TAVI oder chirurgischer Aortenklappenersatz? Neues Konsensuspapier von Fachgesellschaften weist den Weg

Dr. Thomas Kron

Interessenkonflikte

15. Juni 2020

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und die Deutsche Gesellschaft für Thorax‑, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) haben gemeinsam ein Konsensuspapier zur kathetergestützten Aortenklappen-Implantation (TAVI) erstellt [1]. Ziel der Fachgesellschaften ist, nach Auswertung neuer Studien evidenzbasierte Empfehlungen zu geben.

TAVI inzwischen die Regel

Ursprünglich wurde die kathetergestützte Implantation einer Aortenklappe für ältere Patienten mit hohem Operationsrisiko empfohlen. Seit einigen Jahren wird das Verfahren jedoch zunehmend auch bei jüngeren, gesünderen Patienten eingesetzt. Dies hat zu kontroversen Diskussionen zwischen Kardiologen und Herzchirurgen über die Indikation von TAVI oder einer konventionellen chirurgischen Methode geführt. Nach beiden Positionspapieren der DGK zur TAVI in den Jahren 2015 und 2016 haben sich die DGK und DGTHG entschlossen, ein gemeinsames Konsensuspapier vorzulegen. 

Das Dokument berücksichtigt neueste Ergebnisse aus randomisierten Studien und Beobachtungsstudien, insbesondere bei Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose (AS) und niedrigem operativem Risiko (STS-Score ≤4 %) sowie bei speziellen Indikationen wie „Klappe in Klappe“ und hochgradiger AS bei bikuspider Aortenklappe. Außerdem werde auf Komplikationen und Themen wie die Haltbarkeit der perkutanen im Vergleich zu operativ eingesetzten Prothesen eingegangen – vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass Niedrigrisiko-Patienten jünger sind.

Empfehlungen zum Einsatz von TAVI

Dem Konsensuspapier zufolge wird ein chirurgischer Aortenklappenersatz (AKE) bei Niedrigrisiko-Patienten empfohlen, die ≤70 Jahre alt sind und keine anderen Risikofaktoren aufweisen. 

Zu TAVI wird auch bei Patienten >75 Jahre und bei einer für TAVI geeigneten Anatomie nach Entscheidung im Herz-Team geraten.

Bei 70- bis 75-jährigen Patienten sprechen sich die Autoren für eine Herz-Team-Entscheidung zu TAVI oder AKE unter Bewertung der Lebensperspektive für den Patienten angesichts fehlender Langzeitdaten aus randomisierten Studien aus.

Zudem wird ausführlich auf mögliche Komplikationen und andere wichtige Themen eingegangen, wie die Haltbarkeit der perkutanen Prothesen im Vergleich zu operativ eingesetzten Prothesen und Mindestfallzahlen für Zentren, an denen TAVI durchgeführt wird. 

Für eine rasche Orientierung hilfreich ist eine Tabelle, in der dargestellt wird, bei welchen Befunden welche Methode zu bevorzugen ist. Für einen kathetergestützten Klappenersatz sprechen zum Beispiel sprechen folgende klinischen Charakteristika:

  • Schwere Komorbidität 

  • Früherer herzchirurgischer Eingriff 

  • Gebrechlichkeit 

  • Eingeschränkte Mobilität und Umstände, die den Rehabilitationsprozess nach dem Eingriff beeinträchtigen könnten

Bei Verdacht auf Endokarditis sei hingegen eher ein AKE indiziert, schreiben die Autoren.

Qualifikation von Zentren und Ärzten

Darüber hinaus werden unter Berücksichtigung des G‑BA-Beschlusses zur perkutanen Herzklappentherapie Kriterien für die personellen und strukturellen Voraussetzungen unter dem Aspekt der Qualifikation des TAVI-Zentrums und des TAVI-Operateurs mit der speziellen Rolle des interventionellen Kardiologen und des Herzchirurgen definiert.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .
 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....