Fahrrad fahren und mehr Bewegung sind bei Typ-2-Diabetikern mit einem um ein Drittel geringerem Sterberisiko verbunden

Sara Freeman

Interessenkonflikte

6. Oktober 2020

Patienten mit Typ-2-Diabetes könnten ihr Risiko, frühzeitig zu sterben, um bis zu ein Drittel senken, wenn sie sich mäßig bis stark körperlich betätigen oder Fahrrad fahren. Das zeigen die Daten aus 2 Studien, über die auf der virtuellen Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) berichtet wurde [1].

Dr. Yun-Ju Lai und Kollegen vom Taichung Veterans General Hospital in Nantou, Taiwan, stellten in ihrer Studie fest, dass Personen mit Typ-2-Diabetes, die sich bei mäßiger bis hoher Intensität bewegten, ein um 25 bis 32% verringertes Sterberisiko hatten – verglichen mit denjenigen, die sich nicht bewegten.

In einer anderen Studie fanden Dr. Mathias Ried-Larsen vom Centre for Physical Activity Research des Rigshospitalet in Kopenhagen und seine Kollegen heraus, dass Radfahren mit einem um 25 bis 31% verringerten Sterberisiko für alle Todesursachen im Vergleich zum Nichtradeln verbunden war, und dass Radfahren auch die kardiovaskuläre Mortalität reduzierte.

Ergebnisse stimmen mit den ADA-Empfehlungen überein

„Diese Ergebnisse sind nicht wirklich überraschend, weil schon andere gezeigt haben, dass die regelmäßige Teilnahme an körperlicher Aktivität sowohl die allgemeine Sterblichkeitsrate als auch die Morbidität senkt“, kommentierte Dr. Sheri Colberg-Ochs, emeritierte Professorin für Sportwissenschaften an der Old Dominion University in Norfolk, Virginia, in einem Interview.

„Die regelmäßige Teilnahme an sportlicher Betätigung senkt das Sterblichkeitsrisiko in fast allen Bevölkerungsgruppen bei verschiedenen Erkrankungen. Das ist nicht spezifisch für Menschen mit Typ-2-Diabetes“, sagte Colberg-Ochs. „Diese Daten stützen die Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA), indem sie erneut darauf hinweisen, dass mehr Bewegung zu vielen gesundheitlichen Vorteilen für Menschen mit Typ-2-Diabetes führt“, sagte sie.

 
Die regelmäßige Teilnahme an sportlicher Betätigung senkt das Sterblichkeitsrisiko in fast allen Bevölkerungsgruppen bei verschiedenen Erkrankungen. Dr. Sheri Colberg-Ochs
 

Colberg-Ochs, die an keiner der beiden Studien beteiligt war, wird von der ADA als herausragende Expertin für Sporttherapie bei Diabetes anerkannt. Sie war auch an der Erstellung des Positionspapiers der ADA zu körperlicher Aktivität bei Diabetes beteiligt. Dort spricht sie sich dafür aus, dass Erwachsene mit Typ-2-Diabetes die im Sitzen verbrachte Zeit verringern und sowohl Ausdauer- als auch Krafttraining machen sollten, um ihre Blutzuckerwerte und ihre allgemeine Gesundheit zu verbessern.

Asiatische Bevölkerung bisher unterrepräsentiert

In einem Interview räumte Studienleiter Lai ein, dass auch epidemiologische Studien bereits gezeigt haben, dass körperliche Betätigung das Risiko von kardiovaskulären Ereignissen und die Sterblichkeit bei Personen mit Typ-2-Diabetes senkt. „Allerdings war die Dosis der körperlichen Betätigung, die zur Senkung des Sterblichkeitsrisikos bei Typ-2-Diabetikern notwendig ist, noch nicht gut untersucht, insbesondere in der asiatischen Bevölkerung.“

Lai und Kollegen hatten die Daten von 4.859 Probanden aus 2 taiwanesischen Datenbanken – der National Health Interview Survey und der Forschungsdatenbank der National Health Insurance – analysiert, um zu untersuchen, wie sich körperliche Aktivität auf das Sterberisiko von Menschen mit Typ-2-Diabetes auswirkt.

