Lugano – „Abemaciclib ist der erste CDK4/6-Inhibitor, der in Kombination mit Hormontherapie bei Frauen mit Hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem frühem Hochrisiko-Mammakarzinom das Überleben ohne invasive Erkrankung (IDFS) signifikant verlängert – dies im Vergleich zu Hormontherapie allein“: Dieses Fazit zog Prof. Dr. Stephen R. D. Johnston, Leiter der Breast Unit, The Royal Marsden NHS Foundation Trust, London, aus Ergebnissen der monarch-E-Studie. Er hatte sie beim virtuellen ESMO-Kongress 2020 Mitte September vorgestellt und parallel im Journal of Clinical Oncology publiziert [1,2].
Abemaciclib verringerte zusätzlich zu Hormontherapie in der Erstlinienbehandlung das Risiko für ein invasives Rezidiv um 25% im Vergleich zu alleiniger Hormontherapie.
„Dies ist das erste Mal, dass man in der adjuvanten Therapie eine Verbesserung gegenüber der Aromatasehemmer-Behandlung gesehen hat“, kommentierte Prof. Dr. George W. Sledge, Stanford University School of Medicine, Palo Alto, Kalifornien, als Diskutant der Studie.
Es handle sich um eine positive Studie, aber bislang mit kurzer Follow-Up-Zeit. Deshalb sei es auch nicht überraschend, dass noch keine Aussage zur Wirkung auf das Gesamtüberleben möglich sei.
Es sei auch noch unklar, ob der CDK4/6-Hemmer späte Rezidive verringern würde, wie die Langzeit-Toxizität sei und welche Therapiedauer optimal wäre. Gerade die Frage der Therapiedauer bewertet Sledge als sehr wichtig, denn es sei eine teure Behandlung mit deutlichen Nebenwirkungen.
Sein Fazit: „Die Entscheidung für eine adjuvante CDK4/6-Inhibitor-Behandlung ist komplexer als die einfache Betrachtung von IDFS- und DRFS-Daten. Toxizitäten (medizinische und finanzielle) müssen gegen sich kontinuierlich entwickelnde nützliche Maßnahmen abgewogen werden.“
Rezidivrisiko bei Hochrisiko-Brustkrebs
Zum Hintergrund: Rund 70% der Frauen mit Brustkrebs erkranken an einem Hormonrezeptor-positiven Tumor. Im frühen Stadium können viele Patientinnen mit Hilfe von Operation, Bestrahlung, Chemotherapie und Hormonbehandlung geheilt werden. Etwa 20% entwickeln innerhalb der ersten 10 Jahre nach Diagnose ein lokales Rezidiv oder distante Metastasen.
Das Rezidivrisiko ist bei Patientinnen mit bestimmten Risikofaktoren insbesondere in den ersten Jahren der endokrinen adjuvanten Therapie noch höher: „Diese Frauen mit einem frühen Hochrisiko-Brustkrebs sind bis zu einem gewissen Grad resistent gegenüber einer Hormontherapie, die Erkrankung rezidiviert früh, trotz verschiedener Therapien“, erläuterte Johnston.
CDK4/6-Inhibitoren wie Abemaciclib haben in den letzten Jahren die Behandlungsmöglichkeiten von Frauen mit metastasiertem Brustkrebs verändert. Abemaciclib (Verzenios®, Lilly) ist seit September 2018 in der EU für die orale Behandlung von Frauen mit HR-positivem EGFR-negativem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom in Kombination mit einem Aromataseinhibitor oder Fulvestrant als initiale endokrine Therapie oder bei Frauen, die zuvor schon eine endokrine Therapie erhalten haben, zugelassen.
In der monarchE-Studie untersuchten die Forscher nun Wirksamkeit und Verträglichkeit von Abemaciclib im adjuvanten Setting.
MonarchE-Studie mit über 5.000 Frauen
An der multizentrischen, randomisierten, offenen Phase-3-Studie nahmen 5.637 Patientinnen mit hohem Risiko teil.
