MEINUNG

Entscheidung durch ALPHEUS-Studie? Ticagrelor zeigt keinen Vorteil nach PCI bei Patienten mit stabiler KHK
 

PD Dr. Nikolaus Sarafoff

Interessenkonflikte

23. November 2020

Was ist besser – Ticagrelor oder Clopidogrel bei Patienten mit stabiler KHK nach elektiver PCI? PD Dr. Nikolaus Sarafoff diskutiert die Ergebnisse der großen ALPHEUS-Studie.

Transkript des Videos:

Mein Name ist Nikolaus Sarafoff und ich bin Kardiologie in München.

Ich möchte heute die ALPHEUS-Studie vorstellen, die gerade beim virtuellen AHA als „late breaking clinical trial“ präsentiert und zeitgleich im Lancet publiziert wurde.

Eine Koronarstent-Implantation wird häufig routinemäßig bei Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung durchgeführt. Die Rate an schwerwiegenden periprozeduralen Komplikationen ist in den letzten Jahren sehr gesunken.

Durch sehr sensitive Troponin-Tests zeigt sich jedoch häufig eine periprozedurale Nekrose des Herzmuskels. Obwohl diese häufig asymptomatisch ist, kann dies zu einer längeren Hospitalisierung führen und wurde mit einer erhöhten Rate kardiovaskulärer Ereignisse inklusive erhöhter Mortalität in Verbindung gebracht.

Eine Verlegung eines Seitastes mit langsamen Koronarfluss und darauffolgender Embolisation ist eine mögliche Ursache der Nekrose. Sie kann eventuell durch eine stärkere und intensivere antithrombotische Therapie reduziert werden.

Studien-Design

In der ALPHEUS-Studie wurden 1.910 Patienten mit stabiler KHK und zusätzlichen kardialen Risikofaktoren vor durchgeführter Koronarstent-Implantation in 2 Gruppen randomisiert.

  • Gruppe 1 erhielt 180 mg Ticagrelor und dann 2 x 90 mg Ticagrelor für 30 Tage.

  • Gruppe 2 erhielt ein Loading mit 300-600 mg Clopidogrel und anschließend 75 mg Clopidogrel für 30 Tage.

Die Patienten waren im Mittel 66 Jahre alt. 36% hatten Typ-2-Diabetes und 37% hatten bereits eine vorherige Stentimplantation. 42% hatten bereits bei der Aufnahme Clopidogrel erhalten. 95% wurden über den radialen bzw. ulnaren Zugangsweg kathetert. Die mediane Zeit vom Loading bis zur PCI betrug ca. 1,7 h.

Bei einer Untergruppe von 167 Patienten wurde die Thrombozyten-Aggregationshemmung mittels dem VASP Assay gemessen. Es zeigte sicwww.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCINTERVENTIONS.119.008649h sowohl 4 Stunden nach dem Loading als auch am nächsten Morgen eine signifikant niedrigere Plättchen-Reaktivität mit Ticagrelor – im Vergleich zu Clopidogrel.

Die Studie fand keinen Unterscheid beim kombinierten, primären klinischen Endpunkt – bestehend aus Myokardinfarkt und myokardialer Verletzung nach 48h. Die Rate an Stent-Thrombosen, Tod oder Schlaganfall war niedrig und nicht unterschiedlich zwischen beiden Gruppen nach 48 h und nach 30 Tagen.

Es zeigte sich ebenso kein Unterschied bei den großen BARC Typ 3-5 Blutungen. Nach 30 Tagen fanden sich signifikant mehr kleine BARC Typ 1 oder 2 Blutungen in der Ticagrelor-Gruppe.

Ebenso klagten die mit Ticagrelor behandelten Patienten im Vergleich zu jenen, die Clopidogrel erhielten, in 11% vs. 0,5% der Fälle über Luftnot. Ticagrelor führte insgesamt häufiger zum Absetzen der Studienmedikation.

Kritischer Blick auf die Studie

Limitation der Studie war das Open-Label-Design. Zudem wurden unterschiedliche Troponin-Assays verwendet. Allerdings reflektiert das auch ein Real-World-Szenario.

Fast die Hälfte der Patienten hatten bereits eine Clopidogrel-Medikation bei der Aufnahme in die Studie. Und es ist möglich, dass dies das Ergebnis beeinflusst hat. In der Subgruppen-Analyse von Clopidogrel-naiven Patienten zeigte sich jedoch weiterhin kein Unterschied zwischen beiden Gruppen.

In einer gepoolten Analyse mit dem deutschen SASSICAIA-Trial, in dem in einer ähnlichen Studie Prasugrel mit Clopidogrel verglichen wurde, zeigte sich. dass das Ergebnis konsistent ist.

Fazit

Die ALPHEUS-Studie veranschaulicht, dass es keinen Unterschied beim Auftreten einer periprozeduralen myokardialen Nekrose zwischen Ticagrelor und Clopidogrel bei Patienten mit stabiler KHK und elektiver PCI gab.

Nach 30 Tagen konnten mehr kleine Blutungen mit Ticagrelor beobachtet werden. Daher sollte bei diesen Patienten weiterhin routinemäßig Clopidogrel mit Aspirin verwendet werden.

Mein Name ist Nikolaus Sarafoff aus München und ich freue mich, sie bald wieder hier bei Medscape begrüßen zu dürfen.
 

Kommentar

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