SARS-CoV-2-Pandemie: Diese psychologischen Merkmale könnten (zum Teil) Hamsterkäufe von Toilettenpapier erklären

Dr. Thomas Kron

Interessenkonflikte

2. Juli 2020

Manche Menschen sammeln Briefmarken, andere Tassen oder Schallplatten. In diesem Jahr war in einigen Regionen dieser Welt, auch in Deutschland, eine besondere Art von „Sammlern“ zu beobachten: Menschen, die Toilettenpapier horteten. Wissenschaftler um Theo Toppe vom Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipzig haben sich in einer Studie mit dieser seltsamen, aber vielleicht gar nicht so seltenen „Spezies“ beschäftigt [1].

Ihre Erkenntnis: Menschen, die dazu neigen, Klopapier zu horten, fühlen sich besonders durch COVID-19 bedroht. Und: Im Vergleich zu jenen Zeitgenossen, die sich beim Kauf am Bedarf orientieren, ist die Persönlichkeit der „Sammler“ durch ein besonders hohes Maß an Emotionalität und Gewissenhaftigkeit geprägt. Außerdem horten US-Amerikaner mehr als Europäer.

Goldene Tage für Hersteller von Toilettenpapier

Was war passiert? Nach der schnellen Verbreitung von SARS-CoV-2 in Europa und Nordamerika im März 2020 begannen viele Menschen, Artikel wie Toilettenpapier zu horten. Unternehmen berichteten von einem Anstieg des Absatzes um bis zu 700%, obwohl die Regierung dazu aufgefordert hatte, von „Panikkäufen“ abzusehen.

Für die Studie befragten Forscher 1.029 Erwachsene aus 35 Ländern, die sie über soziale Medien rekrutiert hatten. Die Teilnehmer kamen aus Europa, Kanada und aus den USA. Ihr Durchschnittsalter lag bei 32 Jahren. Die Mehrheit waren Frauen (Nordamerika knapp 82%, Europa 68%).

Zwischen dem 23. und dem 29. März 2020 füllten alle Teilnehmer einen Persönlichkeitstest aus, nämlich den Brief HEXACO Inventory (BHI). Dieser umfasst 6 große Persönlichkeitsbereiche. Darüber hinaus berichteten sie über ihren demografischen Hintergrund und gaben an, wie stark sie sich durch COVID-19 bedroht fühlten. Auch ihr Quarantäneverhalten und ihr Verbrauch an Toilettenpapier der letzten Wochen wurde erfasst.

Die „Risikofaktoren“: Furcht, Fleiß und Perfektionismus

Zu den Ergebnissen: Menschen, die sich von der Pandemie stärker bedroht fühlten, neigten dazu, mehr Toilettenpapier zu horten. Etwa 20% dieses Effekts waren auf das Persönlichkeitsmerkmal Emotionalität zurückzuführen. Wer im Allgemeinen besonders besorgt und ängstlich ist, fühlt sich auch durch COVID-19 bedrohter und neigt eher zu Hamsterkäufen. Auch die Persönlichkeitsdomäne der Gewissenhaftigkeit, zu der Organisation, Fleiß, Perfektionismus und Vorsicht gehören, hatte Einfluss auf das Bevorratungsverhalten.

Noch nicht vollständig verstanden

Andere Beobachtungen waren, dass ältere Menschen mehr Toilettenpapier horten als jüngere und dass US-Amerikaner eher zur Bevorratung neigen als Europäer. Die Forscher weisen darauf hin, dass ihre untersuchten Variablen nur etwa 12% der Unterschiede beim beobachteten Kaufverhalten erklären, was darauf hindeutet, dass einige psychologische Erklärungen und situative Faktoren wahrscheinlich nicht berücksichtigt wurden.

 
Die subjektive Bedrohung durch COVID-19 scheint ein wichtiger Auslöser für die Bevorratung mit Toilettenpapier zu sein. Theo Toppe
 

„Die subjektive Bedrohung durch COVID-19 scheint ein wichtiger Auslöser für die Bevorratung mit Toilettenpapier zu sein. Von einem umfassenden Verständnis dieses Phänomens sind wir jedoch noch weit entfernt“, so Toppe.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .

 

Kommentar

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