Hände weg vom Skalpell! Bei 70% der Kinder mit unkomplizierter Appendizitis reicht eine Antibiotika-Therapie

Andrea Hertlein

Interessenkonflikte

6. August 2020

Durch eine Antibiotika-Behandlung kann vielen Kindern mit einer unkomplizierten Appendizitis eine Operation erspart bleiben. Dies geht aus einer US-amerikanischen Studie hervor, die jüngst in JAMA publiziert wurde [1]. Danach blieben fast 70% der ausschließlich mit Antibiotika behandelten Kinder im ersten Jahr nach der Therapie ohne Appendektomie.

Ein Drittel der Eltern entschieden sich für eine Antibiotikatherapie

Für ihre Studie untersuchten Dr. Peter C. Minneci vom Nationwide Children’s Hospital der Ohio State University, USA, und sein Team 1.068 Kinder zwischen 7 und 17 Jahren, die an einer unkomplizierten Appendizitis litten. Als Einschlusskriterien galten ein nur mäßig angeschwollener Appendix (bis zu einem Durchmesser von 1,1 cm), kein Hinweis auf einen Abszess, einen Kotstein oder eine Phlegmone sowie eine Leukozytenzahl zwischen 5.000 und 18.000 pro µl. Die Bauchschmerzen durften bei Antibiotikagabe nicht länger als 48 Stunden bestehen.

Ein Drittel der Eltern, deren Kinder diese Voraussetzungen erfüllten, wählten die Antibiotika-Behandlung anstelle einer Operation. Den Kindern wurde daraufhin ein Antibiotikum für insgesamt 9 Tage verabreicht; zunächst intravenös (24h) und dann oral. Die verbliebenen 2 Drittel der Eltern entschieden sich indessen für eine OP, die sofort durchgeführt wurde.

Operierte Kinder sind länger in ihrem Alltag beeinträchtigt

Nach Adjustierung der Ergebnisse musste bei 67,1% der Kinder, die mit Antibiotika behandelt wurden, über die Dauer der einjährigen Nachbeobachtung keine Appendektomie vorgenommen werden.

Hinzu kam, dass die Antibiotika-Behandlung im Vergleich zur OP mit einer geringeren Zahl an Krankheitstagen einherging. So waren die mit Antibiotika behandelten Kinder über 6,6 Tage in ihren Alltagsaktivitäten beeinträchtigt, während die operierten Kindern 10,9 Tage mit ihren gewohnten Aktivitäten pausieren mussten.

Aufklärung über beide Therapieoptionen

„Die Antibiotika-Therapie könnte bei unkomplizierten Fällen und gerade bei Kindern eine Alternative mit weniger Schmerzen und Komplikationen darstellen“, lautet das Fazit der Studienautoren. Sie fordern daher, dass künftig mehr Patienten über beide Therapieoptionen, deren Risiken und Vorteile informiert werden sollten. Zudem können laut Minneci die für die Studie entwickelten Entscheidungshilfen und Behandlungsprotokolle leicht in die pädiatrische klinische Praxis umgesetzt werden. 

 
Die Antibiotika-Therapie könnte bei unkomplizierten Fällen und gerade bei Kindern eine Alternative mit weniger Schmerzen und Komplikationen darstellen. Dr. Peter C. Minneci und Kollegen
 

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
 

Kommentar

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