NEJM-Publikation: Neuer mRNA-Impfstoff schützt Affen vor SARS-CoV-2 – großes klinisches Studienprogramm läuft

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

30. Juli 2020

Der Impfstoff mRNA-1273 vom US-Hersteller Moderna induziert bei nicht-menschlichen Primaten eine robuste Immunantwort gegen SARS-CoV-2 mit neutralisierenden Antikörpern. Nach der Impfung kommt es zum Schutz der oberen und unteren Atemwege ohne Veränderung der Lunge. Das berichten Dr. Kizzmekia S. Corbett vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases, North Bethesda, und Kollegen jetzt im NEJM [1].

Klinisches Entwicklungsprogramm eines mRNA-Impfstoffs

Bei der SARS-CoV-2-Pandemie gelten mRNA-Impfstoffe als potenziell erfolgreiche Strategie, weil sie sich kurzfristig in großer Menge herstellen lassen – rein chemisch, ohne biotechnologisches Verfahren. Zulassungen gibt es bisher aber nicht.

Die Vakzine mRNA-1273 wurde bereits wenige Wochen nach der Sequenzierung von SARS-CoV-2 im Labor von Moderna entwickelt. Basis ist eine mRNA des Spike-Proteins von SARS-CoV-2, mit dem Viren an Epithelzellen binden. Zum Schutz gegen enzymatischen Abbau wurde die synthetische Nukleinsäure in Lipid-Nanopartikeln verpackt.

Nach einer intramuskulären Injektion werden die Partikel von körpereigenen Zellen aufgenommen. Es kommt zur Biosynthese von Spike-Proteinen, und das Immunsystem reagiert, indem es neutralisierende Antikörper bildet.

Zwar durchläuft mRNA-1273 bereits ein umfangreiches klinisches Studienprogramm. Selbst in den USA, wo es relativ viele Infektionen gibt, ist aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich Probanden zufällig infizieren, so gering, dass es einige Zeit dauern kann, um die Wirksamkeit zu bewerten. Gezielte Infektionen von Probanden, wie sie „1Day Sooner“ plant, werden von Ethik-Kommissionen der meisten Länder aber abgelehnt.

Corbett und Kollegen haben diese Fragestellung – wie gut der Impfschutz wohl ist –daher im Tierexperiment untersucht.

Impfstoff erzeugt Immunantwort bei nicht-menschlichen Primaten

Zur aktuellen Studie: 24 Rhesusaffen erhielten randomisiert eine von 2 Dosierungen (10 bzw. 100 µg) des mRNA-Impfstoffs oder eine Kochsalzlösung als Placebo. Nach 4 Wochen bekamen sie entweder die 2. Impfstoffdosis oder nochmals Placebo. 4 Wochen später wurden sie gezielt mit SARS-CoV-2 infiziert. Forscher applizierten das Virus in die oberen Atemwege ihrer Versuchstiere.

 
Diese Studie zeigt, dass mRNA-1273 einen robusten Spike-spezifischen Antikörper und eine neutralisierende Aktivität induzierte. Dr. Kizzmekia S. Corbett und Kollegen
 

Proben nahmen die Wissenschaftler dann 2 Tage nach der Exposition. Corbett und Kollegen fanden bei jeweils einem von 8 Tieren in den Impfgruppen und bei allen Tieren in der Placebo-Gruppe eine Virusreplikation in bronchoalveolärer Lavageflüssigkeit. Die viralen RNA-Spitzenwerte waren in beiden Impfstoffgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe an den Tagen 2 bis 7 signifikant niedriger. Das galt sowohl für bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit als auch für Nasenabstriche.

Darüber hinaus war die Hemmung der Bindung an den zellulären Corona-Rezeptor ACE2 (Angiotensin-konvertierendes Enzym 2) bei geimpften Tieren im Vergleich zu humanem Rekonvaleszenten-Serum 348-mal höher. Auch die Neutralisierungsaktivität gegen SARS-CoV-2 erwies sich bei geimpften Affen als 12- bis 84-mal höher, verglichen mit Rekonvaleszenten-Serum.

„Diese Studie zeigt, dass mRNA-1273 einen robusten Spike-spezifischen Antikörper und eine neutralisierende Aktivität induzierte, was wir mit mehreren serologischen Assays bestätigten“, schreiben die Autoren.

Rückblick und Ausblick: Klinisches Studienprogramm mit mRNA-1273

Mittlerweile gibt es auch klinische Daten zum neuen Impfstoff. Schon am 18. Mai berichtete Moderna in einer Pressemitteilung von Ergebnissen der Phase 1. Die Ergebnisse wurden im NEJM als Zwischenergebnisse veröffentlicht. 45 Erwachsene erhielten 1:1:1 randomisiert 25 μg, 100 μg oder 250 μg der mRNA. Der Impfstoff induzierte bei allen Teilnehmern Anti-SARS-CoV-2-Immunantworten, und es gab keine schwerwiegenden Sicherheitsbedenken.

Allerdings führte die höchste Dosis teilweise zu systemischen Reaktionen. Deshalb wurden 250 μg in den folgenden Studien nicht mehr appliziert.

Am 8. Juli gab der Hersteller bekannt, die Registrierung zur Phase-2-Studie erfolgreich abgeschlossen zu haben. Aufgenommen wurden Erwachsene im Alter von 18 bis 55 Jahren (n=300) und ältere Menschen ab 55 Jahren (n=300). Sie erhalten entweder 2-mal Placebo oder 50 μg bzw. 100 μg des Impfstoffs. Die Ergebnisse hierzu wurden noch nicht veröffentlicht.

Am 27. Juli begann die Phase-3-Studie mit 30.000 Teilnehmern. Hier werden 2-mal Placebo oder 100 μg des Impfstoffs gespritzt.
 

Kommentar

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