Konferenz der American Diabetes Association (ADA) vorgestellt worden, wie Medscape berichtet hatte.
Darüber hinaus zeigten neue Daten in einem Posterbeitrag, dass der Wechsel von anderen Basalinsulinen zu Icodec funktioniert, ohne dass es vermehrt zu Hypoglykämien kommt, wie Dr. Harpreet Bajaj, Direktor des Leadership Sinai Centre for Diabetes, Mount Sinai Hospital, Toronto, Kanada, berichtete.
Um einen Kommentar gebeten, sagte Dr. Charles M. Alexander, Endokrinologe und Geschäftsführer von Alexander Associates, Gwynedd Valley, Pennsylvania, gegenüber Medscape: „Einige Patienten werden einmal wöchentlich Basalinsulin als interessante Option empfinden, während andere Patienten seiner Verfügbarkeit wohl eher gleichgültig gegenüberstehen werden.“
Alexander wies auch darauf hin, dass „die Krankenversicherungen nicht sehr daran interessiert sein dürften, für ein einmal wöchentlich verabreichtes Basalinsulin höhere Preise zu zahlen, wenn seit vielen Jahren tägliche Basalinsuline zur Verfügung stehen – es sei denn, die Kosten sind ähnlich hoch oder geringer. Eine in ihren Ressourcen beschränkte Gesundheitsversorgung wird damit warten, bis der Preis [ähnlich] ist.“
Die Phase-2-Studie: Einmal wöchentlich wirkt genauso gut wie täglich
In der randomisierten, doppelblinden Treat-to-target-Phase-2-Studie wiesen die Patienten zu Studienbeginn trotz Metformin-Einnahme bzw. Metformin plus DPP-4-Hemmer einen HbA1c-Ausgangswert über 7,0% (bis 9,5%) auf.
Sie wurden randomisiert auf einmal wöchentlich Insulin Icodec plus täglich Placebo (n=125) oder täglich Insulin glargin U100 plus wöchentlich Placebo (n=122). Der primäre Endpunkt, die Veränderung des HbA1c vom Ausgangswert bis zur 26. Woche, fiel um 1,33% mit Icodec und um 1,15% mit Glargin auf 6,7% bzw. 6,9%. Der Unterschied war nicht signifikant (p=0,08). Die Nüchtern-Plasmaglukosespiegel sanken um 58 mg/dL mit Icodec und 54 mg/dL mit Glargin (p=0,34).
Die Zeit im Zielbereich (70 bis 140 mg/dl oder 3,9 bis 7,8 mmol/l), die über kontinuierliche Glukose-Messung (FreeStyle Libre Pro) ermittelt wurde, war bei Icodec um 5,4% höher; das entspricht einer zusätzlichen Zeitspanne von 78 Minuten pro Tag.
Eine leichte Hypoglykämie trat unter Icodec zwar häufiger auf als unter Glargin (509 vs. 211 Ereignisse pro 100 Patientenjahre), aber die Rate an klinisch signifikanten moderaten Hypoglykämien (52,5 vs. 46 pro 100 Patientenjahre) und schweren Hypoglykämien (1,4 vs. 0 pro 100 Patientenjahre) unterschieden sich nicht signifikant (p=0,85). Auch war die Dauer der Hypoglykämien unter Icodec im Vergleich zu Glargin nicht länger, trotz dessen längerer Wirkdauer, betonte Rosenstock. Die Raten anderer unerwünschter Ereignisse waren zwischen den Gruppen ähnlich.
Die Autoren stellen fest, dass die Verwendung eines einmal wöchentlich verabreichten Basalinsulins die Zahl der jährlichen Insulininjektionen von 365 auf nur 52 reduzieren könne.
Neue Daten: Der Wechsel zu Icodec ist effektiv und sicher
Die neuen Daten zum Wechsel stammten aus einer offenen Phase-2-Studie über 16 Wochen mit 154 Typ-2-Diabetikern mit unzureichender Blutzuckerkontrolle (Mittelwert HbA1c: 7,9%) bei gleichzeitiger Einnahme von oralen Medikamenten und Basalinsulin. Die Patienten wurden randomisiert und erhielten einmal wöchentlich Insulin Icodec mit oder ohne Initialdosis oder einmal täglich Insulin glargin U100. Die Insulindosen wurden wöchentlich auf der Grundlage des Blutzuckerspiegels titriert, der durch kontinuierliches Glukose-Monitoring (Dexcom G6) gemessen wurde.
Der primäre Endpunkt, Zeit im Zielbereich (70 bis180 mg/dl oder 3,9 bis 10,0 mmol/l) während der Wochen 15 bis 16, war für Icodec plus Initialdosis signifikant besser als für Glargin U100 (72,9 vs. 65,0%, p=0,01) und ähnlich zwischen Icodec und Glargin U100 (66,0 vs. 65,0%, p=0,75). Die geschätzten mittleren Reduktionen beim HbA1c betrugen 0,77%punkte für Icodec plus Initialdosis, 0,47%punkte für Icodec ohne Initialdosis und 0,54%punkte für Glargin U100.
Die Raten an moderaten bis bis schweren Hypoglykämien waren zwischen Icodec plus Initialdosis und Glargin U100 ähnlich (78,0 bzw. 79,4 Ereignisse pro 100 Patientenjahre) und niedriger für Icodec ohne Initialdosis (14,8/100 Patientenjahre). Es gab keine unerwarteten Sicherheitshinweise.
Die Phase-3-Erprobung von Novo Nordisk für Icodec soll Ende November beginnen. Das Unternehmen entwickelt auch eine Ko-Rezeptur von Icodec mit dem GLP-1-Rezeptor-Agonisten Semaglutid, die sich derzeit in Phase 1 befindet.
Auch das Unternehmen Eli Lilly entwickelt ein einmal wöchentlich zu verabreichendes basales Analogon, LY3209590, das derzeit in Phase 2 getestet wird.
Dieser Artikel wurde von Ute Eppinger aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
Medscape Nachrichten © 2020
Diesen Artikel so zitieren: Neue Daten zu einmal wöchentlichem Basalinsulin: Es könnte die Diabetestherapie verändern - Medscape - 16. Okt 2020.
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