Aktualisierte S1-Leitlinie zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

23. Juni 2020

Wie sieht die bestmögliche intensivmedizinische Therapie von Patienten mit COVID-19 aus? 10 medizinische Fachgesellschaften haben dazu jetzt gemeinsame aktualisierte Empfehlungen veröffentlicht [1].

„Die neue Leitlinie findet einen breiten Konsens unter den beteiligten Experten sowie medizinischen Vereinigungen und gibt damit behandelnden Ärzten mehr Sicherheit bei der Arbeit“, so die Präsidenten der beiden federführenden Fachgesellschaften, Prof. Dr. Uwe Janssens von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und Prof. Dr. Stefan John von der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) in einer Pressemitteilung.

Unter dem Titel „Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19“ ist die neue S1-Leitlinie bei der AWMF publiziert. Sie soll dazu beitragen, die vielen Fragen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 zu beantworten.

Schwerpunkte der Leitlinie sind Diagnostik, adäquate Unterbringung und Hygienemaßnahmen, geeignete Maßnahmen bei hochgradigem Sauerstoffmangel im Blut, bei Kreislaufstillstand und Herz-Lungen-Wiederbelebung. Thematisiert wird auch die Thromboseprophylaxe mit geeigneten Medikamenten zur Hemmung der Blutgerinnung, und es gibt Empfehlungen für die medikamentöse Therapie.

Verzögerte Intubation verschlechtert die Prognose

Ausführlich widmet sich die Leitlinie den Maßnahmen bei akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz. Weder eine frühe Intubation aus Angst des medizinischen Personals vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 noch eine Therapie mit High-Flow-Sauerstofftherapie (HFNC) bzw. nicht-invasive Beatmung (NIV) bei schwerer Oxygenierungsstörung seien gerechtfertigt, stellen die Autoren klar.  

Die HFNC/NIV bei akuter hypoxämischer respiratorischer Insuffizienz im Rahmen von COVID-19 sollte nur bei klarer Indikation mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden.

 
Die invasive Beatmung und wiederholte Bauchlagerung sind wichtige Elemente in der Behandlung von COVID-19 Patienten mit schwerem Sauerstoffmangel im Blut. Prof. Dr. Stefan Kluge
 

Bei Patienten mit einer schwereren Hypoxämie (PaO2/FiO2 ≤ 150 mm Hg) und Atemfrequenzen > 30/min sollte eine Intubation und invasive Beatmung erfolgen. Eine kritische Verzögerung der Intubation bei Nichtansprechen einer NIV verschlechtert nämlich die Prognose.

Eine notfallmäßige Intubation sollte aufgrund des dann erhöhten Übertragungsrisikos unbedingt vermieden werden. „Die invasive Beatmung und wiederholte Bauchlagerung sind wichtige Elemente in der Behandlung von COVID-19 Patienten mit schwerem Sauerstoffmangel im Blut. Prozeduren, die zur Aerosolbildung führen könnten, sollten – falls nötig – mit äußerster Sorgfalt und Vorbereitung durchgeführt werden“, so der Erstautor und Pneumologe Prof. Dr. Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Auch ethische Aspekte in der Leitlinie

Die Leitlinienautoren gehen auch auf die ethischen Aspekte einer intensivmedizinischen Behandlung ein. Diese muss immer 2 Voraussetzungen erfüllen:

  • Die behandelnden Ärzte müssen dafür eine klare medizinische Indikation stellen.

  • und die Behandlung muss dem Willen des Patienten entsprechen.

„Wir raten dazu, dass die Behandlungen immer durch ein multidisziplinäres Team erfolgen sollten, zu dem in jedem Fall Intensivmediziner, Pflegekräfte, Infektiologen und Krankenhaushygieniker gehören“, sagt Ko-Autor Prof. Dr. Gernot Marx, Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care des Aachener Universitätsklinikums.

Alle intensivmedizinisch relevanten Fachgesellschaften haben sich an der neuen Leitlinie beteiligt und „Empfehlungen nach dem neuesten Stand der Wissenschaft“ weitergegeben, berichtet Marx.

 
Wir raten dazu, dass die Behandlungen immer durch ein multidisziplinäres Team erfolgen sollten. Prof. Dr. Gernot Marx
 

„Bei den zahleichen neuen wissenschaftlichen Herausforderungen rund um COVID-19 gehen wir davon aus, dass unsere Leitlinie schon in einigen Monaten weiter ergänzt werden könnte. Wissenschaftlich wollen wir immer den neuesten Stand abbilden, um die bestmögliche Behandlung zu gewährleisten“, so Kluge.

 

Kommentar

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