Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) fürchtet, das Geld aus dem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ könnte versickern und fordert, die Verwendung der Mittel stärker festzulegen [1]. Es dreht sich um insgesamt 3 Milliarden Euro vom Bund, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits im Juni angekündigt hat und 900 Millionen Euro von den Ländern.
Nun hat der Bund einen Gesetzentwurf vorgelegt, der wesentliche Punkte der BKK-Forderungen berücksichtigt [2]. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft indessen bleibt skeptisch.
Kein Gießkannenprinzip
„Wir begrüßen das ‚Zukunftsprogramm Krankenhäuser‘ ausdrücklich“, so Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes. „Wichtig ist es aber, dass die Maßnahmen zielgerichtet und nicht mit der Gießkanne verteilt werden.“
Das Geld wird nach den gleichen Regeln wie beim Strukturfonds ausgeschüttet: Das Zukunftsprogramm sieht vor, dass die Länder vom Bund anteilig nach Bevölkerungszahl und Steueraufkommen Investitionszuschüsse für ihre Krankenhäuser erhalten.
Ähnlich wie beim Strukturfonds, der noch unter Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) 2015 aufgelegt wurde, müssen die Krankenhäuser auch selbst Geld auf den Tisch legen, um die Zuschüsse vom Land zu erhalten. Diese Kofinanzierung durch die Krankenhäuser beträgt beim Strukturfonds 50%, beim „Zukunftsprogramm“ nur 30%. Grund für das Programm sind die besonderen Herausforderungen der Corona-Krise.
Allerding weist nun der BKK Dachverband darauf hin, dass sich die Förderziele von Strukturfonds und Zukunftsprogramm nicht widersprechen sollen. „Allein wegen der vielen thematischen Überscheidungen gehören beide Programme harmonisiert“, sagt Knieps. „Alternativ wäre sicherzustellen, dass die Anforderung an geförderten Vorhaben, die über beide Förderprogramme förderfähig gestaltet wären, identisch aufgebaut werden“, heißt es in dem BKK-Papier.
Zum Beispiel die Digitalisierung: Deutschland hinke bei dem Grad der Digitalisierung der Krankenhäuser weit hinterher, kritisiert der BKK Dachverband. Damit am Schluss keine Häuser gefördert werden, die schwach oder gar nicht digitalisiert sind, will der Dachverband das Geld anhand des „Electronic Medical Record Adoption Model“ (EMRAM) verteilen.
Das EMRAM gibt auf einer Skala von 0 bis 7 den Grand der Digitalisierung an. Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) beziffert den Grad der Digitalisierung in Deutschland im Jahr 2019 auf 2,3. Der EU-Durchschnitt liegt laut WIdO bei 3,6. Zukünftig würde nur dann Geld aus der neuen Quelle fließen, wenn damit die nächste EMRAM-Stufe finanziert würde, so der Vorschlag des BKK-Dachverbands. Das Ziel: In 5 Jahren sollen die Deutschen Krankenhäuser auf der EMRAM-Stufe 5 arbeiten.
Von Dänemark lernen
Der Dachverband hatte für seine Vorschläge den Blick nach Norden gewandt. Dänemark habe vorgemacht, wie etwa eine prä-hospitale Versorgung im Rettungswagen durch eine passende Digitalisierung verbessert werden kann und die Retter besser mit den Krankenhäusern kommunizieren können, hieß es. So werde die Versorgung im Rettungswagen schon fast ein Teil der Krankenhausbehandlung.
Entsprechende Verzeichnisse, die die klinischen Behandlungskapazitäten für Notfälle aktuell darstellen, sollen nach Ansicht des BKK-Dachverbandes ebenfalls zu den förderungswürdigen Initiativen gehören. Außerdem schlägt der BKK-Dachverband vor, auch das Aufnahme- und Entlass-Management vollständig zu digitalisieren.
Digitalisierte Dokumentations- und Assistenzsysteme sollen die Pflegenden entlasten. „Auch der Einsatz intelligenter und vernetzter Robotik (…) gilt es zu fördern“, so Knieps.
Entwurf für das Krankenhaus-Zukunftsgesetz vorgelegt
Jetzt hat der Bundesgesundheitsminister den Entwurf des Krankenhaus-Zukunftsgesetzes (KHZG) auf den Tisch gelegt. Er greift eine Reihe der BKK-Forderungen auf: „Um die Ziele des bestehenden Krankenhaus-Finanzierungsgesetzes nachhaltig zu unterstützen, ist ein Investitionsprogramm zur Digitalisierung und zur Stärkung regionaler Versorgungsstrukturen erforderlich“, heißt es in der Formulierungshilfe des Entwurfes.
„Mit einem ‚Krankenhaus-Zukunftsfonds‘ werden notwendige Investitionen gefördert. Hierzu zählen sowohl moderne Notfallkapazitäten (…), als auch eine bessere digitale Infrastruktur der Krankenhäuser zur besseren internen und auch sektorenübergreifenden Versorgung, Ablauforganisation, Kommunikation, Telemedizin, Robotik, Hightechmedizin und Dokumentation.“
Um zukünftige Krisen besser zu bewältigen, sollen auch die IT- und Cybersicherheit verbessert werden. Ebenso sollen „Bausteine anerkannter Reifegradmodelle“ eingesetzt werden, um den Digitalisierungsgrad zu messen.
Lob und Kritik für den Gesetzentwurf
Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft lobt und kritisiert den Gesetzentwurf: Baum stimmte der Konzentration auf die Digitalisierung zu und lobte den Entwurf als ersten entscheidenden Schritt zum Beispiel den branchenspezifischen Sicherheitsstandard B3S, der die IT-Sicherheit messen soll.
Er sehe „jedoch keine Messbarkeit von individuellen IT-Sicherheitslösungen“, so Baum auf Anfrage. „Hier wird deutlich, dass es den Kostenträgern vor allem darum geht, Mitsprache- und Kontrollrechte zu erhalten. Was wir brauchen, ist allerdings keine durch die Krankenkassen verschleppten Antragsverfahren, sondern unbürokratische schnelle und zielgerichtete Förderung, gerade was Digitalisierung angeht.“
Medscape Nachrichten © 2020
Diesen Artikel so zitieren: „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“: Ein Gesetzentwurf setzt vor allem auf die Digitalisierung - Medscape - 12. Aug 2020.
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