Patienten mit fortgeschrittenem Melanom, deren Erkrankung unter einer Immuntherapie gegen die Zielstrukturen PD-1/PD-L1 progredient ist, könnten ihre Gesamtüberlebenszeit mit einer Kombination des Tyrosinkinase-Inhibitors Lenvatinib (Lenvima®, Eisai) mit Pembrolizumab (Keytruda®, Merck/MSD) erheblich verlängern. Das geht aus einer offenen, einarmigen Studie hervor. Ergebnisse wurden auf dem virtuellen Kongress 2020 der European Society for Medical Oncology vorgestellt [1].
In der LEAP-004-Studie erhielten über 100 Patienten mit Melanom im Stadium 3 oder 4, deren maligne Erkrankung nach einer Immuntherapie fortgeschritten war, Lenvatinib plus Pembrolizumab, was zu einem medianen progressionsfreien Überleben (PFS) von mehr als 4 Monaten und einer medianen Gesamtüberlebenszeit (OS) von mehr als einem Jahr führte. Die mediane Nachbeobachtung betrug 12 Monate.
Dr. Ana Maria Arance Fernandez, Hospital Clínic de Barcelona, stellte die Ergebnisse vor und sagte, dass Lenvatinib plus Pembrolizumab eine „vielversprechende“ Antitumoraktivität bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom und bestätigtem Fortschreiten der Krankheit unter PD-1-Inhibitoren allein oder als Kombination zeige.
„Diese Ergebnisse sind ermutigend angesichts der strengen Definition der Progression bei vorheriger Anti-PD-1-Therapie und der Rekrutierung von Patienten mit hohem Risiko“, so Arance Fernandez. Sie ergänzt, dass „diese Daten Lenvatinib plus Pembrolizumab als mögliches Behandlungsschema für einem Population mit hohem medizinischem Bedarf unterstützen“.
Dr. Bartosz Chmielowski vom Jonsson Comprehensive Cancer Center der University of California Los Angeles (ULCA), der an der Studie nicht beteiligt war, diskutierte die Ergebnisse beim ESMO. Er hob hervor, dass Patienten in LEAP-004 nicht nach dem Zufallsprinzip zugeteilt worden seien, sondern alle die gleiche Therapie erhalten hätten. Dennoch sei die Ansprechrate „für diese Patientenpopulation recht beeindruckend“.
Der Diskutant zog auch Vergleiche mit früheren Daten zu Nivolumab (Opdivo®, Bristol-Myers Squibb) oder in Kombination mit Ipilimumab (Yervoy®, Bristol-Myers Squibb) bei einer ähnlichen Population und erklärte, dass die Gesamtüberlebensrate niedriger als die Hälfte der in der aktuellen Studie ermittelt sei, „was diese Ergebnisse noch wichtiger macht. Das zeigt uns, dass diese Kombination eine Option mit Fortschreiten der Krankheit unter Anti-PD-1-Therapien sein könnte.“
Hochrisiko-Population behandelt
Frühere Studien haben gezeigt, dass durch die Kombination eines Anti-PD-1-Wirkstoffs mit Lenvatinib eine bessere Antitumor-Aktivität erreicht wird als durch eine der beiden Behandlungen allein, mit vielversprechenden Ergebnissen in Phase 1/2b-Daten bei vorbehandeltem metastasiertem Melanom.
Bei LEAP-004 rekrutierten Wissenschaftler daher Patienten mit inoperablem Melanom im Stadium 3 oder 4, die innerhalb von 12 Wochen nach der letzten Dosis der Anti-PD-(L)1-Therapie entweder allein oder mit einem CTLA-4-Hemmer ein Fortschreiten der Krankheit aufwiesen. Es gab keine Begrenzung für die Anzahl der vorherigen Behandlungen.
Teilnehmer erhielten Pembrolizumab 200 mg intravenös für bis zu 35 Zyklen plus Lenvatinib 20 mg täglich bis zur Progression, zu inakzeptabler Toxizität oder bis zur Entscheidung des Patienten beziehungsweise des Arztes.
Sie wurden zu Studienbeginn und alle 9 Wochen bis Woche 54, dann alle 12 Wochen bis Woche 102 und dann alle 24 Wochen untersucht.
Von Februar bis September 2019 wurden 103 Patienten aufgenommen, die alle mindestens eine Dosis Lenvatinib plus Pembrolizumab erhielten. Das mittlere Alter lag bei 63 Jahren; 53,4% der Teilnehmer waren männlich.
Arance Fernandez wies darauf hin, dass es sich um eine Hochrisiko-Population gehandelt habe: 20,4% wiesen einen Laktat-Dehydrogenase-Spiegel auf, der doppelt so hoch war wie die Obergrenze der Normalbereichs, und 14,6% hatten Hirnmetastasen. Ihre Hautläsionen waren in Summe 100 mm groß.
Eine BRAFv600-Mutation wurde bei 36,9% der Patienten nachgewiesen, und 64,1% waren PD-L1-positiv.
Die individualisierte Immuntherapie – noch eine Herausforderung
Chmielowski wünscht sich in Zukunft eine individualisierte Behandlung beim Melanom. „Es wird auch wichtig sein, eine personalisierte Immuntherapie zu entwickeln, so dass wir auf der Grundlage des Resistenzmechanismus in Patientenpopulationen die nachfolgenden Behandlungen auswählen können“, kommentierte er.
Arance Fernandez erklärte, dass Lenvatinib mehrere Tyrosinkinasen hemme, die an der Angiogenese, der Zellproliferation und der Immunmodulation beteiligt seien, und dass der Wirkstoff immunmodulierende Aktivität in der Mikroumgebung des Tumors gezeigt habe. Sie ergänzt, dass Resistenzen gegen eine Immuntherapie „multifaktoriell“ seien und dass eine Kombinationsbehandlung bei diesen Patienten helfen könne.
Der Artikel wurde von Michael van den Heuvel aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
Medscape Nachrichten © 2020
Diesen Artikel so zitieren: Plan B, wenn Melanom trotz PD-1/PD-L1-Therapie progredient ist: Versuch mit Lenvatinib/Pembrolizumab könnte lohnen - Medscape - 2. Okt 2020.
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