MEINUNG

Weniger ist mehr: Wie die POPULAR-TAVI-Studie die antithrombotische Therapie von tausenden TAVI-Patienten optimiert

PD Dr. Nikolaus Sarafoff

Interessenkonflikte

13. September 2020

Mehr als 20.000 Patienten pro Jahr bekommen in Deutschland eine TAVI. Dr. Nikolaus Sarafoff erklärt, wie die optimale antithrombotische Therapie danach aussieht. 

Transkript des Videos:

Mein Name ist Nikolaus Sarafoff und ich bin Kardiologe in München.

Ich möchte heute die Kohorte A der POPULAR-TAVI Studie vorstellen, die gerade beim Corona-bedingten online ESC als Late Breaking Clinical Trial präsentiert und zeitgleich im NEJM publiziert wurde. Die Implantation einer Transkatheter-Aortenklappe (TAVI) ist eine etablierte Therapiemethode bei symptomatischer hochgradiger Aortenklappenstenose.

Es können aber nach dem Eingriff lebensbedrohliche, ischämische Ereignisse oder Blutungskomplikationen auftreten. Die aktuellen Leitlinien empfehlen nach TAVI für 3 bis 6 Monate eine Kombination aus ASS und Clopidogrel bei Patienten ohne Indikation für eine orale Antikoagulation. Kleinere Register zeigen jedoch keine Reduktion ischämischer Ereignisse mit der dualen Therapie vs ASS allein – bei gleichzeitig weniger Blutungen.

In dieser multizentrischen Studie an 17 Kliniken in den Jahren 2013 bis 2019 wurden 665 Patienten eingeschlossen. Sie erhielten nach TAVI-Implantation entweder 80 bis 100 mg ASS allein. Oder eine Kombination aus 80 bis 100 mg ASS plus 75 mg Clopidogrel für 3 Monate und dann ASS auf Dauer.

Die Patienten waren im Mittel 80 Jahre alt und die Hälfte der Patienten waren Frauen. 89% der Patienten in der dualen Gruppe nahmen für 3 Monate Clopidogrel ein. 10 bis 13% der Patienten benötigten währen der Studie eine orale Antikoagulation – meist aufgrund von Vorhofflimmern.

Nach 12 Monaten zeigten sich mit 15% vs. 27% signifikant weniger Gesamtblutungen in der ASS Gruppe im Vergleich zur dualen Gruppe. Mehr als die Hälfte der Blutungen waren an der Punktionsstelle.

Gleichzeitig zeigte sich kein signifikanter Anstieg an ischämischen Ereignissen durch das Weglassen von Clopidogrel.

Zu beachten ist, dass die Studie maßgeblich auf Blutungsereignisse ausgerichtet war und nicht für thrombembolische Ereignisse.

Obwohl europaweit sehr viele TAVI-Prozeduren pro Jahr durchgeführt werden – allein in Deutschland mehr als 20.000 pro Jahr – ist es erstaunlich, dass es 6 Jahre gedauert hat, um die Patienten für diese Studie einzuschließen. Das waren pro Jahr und Zentrum nur ca. 6 Patienten.

Es ist wichtig, weitere Studien durchzuführen, die die optimale antithrombotische Therapie nach TAVI untersuchen und auf ischämische Ereignisse ausgerichtet sind. Eine Verblindung wäre zudem wünschenswert. Dies verkompliziert und verteuert diese Studien aber leider zusätzlich.

Zusammenfassend zeigte diese Studie, dass durch das Weglassen von Clopidgrel bei der TAVI-Implantation Blutungsraten reduziert werden, ohne dass ischämische Ereignisse ansteigen.
 

Kommentar

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