Bei Patienten mit operiertem frühem Mammakarzinom können mit einer 26-Gy-Bestrahlung in 5 Fraktionen über eine Woche ähnlich gute Effekte wie mit einer Bestrahlung mit 40 Gy in 15 Fraktionen über 3 Wochen erreicht werden. Die 5-Jahres-Inzidenz für ein Rezidiv lag bei 3-wöchiger Behandlung mit 40 Gy bei 2,1%, bei einwöchiger Behandlung mit 26 Gy bei 1,4%.
Dies ergab die FAST-FORWARD-Studie, deren Ergebnisse von Prof. Dr. Adrian Murray Brunt, University Hospitals of North Midlands und University of Keele, Stoke on Trent, UK, und seinen Kollegen in Lancet publiziert worden sind [1].
„Die einwöchige Therapie hat im Vergleich zu 3- oder 5-wöchigen Regimen große Vorteile hinsichtlich der Bequemlichkeit und Kosten für die Patienten und die Gesundheitsversorgung insgesamt“, so die Autoren. Ihr Fazit lautet: „Die Übereinstimmung der Ergebnisse der FAST-FORWARD-Studie mit früheren Studien zur Hypofraktionierung unterstützt die Implementierung eines Bestrahlungsschemas mit 26 Gy in 5 täglichen Fraktionen als neuen Standard für Frauen mit operablem Mammakarzinom, die eine adjuvante Strahlentherapie benötigen.“
Im begleitenden Editorial in Lancet stimmen Dr. Antonin Levy und Dr. Sofia Rivera, Abteilung für Radiotherapie, Gustave-Roussy Cancer Campus, Villejuif, Frankreich, dieser Aussage für Patientinnen mit niedrigem Risiko zu [2]. In der derzeitigen COVID-19-Pandemie habe dies auch den Vorteil, dass die Exposition von Patientinnen und Personal verringert werde.
Allerdings benötige man dringend Langzeitergebnisse und Subgruppen-Analysen. Das Rezidivrisiko beim Mammakarzinom halte mindestens 15 Jahre an. Mit einer höheren Strahlendosis pro Fraktion könne sich auch das Risiko von Langzeitnebenwirkungen erhöhen. So könnte z.B. das Risiko für schwere koronare Ereignisse bis zu 20 Jahre lang erhöht sein.
Die Ergebnisse könnten auch nicht auf Hochrisiko-Patienten, Patienten mit großen Tumoren und mit Lymphknotenbefall übertragen werden.
Konventionelle und hypofraktionierte Bestrahlung
Bei Frauen mit Brustkrebs war bis vor wenigen Jahren die Bestrahlung der operierten Brust mit einer Gesamtdosis von rund 50 Gy Standard. Die Gesamtstrahlendosis wurde dabei in 25 bis 28 Fraktionen von 1,8 bis 2,0 Gy aufgeteilt. Dadurch erstreckte sich die Therapie über 5 bis 6 Wochen, in denen die Patientinnen an den Wochentagen täglich zur Bestrahlung mussten.
Bei einer Hypofraktionierung wird mit höheren Einzeldosen von 2,66 bis 3,3 Gy bestrahlt, damit lässt sich die Gesamtbehandlungszeit mit 15 bis 16 Fraktionen auf etwa 3 Wochen verkürzen. Die Gesamtdosis bei hypofraktionierter Bestrahlung ist mit rund 40 Gy etwas geringer als bei konventionell fraktionierter Strahlentherapie, weil die Strahlenwirkung auf Krebszellen und auf gesunde Körperzellen ausbalanciert werden muss.
Langzeitergebnisse aus 4 großen prospektiv randomisierten Studien mit insgesamt mehr als 7.000 Patientinnen zeigen, dass die hypofraktionierte Bestrahlung nach brusterhaltender Operation genauso wirksam ist wie eine konventionell fraktionierte Strahlentherapie. Akute Hautreaktionen treten bei hypofraktionierter Bestrahlung seltener auf. Langzeitnebenwirkungen sind nicht häufiger als bei konventionell fraktionierter Bestrahlung.
3 Wochen versus 1 Woche
In der randomisierten FAST-FORWARD-Studie untersuchten Brunt und seine Kollegen nun, ob eine Bestrahlung mit 5 Fraktionen innerhalb einer Woche vergleichbar wirksam ist wie der derzeitige Standard von 15 Fraktionen innerhalb von 3 Wochen nach Operation eines frühen Mammakarzinoms.
Zwischen November 2011 und Juni 2014 wurden 4.096 Patientinnen in 97 Zentren in Großbritannien in die Studie aufgenommen und randomisiert wie folgt behandelt:
40-Gy-Schema mit 15 Fraktionen zu je 2,67 Gy über 3 Wochen (n=1.368),
27-Gy-Schema mit 5 Fraktionen zu je 5,4 Gy über 1 Woche (n=1.370),
26-Gy-Schema mit 5 Fraktionen zu je 5,2 Gy über 1 Woche (n=1.372).
Primärer Endpunkt der Nichtunterlegenheitsstudie war ein Tumorrezidiv in der zuvor befallenen Brust. Dieser Endpunkt war nach einer Nachbeobachtungszeit von 71,5 Monaten bei insgesamt 79 Patienten aufgetreten, und zwar bei 31 in der 40-Gy-Gruppe, bei 27 in der 27-Gy-Gruppe und bei 21 in der 26-Gy-Gruppe.
Die Hazard Ratio betrug mit der 27-Gy-Dosis 0,86, mit der 26-Gy-Dosis 0,67 im Vergleich zur 40-Gy-Dosis. Die 5-Jahres-Inzidenz für ein Brustkrebsrezidiv lag in der 40-Gy-Gruppe bei 2,1%, in der 27-Gy-Gruppe bei 1,7% und in der 26-Gy-Gruppe bei 1,4%. Die beiden 5-Tage-Schemata waren damit dem 15-Tage-Schema nicht unterlegen.
Bei den jährlichen Kontrollen wurden u.a. auch die Effekte der Bestrahlung auf das normale Gewebe geprüft: Hier zeigten sich innerhalb von 5 Jahren mäßig starke und deutliche Effekte bei 9,9% der Patienten der 40-Gy-Gruppe, bei 15,4% der 27-Gy-Gruppe und bei 11,9% der 26-Gy-Gruppe. Eine Verkleinerung der Brust war die häufigste Nebenwirkung.
Medscape Nachrichten © 2020
Diesen Artikel so zitieren: Frühes Mammakarzinom: Bestrahlung mit 5 statt 15 Fraktionen als neuer Standard bei bestimmten Patientinnen? - Medscape - 13. Mai 2020.
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