COVID-19 und alles wird anders: Viele Sonderregelungen für Praxis und Klinik

Presseagentur Gesundheit

Interessenkonflikte

13. Mai 2020

Im Dezember erreichten uns hierzulande Berichte aus China von einer rätselhaften Lungenkrankheit. Im Alltag ging das unter und wurde schnell zum umgefallenen Sack Reis: unwichtig.

3 Monate später kann sich das für die Krankheit COVID-19 verantwortliche neue Coronavirus jedoch der vollen Aufmerksamkeit sicher sein. Der Bundestag beschließt einen milliardenschweren Schutzschirm und Ärzte werden von bürokratischen Fesseln befreit. Mehr zu den Sonderregelungen in besonderer Zeit. 

Die Prioritätensetzung ist in diesen Tagen eindeutig: Health first. Alle Politikbereiche unterwerfen sich dem Ziel, eine Ausbreitung des Erregers zu verhindern. Dabei erhält der für dieses Fach zuständige Minister Jens Spahn bislang ungekannte Kompetenzen, eingeräumt durch das Bevölkerungsschutzgesetz, das gemeinsam mit dem milliardenschweren Hilfspaket für Krankenhäuser und Arztpraxen Ende März verabschiedet wurde.

Und damit nicht genug: In Windeseile hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Sonderregelungen beschlossen, ebenso der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) mit seinem Vertragspartner Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Der Reihe nach:

Spahn regiert per Verordnung

Vom Kandidaten für das Amt des CDU-Parteivorsitzenden mit Langfristziel Kanzleramt ist Spahn plötzlich zum Krisenmanager aufgestiegen. 2 wegweisende Gesetze beschließt der Bundestag Ende April: das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz und das Bevölkerungsschutzgesetz.

 
Dieses Paket wird nicht das letzte sein. Bärbel Bas
 

Ersteres stellt einen Schutzschirm für Krankenhäuser dar, ist aber nur ein erster Aufschlag. Bärbel Bas (SPD) kündigt an: „Dieses Paket wird nicht das letzte sein.“ Und weiter: „Wir arbeiten jetzt alle – ich weiß das auch aus den Ministerien – schon an der Frage: Welche Bereiche müssen wir noch stärken?“ Nach Ostern werden auch Hilfen für Zahnärzte und andere Gesundheitsberufe ersonnen.

Verluste durch verschobene Operationen und Behandlungen sollen mit dem Hilfspaket ausgeglichen werden. Spahn: „Dafür benötigen die Einrichtungen Entlastung durch Pauschalen für freie Betten, durch zusätzliches Geld für die Pflege, vor allem durch Liquidität, die sie jetzt schnell brauchen, und finanzielle Unterstützung in Form eines Zuschusses für Intensivbetten.“

Das Bevölkerungsschutzgesetz erweitert das Infektionsschutzgesetz. Dem Bund werden demnach „in einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ zusätzliche Handlungsmöglichkeiten gegeben – auf ein Jahr begrenzt. Erste Verordnungen haben das Bundesgesundheitsministerium schon verlassen. Allerdings muss der Bundestag diese jeweils noch absegnen.

Sonderregeln für die Arztpraxis

Als Reaktion auf die Corona-Pandemie beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zahlreiche Sonderregelungen, die zunächst bis zum 31. Mai gelten. Hier die wichtigsten Änderungen für die Arztpraxen:

  • Extrabudgetäres Geld gibt es für alle ärztlichen Leistungen, die aufgrund des klinischen Verdachts auf eine Infektion erbracht werden. EBM Ziffer 88240, gilt ab 1. Februar 2020 unbefristet.

  • Bei Umsatzeinbußen gibt es Ausgleichszahlungen. Die Regierung will finanzielle Verluste durch Corona damit abfedern.

  • Patienten können telefonisch bis zu 14 Tage krankgeschrieben werden.

  • Videosprechstunden können im 2. Quartal unbegrenzt durchgeführt werden.

  • Für Telefonkonsultationen von „bekannten Patienten“ können außer der GOP 01435 auch die neuen GOPs 01433 und 01434 angesetzt werden (mehrfach, ohne Versichertenkarte möglich). Neuverordnungen von Arzneimitteln sind auch nach telefonischer Anamnese möglich.

  • Für die Videosprechstunde und die telefonische AU gibt es die Möglichkeit, auch „unbekannte Patienten“ ohne Einlesen der eGK zu behandeln.

  • Rezepte für Patienten, die beim Arzt in Behandlung sind, können per Post versendet werden, Porto (90 Cent) wird erstattet, gilt bis 30. Juni 2020. Versandkosten mit GOP 40122 abrechnen. Folgeverordnungen (bis 31. Mai 2020) gelten auch für Hilfsmittel, Heilmittel, Häusliche Krankenpflege und Krankenbeförderung.

  • Stichproben- und Geräteprüfungen entfallen vorerst (bis 30. Juni 2020).

  • Der G-BA hat die Dokumentationspflicht bei DMP für das 1. bis 3. Quartal 2020 ausgesetzt.

  • Entlassmanagement: Begrenzung auf die kleinste Packungsgröße bei Arzneimitteln wurde ausgesetzt. Für die weiteren Leistungen bzw. Bescheinigungen wurde die Dauer von 7 auf 14 Kalendertage erhöht. Dies gilt bis zum 31. Mai 2020.

  • Die Untersuchungszeiträume ab der U6 wurden ausgesetzt, ebenso die Einladungen für das Mammografie-Screening, die Zentrumsregelungen gelockert und über einen Notfallplan die Dialyse-Versorgung sichergestellt.

Krankenhaus: Dokumentations- und Nachweispflichten ausgesetzt

Außerdem werden weitere Dokumentations- und Nachweispflichten im Krankenhaus ausgesetzt. Betroffen sind folgende Richtlinien:

  • Richtlinie über Maßnahmen der Qualitätssicherung in Krankenhäusern

  • Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung

  • Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene

  • Richtlinie zu planungsrelevanten Qualitätsindikatoren

  • Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie

  • MDK-Qualitätskontroll-Richtlinie

  • Regelungen zum Qualitätsbericht der Krankenhäuser

  • Mindestmengenregelungen

Zudem gibt der G-BA Kliniken, die bereits vor Inkrafttreten der Zentrums-Regelungen im Krankenhausplan besondere Aufgaben wahrgenommen haben, weitere 6 Monate Zeit, die vorgegebenen Qualitätsanforderungen umzusetzen.

Corona-Fixierung produziert Kollateralschäden

Während alle Aktivitäten im Gesundheitswesen auf Corona ausgerichtet werden, mehren sich die Stimmen, die davor warnen, alle anderen Patienten zu vergessen. Schon jetzt belegen Zahlen, dass Einlieferungen wegen Schlaganfall und Herzinfarkt rückläufig sind. In den Arztpraxen werden Untersuchungen zurückgestellt und wie lange Operationen verschoben werden können, bleibt offen. Rehabilitation – ambulant wie stationär – liegt quasi brach. Diese Liste kann fortgeführt werden.

Mehr zu den Corona-bedingten Sonderregelungen führt die KBV unter „Praxisnachrichten“ auf. Die Corona-bedingten Sonderregelungen findet man beim G-BA.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  Univadis.de

 

Kommentar

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