Als hohes Risiko war ein resezierter Hormonrezeptor-positiver, HER2-negativer invasiver Brustkrebs im Frühstadium definiert, der mit entweder ≥4 pathologisch positiven axillären Lymphknoten (pALNs) oder 1 bis 3 pathologischen pALNs plus mindestens einem weiteren definierten Risikomerkmal assoziiert war.
Randomisiert erhielten die Patientinnen Abemaciclib (150 mg zweimal täglich bis zu 2 Jahre) plus adjuvante endokrine Therapie (5 bis 10 Jahre) oder adjuvante endokrine Therapie allein.
Primärer Endpunkt war das Überleben ohne invasive Erkrankung (IDFS), zu den wichtigen sekundären Endpunkten gehörten das Überleben ohne distante Metastasen (DRFS), das Gesamtüberleben (OS), die Verträglichkeit und Patient Reported Outcomes (PRO).
Interimsanalyse nach 15,5 Monaten Follow-Up
Johnston berichtete nun über Ergebnisse einer zweiten geplanten Interimsanalyse. Zum Stichtag am 16. März 2020 hatten 707 Patientinnen (12,5%) die kompletten 2 Jahre der Abemaciclib-Therapie durchlaufen. Mehr als 70% der Patienten befanden sich noch innerhalb der ersten 2 Jahre der adjuvanten Therapie. Die ITT-Population umfasste 2.808 Patienten in der Abemaciclib- und 2.829 Patienten in der Vergleichsgruppe.
Das mediane Alter lag bei 51 Jahren. 43,5% der Frauen waren prämenopausal, 37% waren mit neoadjuvanter Chemotherapie und 58,5% mit adjuvanter Chemotherapie behandelt worden.
Abemaciclib verringerte die invasiven Rezidive signifikant von 187 unter endokriner Therapie allein auf 136 (Hazard-Ratio 0,747, p = 0,0096). Damit senkte der CDK4/6-Inhibitor das Risiko für eine erneute invasive Erkrankung um 25,3% und die Studie erreichte den primären Endpunkt.
Die IDFS-Raten nach 2 Jahren lagen bei 92,2% im Abemaciclib-Arm und bei 88,7% im ET-Arm, der absolute Unterschied betrug damit 3,5 Prozentpunkte.
Die Kurven teilen sich nach etwa 9 bis 12 Monaten.
Die Zahl der DRFS-Ereignisse sank von 152 im ET-Arm auf 106 im Abemaciclib-Arm (HR 0,717, p = 0,0085), das DRFS-Risiko sank damit relativ um 28,3%. Die DRFS-Raten nach 2 Jahren unterschieden sich um 3,3%Prozentpunkte: 93,6% mit Abemaciclib, 90,3% unter ET.
Abemaciclib verhinderte vor allem im Knochen und in der Leber das Auftreten distanter Metastasen.
Robuste Ergebnisse
Johnston bezeichnete die Ergebnisse als klinisch bedeutsam. Die Analyse sei ereignisgesteuert, deshalb seien die Daten sehr robust – trotz der kurzen Nachbeobachtungszeit.
Es zeigten sich keine neuen, bislang nicht bekannten unerwünschten Wirkungen. Durchfälle waren mit Antidiarrhoika und Dosisanpassungen in der Regel behandelbar. Im Verlauf der Behandlung nahmen Häufigkeit und Schwere der Durchfälle ab.
Die unter endokriner Therapie vermehrt auftretenden Arthralgien und Hitzewallungen wurden durch Abemaciclib verringert, der Grund hierfür ist noch unklar.
Unter Abemaciclib brachen 16,6% der Patienten die Therapie wegen Nebenwirkungen ab, unter ET allein waren es 0,8%.
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Diesen Artikel so zitieren: Frühes Hochrisiko-Mamma-Ca: CDK4/6-Inhibitor Abemaciclib additiv zur Hormontherapie senkt Rezidivrisiko - Medscape - 22. Sep 2020.
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