Lungenkrebs und Chemo in den letzten 3 Monaten – da ist nach Registerdaten das Sterberisiko bei COVID-19 erhöht

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

4. Juni 2020

Alexandria – Eine Chemotherapie in den vergangenen 3 Monaten erhöht das Sterberisiko bei Lungenkrebs-Patienten, die an COVID-19 erkrankt sind. Dies zeigen Daten des TERAVOLT-Registers (Thoracic cancERs international coVid 19 cOLlaboraTion). Präsentiert wurden die Resultate von PD Dr. Leora Horn, Vanderbilt University Medical Center in Nashville, Tennessee, beim virtuellen Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) [1].

Von 400 Lungenkrebs-Patienten starben insgesamt 144, davon 112 (79,4%) an COVID-19 und 15 (10,6%) am Karzinom. Weitere Risikofaktoren für eine erhöhte Mortalität waren neben der Chemotherapie ein höheres Alter, die Zahl an Komorbiditäten sowie ein höherer ECOG Performance Status.

PD Dr. Giuseppe Curigliano, Forscher an der Universität von Mailand, wies als Diskutant der Studie jedoch darauf hin, dass Daten des Registers nur begrenzt aussagekräftig seien, weil beispielsweise keine standardisierten Outcome-Definitionen eingesetzt worden wären und verschiedene Verfälschungen möglich seien, wie ein Selektions-Bias oder eine Änderung in der Krankheitsentwicklung. Vergleiche mit Patienten ohne maligne Erkrankung fehlten, und es gebe keine Stratifizierung nach Stadium der Erkrankung, Zahl der Therapielinien und anderen Variablen.

TERAVOLT sei jedoch neben dem CCC19-Register die größte Real-Word-Datensammlung zum Risiko von Hospitalisierung und Tod von Krebspatienten mit COVID-19.

Seine Erfahrungen mit COVID-19 fasste der Mailänder Onkologe so zusammen: „Die Wissenschaft des 21. Jahrhundert spielt eine relativ kleine Rolle bei der Kontrolle der SARS-CoV-2-Pandemie. Die Methoden der 19. Jahrhunderts haben erneut ihren Nutzen gezeigt: Frühes Abstandhalten, persönliche Schutzmaßnahmen und Hände waschen!“

Lungenkrebs und COVID-19: Das TERAVOLT-Register

Das TERAVOLT-Konsortium fand sich nach den ersten COVID-19-Fällen bereits Mitte März 2020 zusammen und entwickelte innerhalb einer Woche ein Protokoll zur Sammlung von Daten bei Patienten mit Lungenkrebs und COVID-19.

Ziel des Registers ist, demographische Faktoren, Komorbiditäten, Karzinom-Charakteristika und Therapien von Patienten mit malignen Lungenerkrankungen zu erfassen, die an schwerer COVID-19 erkrankt sind. Mit Hilfe der Daten sollen der klinische Verlauf der Virusinfektion besser verstanden werden, um letztendlich die Behandlung zu verbessern. Die Daten werden laufend an die neuen Kenntnisse zu COVID-19 angepasst.

In TERAVOLT werden Patienten mit bösartigen Lungenerkrankungen aufgenommen, die eine durch PCR-Analyse bestätigte SARS-CoV-2-Infektion haben oder bei denen aufgrund der klinischen oder radiologischen Symptomatik ein dringender Verdacht auf die Infektion besteht.

Analyse der Registerdaten von 400 Patienten

Horn stellte beim ASCO-Kongress eine Analyse der Daten von 400 Patienten vor, die bis zum 8. Mai 2020 gesammelt und im Median 33 Tage nach der Diagnose nachverfolgt worden waren.

Die Mehrzahl aller Patienten waren Männer (63% bis 70%); das Alter lag zwischen 66 und 70 Jahren. Der Anteil aller Nie-Raucher betrug nur 13% bis 20%.

Die meisten Patienten wiesen einen ECOG Performance Status zwischen 0 und 1 auf. Die Mehrzahl (61% bis 76%) war an einem Tumor im Stadium IV erkrankt. Zu den häufigsten Komorbiditäten zählten COPD, Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen, Nierenfunktionsstörungen und Hypertonie.

Von den 400 Patienten hatten sich 169 von der Virusinfektion wieder erholt, 118 waren noch erkrankt, und 141 waren gestorben, was einer Mortalität von 35,5% entspricht.

Besonders hoch war die Sterberate mit 48,2% bei Patienten, die innerhalb der letzten 3 Monate eine Krebsbehandlung erhalten hatten. Von ihnen wurden 45% mit einer Chemotherapie, etwa 20% mit einer Immuntherapie und 12% mit einer gezielten Therapie behandelt. Rund 30% der Patienten mit 1 oder 2 Komorbiditäten waren gestorben.

Als Risikofaktoren für eine erhöhte Mortalität ergaben sich nach Aussage von Horn zum Beispiel ein Alter über 65 Jahren, Komorbiditäten, ein ECOG Performance Status von 1 oder höher sowie eine Chemotherapie. Kein Einfluss auf das Sterberisiko hatten Geschlecht, Body Mass Index, Raucherstatus, Stadium und Art der Krebserkrankung sowie die COVID-19-Therapie.

Typische COVID-19-Symptome

Die häufigsten COVID-19-Symptome waren Fieber (über 60%), Husten (37 bis 50%), Dyspnoe (46 bis 88%) und Fatigue (28%). Seltener (unter 10%) traten Geschmacksstörungen, Durchfall und Kopfschmerzen auf. Als häufigste Komplikationen waren bei den gestorbenen Patienten eine Pneumonitis/Pneumonie (71%), ein akutes respiratorisches Atemnotsyndrom (49,6%), ein Multiorganversagen (14,9%) oder eine Sepsis (12,1%) aufgetreten.

 

Kommentar

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