MEINUNG

Frisch vom Kongress: 5 Corona-News zum Ansteckungsrisiko im Haushalt und Krankenhaus, zu hoher Viruslast und Therapie

PD Dr. Martin Hartmann

Interessenkonflikte

9. November 2020

Entwarnung im Krankenhaus, Vorsicht im Haushalt: Vom US-Infektiologen-Kongress, der ID-Week Ende Oktober, berichtet PD Dr. Martin Hartmann über die wichtigsten Studien zu COVID-19.

Transkript des Videos von PD Dr. Martin Hartmann, Heidelberg:

Schönen guten Tag,

hier ist Martin Hartmann aus dem Klinikum Heidelberg.

Es geht heute um die SARS-CoV2-Infektion. Ich möchte dazu von der ID-Week 2020, einem der wichtigsten Infektiologen-Kongresse, berichten. Er sollte eigentlich in Philadelphia stattfinden und ist nun vom 21. bis 25. Oktober 2020 virtuell abgehalten worden.

Schon im Vorfeld gab es über 24 Stunden Vorträge zur SARS-CoV2-Infektion und zu COVID-19. Eröffnet wurden sie von Prof. Dr. Anthony Fauci, Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases, Bethesda, Maryland. Er hat einen sehr sehenswerten Überblick über die momentane Situation in den USA gegeben. Vieles davon lässt sich auch auf Deutschland übertragen.

Aus den folgenden Einzelthemen möchte ich einzelne Beiträge herauspicken, die vielleicht auch für Sie interessant sind.

1. Ansteckungsrisiko im Haushalt

PD Dr. Carlos. G. Grijalva, Vanderbilt University Medical Center, Nashville, untersuchte das Ansteckungsrisiko in einem Haushalt, wenn einer der Bewohner positiv ist [2]. Es konnte zeigen, dass es wenige Prädiktoren gibt, wann das Ansteckungsrisiko im Haushalt erhöht ist. Im Durchschnitt steckt sich jedes 2. Haushaltsmitglied durch einen Mitbewohner mit SARS-CoV2 an.

2. Ansteckungsrisiko in Kliniken: 5% der Mitarbeiter infiziert

Sucht man in einem Krankenhaus aktiv bei den Mitarbeitern nach einer SARS-CoV2-Infektion, dann wird man häufiger fündig, als wenn man nur symptomatische Personen oder oligosymptomatische Personen, z. B. mit Fieber oder Husten, anschaut [3]. Dr. Rupak Datta, Yale School of Medicine, New Haven, hatte Schwestern und Ärzte untersucht und fand bei ca. 5% eine Corona-Infektion. Die Hälfte davon war asymptomatisch. Es kam auch zu Serokonversionen, ohne dass die PCR positiv wurde.

Immer wieder wird von nosokomialen Infekten berichtet. PD Dr. Chanu Rhee, Harvard Medical School, Boston, schaute sich in einem großen Krankenhaus an, woher die Infektionen der Patienten kamen, die in der Klinik Corona-positiv geworden waren [4]. Er konnte nachweisen, dass die Infektionsquelle in praktisch allen Fällen außerhalb des Krankenhauses lag.

3. Viruslast unbedeutend für Verlauf von COVID-19

PD Dr. Roby P. Bhattacharyya, Harvard Medical School, Boston, untersuchte die Höhe der Viruslast bei nasalen Abstrichen in Bezug auf die Symptome. Aufschluss über die Virusmenge in der Ausgangsprobe liefert der mit dem so genannten Cyclic Threshold Value [5]. (Anm. d. Red.: Dieser Ct-Wert beschreibt bei einer RT-PCR den Teil der Kurve, in dem die Fluoreszenz erstmals exponentiell über den Hintergrund- bzw. Schwellenwert (auf der senkrechten Diagrammachse) ansteigt.) Je kürzer dieser Zeitraum ist, umso schneller wird dieser Schwellenwert (Ct-Wert) erreicht und desto höher ist die Virusausgangslast.

Ergebnis: Die Höhe der Virusausgangslast hatte keine Bedeutung für die Entwicklung eines schweren Infektionsverlaufs. Sie war also unabhängig von einem symptomatischen oder asymptomatischen Verlauf.

Interessant ist auch, dass nur 9% der Patienten für 90% der Viruslast in der Population dieser Studie verantwortlich sind. Es gibt also einen kleinen Anteil von Patienten, die eine sehr hohe Virusausgangslast haben und damit besonders ansteckend sind. Von ihnen ist allerdings etwa die Hälfte asymptomatisch.

4. Kein Durchbruch bei Therapie

Aus dem Bereich der Therapie habe ich 2 Beiträge ausgewählt:

PD Dr. Ruanne V. Barnabas, University of Washington, Seattle, berichtete über den Einsatz von Hydroxychloroquin zur Post-Expositionsprophylaxe [6]. Sie konnte zeigen, dass eine Einnahme von Hydroxychloroquin zum Schutz vor Infektion nach Kontakt mit SARS-Co-V2-Infizierten keinen Einfluss auf den Verlauf der möglichen Infektion hat.

PD Dr. Francisco M. Marty, Brigham and Women's Hospital, Boston, untersuchte in einer großen internationalen Studie den Einsatz von Remdesivir versus Standard of Care bei Patienten mit mittelschwerer COVID-19 [7]. Der Einsatz von Remdesivir führte im Vergleich zu Standard of Care zu einem verkürzten Krankenhausaufenthalt.

5. Fortschritte bei der Impfung

Es gab zahlreiche Impfstoff-Beiträge. Die mRNA-Impfstoffe von Moderna und BioNtech/Pfizer sind momentan am Weitesten entwickelt. Mit dem Moderna-Impfstoff sind bereits 30.000 Personen geimpft worden, mit dem BioNtech/Pfizer-Impfstoff bereits 32.000 Personen. Man kann hoffen, dass dieses Jahr noch die ersten Ergebnisse vorliegen.

Das war es von der ID-Week.


 

Kommentar

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