Veggie-Kost für gesunde Schwangerschaft: Pflanzenbasierte Kost könnte das Risiko für Gestationsdiabetes senken

Becky McCall

Interessenkonflikte

20. Juli 2020

Eine gesunde pflanzliche Ernährung vor einer Schwangerschaft kann dazu beitragen, das Risiko eines Gestationsdiabetes zu senken. Das zeigen die Ergebnisse einer großen, prospektiven Kohortenstudie. „Nach diesen Daten senkt pflanzliche Kost vor der Schwangerschaft, vor allem wenn sie auch ungesunde pflanzliche Nahrungsmittel wie raffiniertes Getreide, Kartoffeln und zuckerversetzte Nahrungsmittel und Getränke limitiert, das Risiko eines Gestationsdiabetes“, sagte Dr. Frank Qian von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston, Massachusetts, USA, gegenüber Medscape.

Qian und sein Team sahen einen 19%igen Rückgang beim Gestationsdiabetes, wenn die Frauen vor der Schwangerschaft eine reichhaltigere und insgesamt pflanzenbasierte Kost zu sich genommen hatten. Die Daten waren für folgende Parameter adjustiert worden: Alter, Parität, Ethnie, positive Familienanamnese für Diabetes, Rauchen, körperliche Aktivität, Alkohol, Gesamtenergie, Margarineverbrauch und Body-Mass-Index (BMI). Qian stellte die Ergebnisse anlässlich des virtuell abgehaltenen 80. Jahreskongresses der American Diabetes Association (ADA) vor [1].

Er fügte hinzu, dass „ein weiterer Vorteil der pflanzlichen Kost der geringere Verzehr bestimmter tierischer Lebensmittel ist, vor allem von rotem und verarbeitetem Fleisch, die beide im Hinblick auf das Risiko eines Gestationsdiabetes besonders nachteilig zu sein scheinen“.

Die Studie baute auf den Umstand auf, dass pflanzliche Ernährung mit einem geringeren Risiko für Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden ist, und wollte prüfen, ob dies auch für den Schwangerschaftsdiabetes gilt.

Dr. Jacinda Nicklas von der University of Colorado in Boulder, die ebenfalls in jener Sitzung ihre Arbeit vorstellte, sah die Relevanz der Studie, aber auch die Probleme, Wege zur Verhütung eines Schwangerschaftsdiabetes zu finden.

„Diese Studie könnte das Interesse für die Bedeutung einer gesunden pflanzenbasierten Kost auf Frauen mit hohem Risiko wecken, da wir wissen, dass pflanzliche Ernährung die Gesundheit im Allgemeinen verbessert“, sagte sie und fügte hinzu, dass sie zwar einen wichtigen Zusammenhang sehe, jedoch keine Kausalität.

 
Diese Studie könnte das Interesse für die Bedeutung einer gesunden pflanzenbasierten Kost auf Frauen mit hohem Risiko wecken, da wir wissen, dass pflanzliche Ernährung die Gesundheit im Allgemeinen verbessert. Dr. Jacinda Nicklas
 

„Wir wissen nicht, ob eine pflanzenbasierte Ernährung das Risiko wirklich zu senken vermag. Es wäre möglich, dass Frauen, die sich gesund und pflanzenbasiert ernähren, auch in anderer Hinsicht gesünder leben“, stellte sie fest.

An welcher Stelle Einfluss nehmen?

Ein Gestationsdiabetes trat 2016 in Deutschland bei 5,3% aller Schwangeren auf (USA 7,6%). Eine Auswertung von Leistungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherer aus den Jahren 2014/15 wies mit 13,2% einen deutlich höheren Wert für den Schwangerschaftsdiabetes aus. Der Grund dafür scheint zu sein, dass u.a. auch Fälle mit einem bereits bestehenden Diabetes berücksichtigt wurden.

Ein Gestationsdiabetes führt häufiger zu perinatalen Problemen und bedeutet ein langfristig erhöhtes kardiometabolisches Risiko. Für das Kind ist langfristig das Risiko für Adipositas und andere Stoffwechselstörungen erhöht.

„Wir müssen neue modifizierbare Risikofaktoren finden, gegen die wir vorgehen können, damit wir einen Schwangerschaftsdiabetes auch zu verhindern lernen“, sagte Qian. Die diätetischen Leitlinien in den USA (2015–2020) empfehlen als ein Mittel zur Senkung des Risikos für einen Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen die gesunde vegetarische Kost.

 
Wir müssen neue modifizierbare Risikofaktoren finden, gegen die wir vorgehen können, damit wir einen Schwangerschaftsdiabetes auch zu verhindern lernen. Dr. Frank Qian
 

„Die Vitamine, Nährstoffe und Polyphenole, die in pflanzlichen Nahrungsmitteln gefunden werden … könnten dabei helfen, das Gewicht zu halten, den Blutzuckerspiegel zu regulieren, den Blutdruck, die Entzündungen usw. verbessern und somit das Risiko für einen Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen senken“, so Qian. Es bleibe jedoch weiter unklar, ob die positiven Auswirkungen einer pflanzlichen Ernährung bei einem Schwangerschaftsdiabetes sichtbar würden.

Daten aus der laufenden prospektiven Nurses Health Study II

Qian betonte, dass die Diäten in der Studie nicht per se vegetarisch oder vegan waren, da „selbst die Teilnehmer, die am meisten pflanzliche Kost zu sich nahmen, immer noch mehrere Portionen tierischer Lebensmittel pro Tag verzehrten“.

