Typ-2-Diabetes: Einer tanzt aus der Reihe – SGLT-2-Hemmer Ertugliflozin versagt in puncto kardiovaskuläre Protektion

Mitchel L. Zoler

Interessenkonflikte

18. Juni 2020

Der selektive SGLT-2-Hemmer Ertugliflozin tanzt aus der Reihe. Im Gegensatz zu anderen Antidiabetika aus der Gruppe der SGLT-2-Hemmer konnte er das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse nicht signifikant senken.

So das Ergebnis einer Studie mit mehr als 8.200 Patienten mit Typ-2-Diabetes und kardiovaskulärer Erkrankung. Der kombinierte Endpunkt bestand aus „kardiovaskulärem Tod plus Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz“. Auch auf die Nieren zeigte sich kein positiver Effekt der Therapie. Der Hersteller Merck veröffentlichte die wichtigsten Ergebnisse der Studie Ende April 2020 in seinem Quartalsbericht [1].

Formuliert wurden die Ergebnisse der Studie zu kardiovaskulären Endpunkten unter Ertugliflozin etwas verklausuliert: „Es wurde der primäre Endpunkt der Nicht-Unterlegenheit bei wichtigen unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen (Major Adverse Cardiovascular Events, MACE) erreicht – dies bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus und vorbestehender atherosklerotisch bedingter kardiovaskulärer Erkrankung im Vergleich zu Placebo.“

Weiter heißt es: Auch wurden „die wichtigsten sekundären Endpunkte für eine Überlegenheit“ von Ertugliflozin gegenüber Placebo nicht erreicht. Dies waren „die Zeit bis zum kombinierten Endpunkt aus kardiovaskulär bedingtem Tod oder Krankenhausaufenthalt wegen Herzinsuffizienz, kardiovaskulär bedingtem Tod allein und einem kombinierten Endpunkt aus renal bedingtem Tod, Dialyse/Nierentransplantation oder Verdoppelung des Serumkreatinins gegenüber dem Ausgangswert“.

Der Bericht ergänzt jedoch, dass unter der Behandlung mit Ertugliflozin „ein Rückgang der Krankenhauseinweisungen aufgrund einer Herzinsuffizienz zu verzeichnen gewesen war, auch wenn dies kein zuvor definiertes Kriterium der statistischen Analyse gewesen ist“. Auch stimme das Sicherheitsprofil des Wirkstoffes in der Studie mit den Ergebnissen aus früheren Untersuchungen überein. Die Erklärung schließt mit dem Hinweis auf die Einzelheiten der Untersuchung, die anlässlich des (virtuell stattfindenden) 80. Kongresses der American Diabetes Association (ADA) am 16. Juni 2020 vorgestellt werden sollen.

Die Ergebnisse stammen aus der VERTIS-CV-Studie (Evaluation of Ertugliflozin Efficacy and Safety Cardiovascular Outcomes). Dabei erhielten 8.238 randomisierte Patienten aus 2 Rekrutierungsphasen (2013 bis 2015 und 2016 bis 2017) in Zentren in 34 verschiedenen Ländern mindestens eine Dosis des Prüfpräparates.

Der getestete Wirkstoff Ertugliflozin (Steglatro®) erhielt Ende 2017 von der Food and Drug Administration (FDA) die Marktzulassung für die Indikation „Verbesserung der glykämischen Kontrolle bei Patienten mit Typ-2-Diabetes“. In der EU und in der Schweiz ist der Wirkstoff seit dem Jahr 2018 in Form von Filmtabletten zugelassen (Steglatro®).

SGLT-2-Inhibitoren und kardiovaskuläre Sicherheit

Die FDA hatte in einer Richtlinie 2008 verfügt, dass für neue Antidiabetika ein solider Nachweis für deren kardiovaskuläre Sicherheit erbracht werden muss (FDA-Update im März 2020). Weitere von der FDA zugelassene Wirkstoffe aus der Klasse der SGLT-2-Inhibitoren sind Canagliflozin (Invokana®), Dapagliflozin (Forxiga®) und Empagliflozin (Jardiance®). Für alle 3 ist eine statistisch signifikante Verbesserung der folgenden 3 Parameter nachgewiesen: Verringerung von kardiovaskulär bedingten Todesfällen, seltenere stationäre Aufenthalte infolge einer Herzinsuffizienz und weniger renale Komplikationen. Diese Resultate trugen dazu bei, dass SGLT-2-Inhibitoren zur Erstlinientherapie in der Blutzuckerkontrolle aufstiegen.

Erst kürzlich wurde gezeigt, dass es unter einem Wirkstoff aus dieser Gruppe, Dapagliflozin, bei Patienten mit Herzinsuffizienz und verminderter Ejektionsfraktion auch ohne Diabetes mellitus seltener zu einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz kommt und die Zahl kardiovaskulär bedingter Todesfälle signifikant zurückgeht. Basierend auf diesen Resultaten erwägt die FDA derzeit eine erweiterte Indikationsstellung für Dapagliflozin, sodass es auch für den Einsatz bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion ohne Diabetes infrage kommt.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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