Aus der Traum? US-Beobachtungsstudie findet erneut keinen Nutzen von Hydroxychloroquin bei COVID-19

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

14. Mai 2020

Die Malariamittel Chloroquin beziehungsweise Hydroxychloroquin galten zu Beginn der COVID-19-Pandemie als die großen Hoffnungsträger. Die Pharmaka wurden etlichen Patienten off-label verabreicht, ohne dass es Belege für die Wirksamkeit gab. Vor allem französische Forscher setzen große Erwartungen in die Wirkstoffe. Aber auch für den US-Präsidenten Donald Trump wurden die alten Malaria-Medikamente zur nationalen Strategie gegen Infektionen. Eine Zulassung für die Anwendung in Notfallsituationen (Emergency Use Authorization, EUA) der FDA beschleunigte die Anwendung im klinischen Bereich weiter.

Doch die erwünschte Wirkung blieb bekanntlich bislang aus, und es kam vor allem bei hochdosierter Anwendung auch zu vermehrten kardialen Todesfällen aufgrund von Arrhythmien. Das zeigten 2 weitere Studien.

Eine neue Beobachtungsstudie mit knapp 1.400 stationären COVID-19-Patienten bestätigt nun: Die Behandlung mit Hydroxychloroquin beeinflusst klinische Endpunkte wie Intubation oder Tod nicht positiv. Das hat Dr. Joshua Geleris von der Columbia University zusammen mit Kollegen aktuell im NEJM veröffentlicht [1].

Daten von COVID-19-Patienten aus New York analysiert

Geleris´ Team untersuchte, inwieweit eine Therapie mit Hydroxychloroquin, die die Patienten erhielten, mit einem kombinierten, primären Endpunkt aus Intubation bzw. Tod assoziiert war. Alle Daten stammten aus einem Medical Center in New York City. Ausgeschlossen waren Personen, die innerhalb von 24 Stunden intubiert werden mussten, starben oder entlassen wurden. Die Forscher verglichen dabei Patienten, die Hydroxychloroquin erhalten hatten, mit Patienten ohne diese Pharmakotherapie.

Bei der statistischen Modellierung arbeiteten sie mit der Cox-Regression, um den Einfluss von Variablen zu berücksichtigen. So hatten mit Hydroxychloroquin behandelte Patienten zu Studienbeginn ein niedrigeres Verhältnis des arteriellen Sauerstoff-Partialdrucks zur inspiratorische Sauerstoff-Fraktion (PaO2/FiO2) von 233 versus 360 mmHg. Dies deutet auf unterschiedlich schwerere Formen von COVID-19 hin.

Darüber hinaus wurden das Alter, die Ethnie, der Body-Mass-Index, Diabetes, Nierenerkrankungen, chronische Lungenerkrankungen und Hypertonie als mögliche Störfaktoren bei der Statistik berücksichtigt. 

Keine Vorteile der Hydroxychloroquin-Therapie

Von 1.446 Patienten wurden 70 ausgeschlossen. Sie starben, wurden intubiert oder entlassen. Daten über 1.376 Patienten konnten die Forscher in ihrer Analyse berücksichtigen. 811 Patienten (58,9%) erhielten während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 22,5 Tagen Hydroxychloroquin. Verabreicht wurden 600 mg 2mal täglich am Tag 1, gefolgt von 400 mg 1mal täglich ab Tag 2 für insgesamt 5 Tage. 45,8% dieser Patienten wurden innerhalb von 24 Stunden und 85,9% innerhalb von 48 Stunden nach Eintreffen in der Notaufnahme mit dem Wirkstoff therapiert.

Von allen Patienten hatten 346 (25,1%) ein Ereignis des primären Endpunkts. 180 Patienten wurden intubiert, von denen 66 anschließend starben. 166 starben ohne vorherige Intubation.

Es fand sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Verwendung von Hydroxychloroquin und der Intubation oder dem Tod (Hazard Ratio 1,04, 95%-KI 0,82 bis 1,32).

Einmal mehr: die Forderung nach RCTs

„Angesichts des Beobachtungsdesigns und des relativ großen Konfidenzintervalls sollte die Studie nicht herangezogen werden, um Nutzen oder Schaden einer Hydroxychloroquin-Behandlung auszuschließen“, kommentieren die Autoren. „Die Ergebnisse stützen derzeit aber keine Verwendung von Hydroxychloroquin außerhalb randomisierter klinischer Studien, in denen die Wirksamkeit getestet wird.“ RCTs seien unbedingt erforderlich. 

 
Die Ergebnisse stützen derzeit keine Verwendung von Hydroxychloroquin außerhalb randomisierter klinischer Studien. Dr. Joshua Geleris und Kollegen
 

Doch das kann dauern. Immerhin haben Geleris und seine Kollegen aber schon jetzt dafür gesorgt, dass in ihrem Klinikum Hydroxychloroquin nicht mehr bei COVID-19-Patienten eingesetzt wird. 

 

Kommentar

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