Für die Studie wurden Daten aus der laufenden prospektiven Nurses Health Study II verwendet, an der fast 117.000 Frauen im Alter von 25 bis 44 Jahren teilnahmen. Sie füllten alle 2 Jahre einen Fragebogen zu Lebensgewohnheiten und Krankheitsfolgen aus. Informationen zur Ernährungsweise wurden mithilfe von Fragebögen zur Häufigkeit des Verzehrs bestimmter Nahrungsmittel alle 4 Jahre eingeholt.

Die Art der Ernährung wurde in 3 Klassen kategorisiert: gesunde pflanzenbasierte Kost (z.B. Vollkorn, Obst, Gemüse), ungesunde pflanzliche Kost (z.B. Fruchtsaft und raffiniertes Getreide) und tierische Nahrungsmittel (Milchprodukte, Eier, Fleisch usw.).

Je nachdem, von welchen Nahrungsmitteln wie viel verzehrt wurde, wurden Punkte verteilt oder abgezogen, um eine Gesamtpunktzahl für den pflanzlichen Ernährungsindex (PDI) zu erhalten.

Die Teilnehmer wurden dann entsprechend ihrer PDI-Aufnahme in 5 Klassen eingeteilt, was einen Unterschied von 17 Punkten zwischen der 5. Klasse mit der gesündesten Ernährung und der 1. Klasse ergab. (Die durchschnittliche PDI-Punktzahl betrug 63 in der 5. Klasse gegenüber 46 in der 1. Klasse).

Die registrierte körperliche Aktivität reichte von etwa 20 bis 29 metabolischen Äquivalentstunden/Woche und die Kalorienaufnahme von etwa 1500 bis 2100 kcal/Tag zwischen der 1. und der 5. Klasse. Andere Faktoren waren in etwa ähnlich.

Der primäre Endpunkt war das erstmalige Auftreten eines Schwangerschaftsdiabetes.

Gesunde pflanzenbasierte Kost verringerte Diabetes, aber ungesunde Kost erhöht ihn nicht

Zwischen 1991 und 2001 wurden insgesamt 846 neue Fälle von Schwangerschaftsdiabetes unter 20.707 infrage kommenden Einlingsschwangerschaften bei fast 15.000 Frauen dokumentiert.

Die Analyse zeigte eine starke umgekehrte Korrelation zwischen pflanzenbasierter Kost und Schwangerschaftsdiabetes bei einem um 30% niedrigeren Risiko für die höchste Klasse gegenüber der untersten (Risikoverhältnis: 0,70; p = 0,0004). Die Werte waren hinsichtlich Alter, Parität, Ethnie, positiver Familienanamnese für Diabetes, Rauchen, körperlicher Aktivität, Alkohol, Gesamtenergie und Margarineverbrauch adjustiert worden.

„Nach der Adjustierung auf den Vor-Schwangerschafts-BMI schwächte sich das Risikoverhältnis auf 0,81 (p = 0,03) ab“, berichtete Qian, was darauf schließen ließe, dass die Assoziation im Wesentlichen durch den BMI vor der Schwangerschaft vermittelt wurde, betonte er.

Die Untersucher stellten ein um 13% niedrigeres Risiko für einen Gestationsdiabetes pro 10 Punkte beim Index für eine pflanzenbasierte Kost zugunsten der Frauen fest, die sich stärker an die pflanzenbasierte Kost hielten. Interessanterweise konnte jedoch keine signifikante Assoziation bei dem Index für die ungesunde pflanzliche Kost beobachtet werden.

„Es war dort entgegen unserer Erwartungen keine Zunahme des Risikos zu erkennen“, bemerkte Qian und fügte hinzu, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelte, während sie auch gerne die Kausalität untersuchen würden.

Sie hatten ferner keine Daten über die Ernährung während der Schwangerschaft erhoben, wobei es wichtig wäre, auch diesen Einfluss auf einen Schwangerschaftsdiabetes zu untersuchen.

„Und wir würden gerne wissen, wie sich diese pflanzenbasierte Kost auf die Gesundheit der Nachkommen auswirken kann, was auch vorstellbare nachteilige Folgen wie etwa einen bestimmten Nährstoffmangel bei der Mutter und den Nachkommen beinhaltet. Die tierische Kost enthält spezifische Nährstoffe, die in veganer Kost nicht zu finden sind“, sagte Qian.

Nicklas fügte noch hinzu, dass das Körpergewicht und die körperliche Aktivität kontrolliert würden, aber sie wies darauf hin, dass die Autoren dazu möglicherweise über keine aktuellen Zahlen aus der Zeit unmittelbar vor oder während der Schwangerschaft verfügten, da die Nurses Health Study II nur alle 2 Jahre Umfragen verschickt.

„Auch die Fragebögen zur Häufigkeit des Verzehrs bestimmter Nahrungsmittel werden alle 4 Jahre verschickt, sodass die Ernährung unmittelbar vor oder während der Schwangerschaft möglicherweise nicht erfasst wird und es andere, nicht registrierte Faktoren geben könnte, die zu der verringerten Rate beim Gestationsdiabetes beitragen, aber nicht in die Analyse eingeflossen sind.“

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
 

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