Brustkrebs: Adjuvante Chemo kann auch für ältere multimorbide Patientinnen das Leben verlängern

Michael Simm

Interessenkonflikte

31. Juli 2020

Etwa jede 5. ältere, multimorbide Patientin mit Östrogen-Rezeptor- und nodal-positivem Brustkrebs, die in einer US-amerikanischen Kohortenstudie untersucht wurde, erhielt eine adjuvante Chemotherapie [1]. Bei diesen Frauen war der Brustkrebs im Durchschnitt weiter fortgeschritten als in einer Kontrollgruppe ohne Chemotherapie. Dennoch überlebten sie nach Adjustierung für verzerrende Faktoren signifikant länger.

Retrospektive Kohortenstudie

Mit dem Alter nimmt das Brustkrebsrisiko bei Frauen ebenso zu, wie die Wahrscheinlichkeit von Begleiterkrankungen. Für Patientinnen mit Lymphknotenbefall mangelt es an Daten zur Assoziation zwischen einer adjuvanten Chemotherapie und dem Überleben.

Dr. Nina Tamirisa, The University of Texas MD Anderson Cancer Center, Houston, USA, und ihre Kollegen analysierten deshalb in einer retrospektiven Kohortenstudie Daten von 1.592 Patientinnen ab 70 Jahren (inklusive 3,1% Männer), die in der US National Cancer Database erfasst waren. Sie hatten Östrogen-Rezeptor-positive, ERBB2/HER2-negative Mammakarzinome, einen Komorbiditätswert nach Charlson/Deyo von 2 oder 3 und waren wegen des nodal-positiven Mammakarzinoms zwischen 2010 und 2014 operiert worden.

Gegenübergestellt wurden bei möglichst gleichen Merkmalen (Propensity score matching) 350 Patienten, die eine adjuvante Chemotherapie erhalten hatten, und 1.242 ohne adjuvante Chemotherapie.

Chemotherapie mit besserem Überleben assoziiert

Die Ergebnisse:

  • Patientinnen mit Chemotherapie waren jünger (durchschnittlich 74 gegenüber 78 Jahren), hatten größere Primärtumoren (pT3/T4 20,6 versus 14,7%), und mehr befallene Lymphknoten (21,4 versus 6,5 % mit pN3, aber 52,0 versus 75,4% mit pN1).

  • Patientinnen unter einer Chemotherapie erhielten auch mehr andere adjuvante Behandlungen wie endokrine Therapien (88,3 vs 82,5 %) und Strahlentherapie (67,4 vs 43,5%).

  • Nach einer medianen Nachverfolgungszeit von 43,1 Monaten fand sich zwischen den beiden Kohorten kein statistisch signifikanter Unterschied beim medianen Gesamtüberleben (78,9 vs 62,7 Monaten, p = 0,13).

  • Nach Adjustierung für verzerrende Faktoren war die Chemotherapie allerdings mit einem besseren Überleben assoziiert (Hazard Ratio: 0,67, 95%-Konfidenzintervall: 0,48–0,93; p = 0,02).

„Delikate Balance“ zwischen Quantität und Qualität des Lebens

Die retrospektive Studie scheint nahezulegen, dass die involvierten Ärzte jene Patientinnen sorgfältig ausgewählt haben, deren Leben aufgrund „bestimmter, nicht gemessener Variablen“ durch eine Chemotherapie verlängert wurde, so die Interpretation der Studienautoren.

In einem begleitenden Kommentar weisen mehrere Onkologen auf die „delikate Balance“ zwischen Quantität und Qualität des Lebens hin, wenn über den Einsatz einer Chemotherapie bei älteren Patienten mit mehreren belastenden Faktoren entschieden werden muss [2]. Der letzte Punkt, also die Lebensqualität, konnte mangels Daten hier nicht untersucht werden, sollte aber nicht außer Acht gelassen werden.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .

 

Kommentar

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