„Informationen über die körperliche Aktivität in der Freizeit wurden per Fragebogen gesammelt: Wie oft machen Sie jede Woche Sport? Welche Art von Sport treiben Sie? Wie lange treiben Sie Sport?“, sagte Lai. „Wir haben fast alle Arten von Bewegung in die Analyse einbezogen, z.B. Joggen, Schwimmen, Walken, Tanzen, Reiten und so weiter.“

Jeder Art von Bewegung wurde eine Aktivitätsintensität zugeordnet, definiert über die verbrauchten Kilokalorien pro Minute. Um die ‚Leistungsfähigkeit‘ zu bestimmen, wurde die Aktivitätsintensität dann mit der Häufigkeit und Dauer der durchgeführten Aktivität pro Woche multipliziert.

„Ich glaube nicht, dass ‚Leistungsfähigkeit‘ hier das richtige Wort dafür ist. Die von den Autoren verwendete Gleichung beschreibt das Übungsvolumen, nicht die Leistungsfähigkeit (der Probanden). Selbstberichte zum Sport sind zudem notorisch ungenau“, merkte Colberg-Ochs dazu an. Darüber hinaus „führt allein die Frage, wie viel und mit welcher Intensität sie trainieren – ohne die Verwendung eines validierten Fragebogens – zu fragwürdigen Ergebnissen.“

Die Ergebnisse der Studie waren jedoch eindeutig: Diejenigen, die auf einem höheren Niveau trainierten, hatten ein signifikant geringeres Risiko für frühzeitigen Tod als diejenigen, die nicht trainierten.

Die Hazard Ratio (HR) für Tod jeglicher Ursache betrug 0,75 für diejenigen, die sich mäßig körperlich betätigten und zwischen 0 bis 800 kcal pro Woche zusätzlich durch den Sport verbrannten. Wer sich intensiver bewegte und mehr als 800 kcal verbrannte, wies eine HR von 0,68 auf. Es wurde ein signifikanter Trend (p<0,01) zugunsten von mehr Bewegung festgestellt.

Radfahren reduziert die Gesamt- und die kardiovaskuläre Mortalität

In ihrer prospektiven Kohortenstudie untersuchten Ried-Larsen und Mitarbeiter die Auswirkungen von Bewegung auf die Sterblichkeit bei Diabetes-Patienten anhand einer einzigen sportlichen Betätigung – Radfahren.

Sie sammelten Daten von mehr als 5.000 Personen im Rahmen der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition-Studie (EPIC-Studie). Zunächst identifizierten sie Teilnehmer mit Diabetes – auch wenn sie nicht immer eindeutig zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes unterscheiden konnten, denn die Angaben basierten auf Selbstauskünften oder stammten aus Registern.

Dann identifizierten sie diejenigen, die zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung bereits Fahrrad fuhren, und diejenigen, die etwa 5 Jahre später bei der zweiten Untersuchung berichteten, dass sie ihre Radfahr-Gewohnheiten geändert hatten.

Zu Beginn der Studie gaben 38% der Teilnehmer an, dass sie jede Woche mit dem Fahrrad fahren. Das Durchschnittsalter lag bei 56 Jahren, die Probanden litten im Schnitt seit 8 Jahren an Diabetes, ein Fünftel war Raucher, und der durchschnittliche Body-Mass-Index betrug 29 kg/m2.

Teilnehmer, die angaben, zu Beginn der Studie bis zu eine Stunde pro Woche mit dem Fahrrad gefahren zu sein, wiesen eine um 25% geringere Gesamtmortalität auf, verglichen mit denjenigen, die nicht mit dem Fahrrad gefahren waren.

