Weltweit suchen Forscher nach möglichen Alzheimer-Therapien, erleben dabei aber so manche Enttäuschung. Die intranasale Applikation von Insulin wurde erstmals multizentrisch und bei einer relativ großen Zahl von Alzheimer-Patienten bzw. milden kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) erprobt. Sie zeigte nach 1 Jahr keinerlei signifikante Vorteile gegenüber Placebo. Das berichten Dr. Suzanne Craft von der Wake Forest School of Medicine, Winston-Salem, und Kollegen jetzt in JAMA Neurology [1].
Studie mit knapp 300 Teilnehmern zur neurologischen Insulin-Wirkung
Zahlreiche Studien zeigen, dass Insulin mittels intranasaler Applikation ins Gehirn gelangen und dort bestimmte Aspekte der Hirnfunktion beeinflussen kann. Bisher gibt es aber keine multizentrischen Untersuchungen zur Wirksamkeit bei Personen mit milden kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) oder mit Alzheimer-Demenz.
Deshalb hat das Team um Craft eine randomisierte, doppelblinde, klinische Studie der Phase 2/3 mit 289 Teilnehmern initiiert. Diese waren durchschnittlich 70,9 Jahre alt. Sie erhielten verblindet 1 Jahr lang täglich 40 IU Insulin oder Placebo intranasal, gefolgt von einer 6-monatigen, offenen Verlängerungsphase. Nachdem dich der Applikator bei den ersten 49 Probanden als unzuverlässig erwiesen hatte, wurde für die übrigen 240 Teilnehmer ein anderes Gerät benutzt, und diese Population als „Intention-to-treat“ designiert. Primäres Studienziel waren Veränderungen auf der kognitiven Unterskala der Alzheimer Disease Assessment-Skala (ADAS-cog).
Keine signifikanten Effekte
Beim primären Studienziel, der Veränderung des ADAS-cog über 12 Monate, gab es mit 0,0258 Punkten bei einem 95%-Konfidenzintervall von -1,771 bis 1,822 keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die mittleren Veränderungen bei 8 Biomarkern der Spinalflüssigkeit und des Gehirns (z.B. Aß42, Tau und das Volumen des Hippocampus) waren zwischen den Gruppen auch nicht signifikant verschieden. Klinisch relevante Nebenwirkungen traten in der Studie nicht auf.
Die Suche nach Alzheimer-Therapien geht weiter
Zwar mag man den Forschern zugutehalten, dass sie mit Problemen bei der intranasalen Applikation zu kämpfen hatten und deshalb auf einen anderen Applikator wechseln mussten. Da immerhin 240 Personen in die bereinigte Analyse miteinbezogen werden konnten, scheint es aber unrealistisch, von weiteren Studien mit intranasalen Insulinen einen Durchbruch in der Therapie der Alzheimer-Demenz zu erwarten.
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de.
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Diesen Artikel so zitieren: Alzheimer-Demenz und milde kognitive Beeinträchtigungen: Was bringt die Therapie mit intranasalem Insulin wirklich? - Medscape - 20. Jul 2020.
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