EMA: Einschränkungen von Hormonersatz-Therapien – und weniger Anwendungsfehler bei Leuprorelin-Depot-Arzneimitteln

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

15. Mai 2020

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat bei seiner Sitzung vom 11. Bis 14. Mai 2020 erneut Sicherheitsbedenken bei Hormonersatztherapien (HRT) diskutiert. Aufgrund von Brustkrebs-Risiken sollten Hormone nur kurzzeitig und niedrig dosiert eingesetzt werden – neue Warnungen sind erforderlich. Außerdem empfiehlt der PRAC detaillierte Maßnahmen zur Vermeidung von Behandlungsfehlern bei Leuprorelin-Depot-Arzneimitteln [1].

Prüfung neuer Infos zum Brustkrebsrisiko bei Hormonersatz

Der PRAC hat seine Überprüfung neuer Daten zum bekannten Brustkrebsrisiko unter HRT abgeschlossen. Dabei ging es um die Behandlung von Symptomen ab Beginn der Menopause. Empfohlen wird nun, die Sicherheitsinformationen von Präparaten zu aktualisieren.

Grundlage der Entscheidung ist eine prospektive Kohortenstudie, publiziert im Lancet . Sie zeigt Assoziationen zwischen dem Brustkrebs-Risiko und der Hormonersatz-Therapie (5 Jahre Therapiedauer, ab dem 50. Lebensjahr):

  • 1 zusätzlicher Fall pro 50 Anwenderinnen von Östrogen und täglichem Gestagen,

  • 1 zusätzlicher Fall pro 70 Anwenderinnen von Östrogen und intermittierendem Gestagen,

  • 1 zusätzlicher Fall pro 200 Anwenderinnen von Östrogen als Monotherapie.

Darüber hinaus zeigten Daten, dass das Risiko nach Absetzen der HRT 10 Jahre oder länger weiter erhöht sein kann, falls die Präparate länger als 5 Jahre zum Einsatz gekommen sind.

Deshalb rät der PRAC Ärzten, einen Hormonersatz zur Behandlung von Symptomen der Menopause in der niedrigsten möglichen Dosis und über möglichst kurze Zeiträume durchzuführen. Frauen sollten sich gemäß den aktualisierten Empfehlungen regelmäßig untersuchen lassen, dies einschließlich Brustuntersuchungen.

Bei konjugierten Östrogenen / Bazedoxifen (Duavive®) ist die Auswirkung auf das Brustkrebs-Risiko unbekannt. Auch hier werden aber die Produktinformationen aktualisiert. Das gilt ebenfalls für Tibolon.

Niedrig dosiertes, vaginal zu applizierendes Östrogen gilt bei Frauen ohne Brustkrebs in der Vorgeschichte weiterhin als sicher. Ob Frauen mit einem früheren Mammakarzinom möglicherweise unter einer HRT ein erhöhtes Rezidiv-Risiko haben, ist unbekannt.

Fehler bei Leuprorelin-Depotmedikamenten vermeiden

Depotformulierungen von Leuprorelin werden durch Injektion unter die Haut oder in einen Muskel verabreicht und setzen den Wirkstoff innerhalb von 1 bis 6 Monaten frei. Diese Arzneimittel werden zur Behandlung von Prostatakrebs, Brustkrebs, Endometriose, Uterusmyomen und bei der zu frühen Pubertät von Mädchen eingesetzt. Es gibt Implantate sowie Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung von Injektionen.

Eine Überprüfung durch den PRAC ergab, dass Handhabungsfehler dazu führten, dass Patienten mitunter keine ausreichende Dosis erhielten. Zu den gemeldeten Fehlern gehörten u.a. die falsche Verwendung der Nadel oder der Spritze, so dass Leuprorelin nicht richtig injiziert wurde. 

Der Ausschuss empfiehlt, dass nur Angehörige der Gesundheitsberufe, die mit Prozeduren für Leuprorelin-Depot-Arzneimittel vertraut sind, die Arzneimittel vorbereiten und an Patienten verabreichen. Patienten sollten diese Arzneimittel keinesfalls selbst herstellen oder injizieren.

Für das Arzneimittel Eligard® sind Produktinformationen mit Warnhinweisen zu versehen, um die Anweisungen zur Vorbereitung und Verabreichung genau zu befolgen und die Patienten zu überwachen, wenn ein Handhabungsfehler auftritt. Darüber hinaus muss der Hersteller sein derzeitiges Medizinprodukt zur Verabreichung des Arzneimittels durch ein Gerät ersetzen, das einfacher zu handhaben ist. Als Frist nennt der PRAC den Oktober 2021.

Für Lutrate® Depot, empfahl der PRAC, produktspezifische Arbeitsanweisungen zu überarbeiten, damit diese leichter zu befolgen sind. Auch die Verpackung muss geändert werden, damit die Anweisungen leichter zu finden sind.

Da alle Leuprorelin-Arzneimittel auf nationaler Ebene zugelassen sind, werden die PRAC-Empfehlungen an die Koordinierungsgruppe für gegenseitige Anerkennung und dezentralisierte Verfahren (CMDh) weitergeleitet, welche eine Stellungnahme abgeben wird. Die CMDh ist ein Gremium, das die EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen vertritt. Sie hat die Aufgabe, EU-weit harmonisierte Sicherheitsstandards für Arzneimittel zu gewährleisten, die über nationale Verfahren zugelassen werden.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....