Die stärkste Reduktion (31%) der Gesamtmortalität zeigte sich, wenn pro Woche zwischen 2,5 und 5 Stunden Rad gefahren wurde. Fuhren die Probanden zwischen 1 und 2,5 Stunden und mehr als 5 Stunden Rad pro Woche, führte das zu einer Risikoreduktion von 23% bzw. 24%.

 
Radfahren gehört zu den bevorzugten Aktivitäten von Diabetes-Patienten, so dass es ihnen tatsächlich helfen kann, das empfohlene Maß an körperlicher Aktivität zu erreichen. Dr. Mathias Ried-Larsen
 

Zwischen der Dauer des Radfahrens und der Verringerung der Gesamtmortalität zeigte sich das Verhältnis einer umgekehrten J-Kurve, merkte Ried-Larsen während einer mündlichen Live-Sitzung bei der virtuellen Jahrestagung an. „Der maximale Nutzen lag bei etwa 5 Stunden pro Woche, und ein solcher Nutzen hielt bis zu einer Radfahrzeit von etwa 9 Stunden pro Woche an.“ Wurde die Prävalenz von Schlaganfall, Myokardinfarkt, Krebs, Hyperlipidämie, Hypertonie und Adipositas miteinbezogen, änderte das nichts an den Ergebnissen.

„Die Verbindung war bei der kardiovaskulären Mortalität die gleiche wie bei der Gesamtmortalität, wenn auch etwas schwächer ausgeprägt, wobei der maximale Nutzen bei etwa 4 Stunden pro Woche lag, und das hielt bis zu etwa 8 Stunden pro Woche an“, sagte Ried-Larsen.

Die Vorteile des Radfahrens für die Gesamtmortalität und die kardiovaskuläre Mortalität gingen jedoch verloren, wenn diejenigen, die zu Beginn der Untersuchung Rad gefahren waren, bei der zweiten Untersuchung damit aufgehört hatten.

Diejenigen, die bei der ersten Untersuchung noch nicht mit dem Rad fuhren, bei der zweiten Untersuchung hingegen schon, profitierten von beidem (der Verringerung der Gesamtmortalität und der kardiovaskulären Mortalität), ebenso wie diejenigen, die kontinuierlich (also seit der Erstuntersuchung) Rad gefahren waren.

 
Diejenigen, die am meisten Lebenszeit im Sitzen verbringen und am wenigsten fit sind, profitieren am meisten davon, wenn sie eine Aktivität beginnen. Dr. Sheri Colberg-Ochs
 

„Radfahren gehört zu den bevorzugten Aktivitäten von Diabetes-Patienten, so dass es ihnen tatsächlich helfen kann, das empfohlene Maß an körperlicher Aktivität zu erreichen“, sagte Ried-Larsen.

Ein maßgeschneidertes Übungsprogramm ist wichtig

Ratschläge für mehr Bewegung „sollten auf die Person zugeschnitten sein und auf dem anfänglichen Fitness- und Aktivitätsniveau basieren“, empfahl Colberg-Ochs. „Diejenigen, die am meisten Lebenszeit im Sitzen verbringen und am wenigsten fit sind, profitieren am meisten davon, wenn sie eine Aktivität beginnen. Man sollte ihnen raten, damit langsam anzufangen und sowohl mit Aerobic-Training als auch mit etwas Widerstandstraining sich langsam zu steigern“, sagte Colberg-Ochs.

 
Darüber hinaus sollten Personen über 40 Jahren regelmäßig ein Gleichgewichtstraining absolvieren, und alle Personen sollten einige Übungen zur Stärkung ihrer Beweglichkeit machen. Dr. Sheri Colberg-Ochs
 

Sie fügte hinzu: „Darüber hinaus sollten Personen über 40 Jahren regelmäßig ein Gleichgewichtstraining absolvieren, und alle Personen sollten einige Übungen zur Stärkung ihrer Beweglichkeit machen.“

Dieser Artikel wurde von Ute Eppinger aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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