Noch im September will der Pharmakonzern Roche mit dem SARS-CoV-2 Rapid Antigen Test einen schnellen chromatographischen Immunoassay zum Nachweis eines spezifischen SARS-CoV-2-Antigens auf den Markt bringen. Innerhalb von 15 Minuten soll das Testergebnis vorliegen, heißt es in einer Presseinformation [1].
Laut Roche hat der Test eine Sensitivität von 96,52% und eine Spezifität von 99,68%, basierend auf 426 Proben aus 2 unabhängigen Studienzentren.
Der Test kann laut Mitteilung von medizinischen Fachkräften ohne Labor mit einem Nasen-Rachen-Abstrich durchgeführt werden. Dass keine klinische Infrastruktur erforderlich sei, gelte als entscheidender Vorteil, heißt es weiter.
Im Gegensatz zur PCR, die virales Erbgut nachweist, sucht der Antigentest nach Virus-typischen Proteinen. Bei der Markteinführung sollen laut Roche monatlich 40 Millionen Schnelltests zur Verfügung stehen. Die Kapazität soll dann bis Ende dieses Jahres mehr als verdoppelt werden.
„Die COVID-19-Pandemie dauert an, unsere Gesundheitssysteme sind deshalb weiterhin gefordert“, sagt Dr. Thomas Schinecker, CEO von Roche Diagnostics. Tests, die eine schnelle Antwort auf den Infektionsstatus gäben, seien „entscheidend, um die Ausbreitung des COVID-19-Virus einzudämmen“. Schinecker: „Besonders in der bevorstehenden Grippesaison ist es wichtig zu wissen, ob eine Person SARS-CoV-2 oder Grippe hat, um die richtige Therapie sicherzustellen.“
Der Test soll Ende September zunächst in Europa auf den Markt kommen, geplant sei aber, auch bei der FDA eine Emergency Use Authorization (EUA) zu beantragen. Roche arbeitet bei der Markteinführung mit dem Unternehmen SD Biosensor zusammen.
Ärzte und Apotheker sehen viele offene Fragen
Schnelltests auf eine aktive oder überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 werden immer wieder gefordert und nachgefragt. Laut Roche kann mit dem Test ein genaues Screening von Personen mit bekanntem Kontakt zu SARS-CoV-2-Infizierten durchgeführt werden.
Prof. Dr. Matthias Orth, Chefarzt des Instituts für Laboratoriumsmedizin im Marienhospital in Stuttgart, schränkt das gegenüber der Deutschen Presse-Agentur allerdings ein: „Wir können bei den Antigen-Schnelltests nicht sichergehen, dass sie immer ein richtiges Ergebnis liefern.“
Laut Hersteller liegt die Spezifität der neuen Tests bei über 99% und die Sensitivität bei über 96%. „Die Zahlen hören sich zu gut an“, meint Orth. Bei anderen Studien mit Antigen-Tests lägen die Werte bei etwa 80%. Unterschiedliche Werte ergäben sich abhängig davon, ob symptomatische Infizierte oder Infizierte ohne Symptome getestet würden. „Ein Antigen-Test ist nie so genau wie ein PCR-Test.“
Vor übertriebenen Hoffnungen warnt auch Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: „Diese Tests sind kein Vehikel zur Lockerung von Infektionsschutzmaßnahmen. Ein negatives Ergebnis kann keine Eintrittskarte für den samstäglichen Clubbesuch mit tausend anderen sein.“
Schmidt betont, dass man mehr Klarheit über die Verlässlichkeit der verschiedenen Tests und ihre Verfügbarkeit brauche. Man müsse sich auch einigen, wer primär getestet werden und was mit den Testungen erreicht werden solle, außerdem wie das Verfahren nach einem positiven Test aussehe.
Von der für Mitte September angekündigten Positionierung des Bundesgesundheitsministeriums und der obersten Bundesbehörden hierzu hänge viel ab. Wichtig sei auch, wo die Tests durchgeführt würden: „Das positive Ergebnis eines Schnelltests muss ja Konsequenzen haben. Es muss ein verlässlicherer Labortest zur Bestätigung und nötigenfalls eine Meldung der nachgewiesenen Infektion erfolgen. Schon deshalb ist es unerlässlich, dass die Tests im heilberuflichen Umfeld bleiben“, sagt Schmidt.
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Diesen Artikel so zitieren: Ende September soll es einen Corona-Antigen-Schnelltest auf den Markt geben – doch Experten zweifeln am Sinn - Medscape - 3. Sep 2020.
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