Kinder mit Krebs: Deutsche INFORM-Registerstudie lotet die Chancen der personalisierten Therapie aus

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

4. Juni 2020

Alexandria – Mit einer systematischen Analyse von Veränderungen im Erbgut lässt sich bei krebskranken Kindern mit Rezidiv eine zielgerichtete Therapie erarbeiten, welche die Progression der Erkrankung verzögern kann. Das zeigen Ergebnisse der Register-Studie INFORM (INdividualized Therapy FOr Relapsed Malignancies in Childhood), die Dr.Cornelis Martinus van Tilburg, Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Ärztliche Leitung Frühe Phase Klinische Studien am Hopp Kinderzentrum Heidelberg, beim virtuellen Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vorgestellt hat [1].

Klinische Outcome-Daten belegen erstmals, dass sich bei Kindern mit sogenannten Very High Priority Level Targets wie ALK-, BRAF- oder NRAS-Mutationen das progressionsfreie Überleben durch die gezielte Therapie auf 204,5 Tage verlängern ließ, während es bei den nicht behandelten Kindern bei 114 Tagen lag.

 
Präzisionsonkologie bei Kindern ist unter Real-World-Bedingungen machbar. Dr. Cornelis Martinus van Tilburg
 

„Präzisionsonkologie bei Kindern ist unter Real-World-Bedingungen machbar“, so van Tilburg. Ein weiterer Vorteil der Analyse der Erbgutveränderungen sei, dass man auch Mutationen nachweisen könne, die für eine ganze Familie des Patienten von Bedeutung seien.

INFORM-Register zur Auswahl personalisierter Therapien

Kinder mit refraktärem, rezidiviertem und progredientem Hochrisiko-Karzinom haben eine schlechte Prognose. Die Überlebensrate liegt im Median bei 9,5 Monaten.

Seit dem Jahr 2015 werden in der prospektiven Registerstudie INFORM bei Kindern mit einem Rezidiv molekulare Angriffsziele identifiziert, um möglicherweise eine gezielte Therapie zu finden ( Medscape hat berichtet ).

Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg und dem Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg entwickelten Forscher am Hopp-Kinderzentrum in Heidelberg einen Algorithmus, mit dem sie die Eignung molekularer Veränderungen in einem Tumor als therapeutische Zielstruktur in sieben Kategorien von „sehr geeignet“ bis „ungeeignet“ einstufen konnten.

Als „sehr geeignet“ gelten beispielsweise Mutationen im Tumor, die sehr spezifisch für bestimmte Krebsformen sind, von denen bekannt ist, dass sie biologische Zielstrukturen aktivieren, die direkt durch Wirkstoffe angreifbar sind und für die es bereits zugelassene Substanzen oder derzeit laufende klinische Studien gibt.

Maßgeschneiderte Therapie – noch selten, aber effektiv

Der Forscher van Tilburg präsentierte jetzt Outcome-Daten von 526 Kindern mit einer Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren, von denen 149 mit den passend für sie ausgewählten gezielt wirkenden Substanzen behandelt worden waren. Bei 377 Patienten konnten keine Therapie gefunden werden. Bei 20 der 149 Kinder hatte die Mutationsanalyse eine „sehr geeignete“ therapeutische Zielstruktur ergeben.

17/149 Kindern (3,2%) wurden in klinische Studien eingeschlossen. Bei 40 Kindern (7,6%) wurde eine für Krebs prädisponierende Konstellation nachgewiesen, die in 17 Fällen bis dahin nicht bekannt war. Den Familien wurde daraufhin eine humangenetische Beratung angeboten.

Bei den Kindern mit Very High Priority Level Targets, die mit gezielt wirkenden Substanzen behandelt worden sind, konnte das progressionsfreie Überleben (PFS) im Median auf 204,5 Tage, das Gesamtüberleben (OS) auf 354 Tage verlängert werden; bei allen anderen Kindern lag das PFS bei 114 Tagen und das OS bei 287 Tagen.

Der Experte wies jedoch darauf hin, dass für den großen Anteil aller Kinder, die nicht in die Zielkategorie „sehr geeignet“ eingestuft werden können, künftig weitere molekulare und funktionelle Parameter in das Programm eingearbeitet werden sollten. Außerdem sieht er einen hohen Bedarf für Biomarker-gesteuerte interventionelle klinische Studien bei Kindern.

 

Kommentar

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