Gegen die Immunantwort nach allogener Stammzelltransplantation, die akute Graft-versus-Host Disease (GVHD), erhalten Patienten normalerweise Glukokortikoide. Eine randomisierte kontrollierte Phase-3-Studie analysierte jetzt die Wirksamkeit und Sicherheit des Januskinase(JAK)-Hemmers Ruxolitinib bei Patienten, die nicht auf Glukokortikoide ansprachen: Ruxolitinib unterdrückte die GVHD bis Tag 28 nach Transplantation signifikant häufiger als in der Kontrollgruppe. Die Studie wurde von Novartis gesponsert und im New England Journal of Medicine publiziert [1].
Das Ergebnis war auch an Tag 56 noch signifikant besser. Die mediane Zeit ohne Rückfall betrug 5 Monate in der Ruxolitinib- versus einen Monat in der Kontrollgruppe. Die Unterschiede in den Nebenwirkungsraten waren gering.
Prof. Dr. Nelson Chao, Duke University School of Medicine in Durham, USA, weist in einem parallel veröffentlichten Editorial auf den rationalen Wirkansatz von Ruxolitinib hin. Es wirke zwar sowohl auf JAK1 als auch auf JAK2, aber anders als Itacitinib hauptsächlich auf JAK 2, wodurch Neutrophile, Makrophagen und Dendritische Zellen des Immunsystems umfassender in ihren physiologischen Aktivitäten gehemmt würden [2].
Allerdings forderte er eine längere Beobachtungszeit und damit weitere Untersuchungen zu einer möglichen Langzeit-Effektivität von Ruxolitinib.
Ruxolitinib gegen 9 andere Optionen
Die Gruppe um die Erstautoren Prof. Dr. Robert Zeiser, Abteilung Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der Universität Freiburg im Breisgau, randomisierte 309 Patienten entweder zu einer Behandlung mit Ruxolitinib oder einer von 9 anderen, bisher genutzten Optionen der Prüfärzte der 11 teilnehmenden Zentren in Deutschland, Frankreich, Australien und Israel.
Die Studie wurde offen durchgeführt. Die Patienten hatten vorab ihr Einverständnis erklärt und die Randomisierung erfolgte mit einer Stratifizierung nach Schwere der GVHD (Grad II vs. III vs. IV).
Die Kontrollbehandlungen umfassten Antithymozyten-Globulin, extrakorporale Photopherese, mesenchymale Stromazellen, niedrigdosiertes Methotrexat, Mycophenolmofetil, Everolimus, Sirolimus, Etanercept oder Infliximab. Standardisierte Unterstützungstherapien wie Wachstumsfaktoren, Antiinfektiva, Transfusionen oder weitere Glukokortikoide und Calcineurin-Inhibitoren waren in beiden Gruppen erlaubt.
Bei allen teilnehmenden Patienten hatte eine erste Therapie der GVHD mit Glukokortikoiden nicht zum Erfolg geführt. Ein Versagen der anfänglichen Glukokortikoid-Therapie war definiert als Progression der GVHD nach 3 Therapietagen mit hohen Dosen sowie mit oder ohne Calcineurin-Inhibitoren, fehlendes Ansprechen nach 7 Tagen oder Therapieversagen während des Ausschleichens der Glukokortikoide.
Mehr Response unter Ruxolitinib
Nach 28 Tagen mit 2x10 mg täglich war es bei 62% der Patienten zu einer kompletten oder teilweisen Response gekommen, in der Kontrollgruppe dagegen nur bei 39% der Patienten. Daraus errechnete sich ein Chancenverhältnis von 2,46 (95%-Konfidenzintervall: 1,65-4,22) und eine hohe Signifikanz (p < 0,001). 49 von 155 Patienten der Kontrollgruppe wechselten nach 28 Tagen in die Ruxolitinib-Gruppe.
Der zweite Studienendpunkt war die Aufrechterhaltung des Ansprechens nach 56 Tagen. Dies wurde bei 40% der Patienten unter Ruxolitinib und bei 22% der Kontrollgruppe erreicht (2,38; 95%-KI:1,43-3,94, p < 0,001).
Die rückfallsfreie Zeit betrug unter Ruxolitinib im Median 5,0 Monate, in der Kontrollgruppe nur einen Monat. Das kumulative Auftreten eines Responseverlustes innerhalb der ersten 6 Monate errechnete sich auf 10% in der Ruxolitinib- und 39% in der Kontrollgruppe, das Gesamtüberleben betrug median 11,1 Monate unter Ruxolitinib gegenüber 6,55 Monate bei den Kontrollen.
Die Behandlung wurde bis zu 24 Wochen fortgesetzt. Bei Patienten, die auf Ruxolitinib ansprachen, konnte der Wirkstoff nach 56 Tagen ausgeschlichen werden. Bei 72% der Patienten in der Ruxolitinib- und bei 85% in der Kontrollgruppe wurden die Behandlungen nicht bis zur Woche 24 durchgehalten, meist wegen Wirkungslosigkeit (21% Ruxolitinib vs 44%). Im Median betrug die Exposition unter Ruxolitinib 63 Tage vs. 29 Tage in der Kontrollgruppe.
Nach 24 Wochen waren 51% der Patienten in der Kontrollgruppe gestorben, in der Ruxolitinib-Gruppe 47%, in beiden Gruppen zumeist aufgrund von akuter GVHD.
Die häufigsten Nebenwirkungen in den ersten 28 Tagen waren Thrombozytopenie (33% Ruxolitinib vs 18%), Anämie (30% Ruxolitinib vs 28%) und Zytomegalovirus-Infektionen (26% Ruxolitinib vs 21%).
Die Autoren betonen in ihrer Diskussion, dass Ruxolitinib nicht nur die bisher erfolgreichste Therapieoption bei GVHD sei, sondern auch die einzige bisher von der FDA in den USA zugelassene Medikation.
Medscape Nachrichten © 2020
Diesen Artikel so zitieren: Neuer JAK-Hemmer Ruxolitinib hilft gegen Graft-Versus-Host Disease (GVHD) nach Versagen von Glukokortikoid - Medscape - 10. Jul 2020.
Kommentar