Ein Screening auf Prostatakrebs mittels PSA-Test schadet deutlich mehr Männern durch Überdiagnosen als es Männern nutzt – zu diesem Schluss kommt das IQWiG auch in seinem Abschlussbericht vom Ende April. In ihrer Stellungnahme dazu betont die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) hingegen, dass nicht bis 2028 (dann sollen die Ergebnisse der ProScreen-Studie aus Finnland und der Göteborg-Studie vorliegen) gewartet werden sollte, um ein PSA-Screening als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen zu ermöglichen [1].
Die Urologen argumentieren, nur mittels PSA-Screening könne eine rechtzeitige Erkennung und Therapie des häufigsten Tumors des Mannes gewährleistet und das vermehrte Auftreten von metastasierten Erkrankungsstadien verhindert werden.
Schon die vorläufige negative Nutzenbewertung hatte bei den Urologen Kritik ausgelöst. In ihrem Positionspapier Mitte Januar hatte die DGU dem Vorbericht des IQWiG widersprochen und kritisiert, dass die präsentierten Ergebnisse einseitig und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen nicht kongruent seien.
IQWiG legt PSA-Screening für alle Männer zugrunde
Trotz zahlreicher und umfangreicher Stellungnahmen nationaler und internationaler medizinischer Fachgesellschaften habe sich das IQWiG in seinem Abschlussbericht bei seiner Interpretation des Begriffes Screening am kontrovers diskutierten Mammografie-Screening orientiert, kritisiert die DGU.
Das IQWiG legte offenbar zugrunde, dass bei einem PSA-Screening alle Männer in einem bestimmten Alter unabhängig von Begleiterkrankungen und Risikoprofil zu einem PSA-Test aufgefordert werden.
„Auch bei der intensiven Diskussion im Anhörungsverfahren beim IQWiG wurde an dieser Interpretation des Begriffes festgehalten, obwohl ein derartiges PSA-basiertes Screening weder von den medizinischen Fachgesellschaften, noch den gängigen Leitlinien, noch von Patientenvertretern gefordert oder empfohlen wird“, stellt die DGU in ihrem Schreiben klar.
Sie weist darauf hin, dass seit Jahren, „gemäß der gängigen Leitlinien, eine risikoadaptierte PSA-Diagnostik als Baustein der Prostatakarzinom-Früherkennung“ erfolge.
Plausibilität der PSA-basierten Frühdiagnostik eingeräumt
„Unser Ziel ist eine risikoadaptierte, patientenorientierte individuelle Früherkennung mit genau definierten Wiederholungszyklen für den PSA-Test als einem wesentlichen Baustein einer umfänglichen Prostatakrebsfrüherkennung, auf den früherkennungswillige Männer nach leitliniengerechter Aufklärung mit partizipativer Risiko-Nutzenabwägung durch den Urologen einen gesetzlichen Anspruch haben sollen. Mithilfe dieses Bausteins und weiterer Parameter ist es möglich, klinisch relevante Karzinome zu identifizieren, die behandelt werden sollten, um das Risiko zu verringern, an einem metastasierten Prostatakarzinom zu sterben“, erklärt der Generalssekretär der DGU, Prof. Dr. Maurice Stephan Michel.
Zwar habe das IQWiG im Abschlussbericht die Plausibilität einer PSA-basierten Frühdiagnostik eingeräumt, hatte dazu aber auf die 2028 zu erwartenden Studienergebnisse verwiesen, statt auf die Ergebnisse der PROBASE-Studie, die noch Ende des Jahres publiziert werden.
Es sei nun Aufgabe des G-BA zu überprüfen, ob und wie über das Thema der Erstattungsfähigkeit des PSA-Tests entschieden wird. Der medizinische Nutzen des risikoadaptiert eingesetzten PSA-Tests als Baustein der Prostatakarzinom-Früherkennung bleibt unbestritten, so die DGU.
Am 20. Dezember 2018 hatte der G-BA die Einleitung eines Beratungsverfahrens zur Bewertung des PSA-Screenings beschlossen, im Januar 2022 soll im G-BA die abschließende Entscheidung fallen.
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Diesen Artikel so zitieren: Abschlussbericht des IQWiG zum PSA-Test: Kritik von Urologen – sie wollen risikoadaptierte PSA-Tests auf Kassenkosten - Medscape - 27. Mai 2020.
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